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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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VII. Lieferung (Juli 1914)
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Frimmel, Theodor von: Malen, Gemälde und Gemäldekunde, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0180

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170

MALEN, GEMÄLDE, GEMÄLDEKUNDE.*)
H.
Ein Gemälde ist nur im theoretischen Sinn eineFiäche, zumeist eine
ebene Fiäche, die künstierisch wirkt oder wirken soh. Im Sinne der Physik
und für die Praxis ist jedes Gemäide ein Körper, etwas mit drei Dimen-
sionen. Bilder werden nicht in die Putt gemalt, und bei jeder Art von
Malerei kommt irgendeine feste Unterlage in Betracht, die weniger oder
mehr die Wirkung des Werkes beeinflußt. Ob Mauer, Steinplatte, Brett,
Metallplatte, Gewebe (ein natürliches oder künstliches), Gußmasse, wie Pappe,
Papier und anderes, stets wird das Aussehen des Bildes mit durch die Unter-
lage bedingt. Die Schönseite ist in vieler Beziehung von den Schichten ab-
hängig, auf denen sie entstanden ist. Die groben Unterschiede der Wand-
malerei und der Buchmalerei können niemandem verborgen bleiben. Das
verschiedene Aussehen und Verhalten von Bildern, je nachdem sie auf Holz,
Metall, Glas, Leinwand hergestellt wurden, ist allgemein bekannt. Und die
Unterschiede, ebenso in der künstlerischen Wirkung wie in der Dauerhaftig-
keit, häufen sich in der mannigfachsten Weise, je mehr der Forschende ins
einzelne geht. Manche Künstler suchten und suchen freilich das Wesen der
Unterlage nach Möglichkeit zu verhüllen, andere benutzten ohne Scheu die
Wirkung der Unterlage zum Teil für die Wirkung des fertigen Werkes.
Manche gaben sich alle Mühe, z. B. die Faserung der Holzunterlage zu ver-
bergen durch Leinwand, die darauf gezogen wurde, oder durch weiße
mineralische Grundierung, die sorgsam geglättet wurde. Ganze Reihen alter
Meister und Schulen können als Beispiele dienen. Andere ließen manche
Unebenheiten des Malgrundes bestehen, um sie für die Schlußwirkung des
Bildes mit zu benutzen, ln dieser Beziehung ist besonders an die besten
Meister der Blütezeit Venedigs zu erinnern, die gelegentlich gerade zur Ver-
meidung der Glätte grobe Gewebe benützt haben. Sie erzielten dadurch eine
erhöhte Lebendigkeit des Eindrucks. Denn die geringste Bewegung des Be-
obachters bedingt bei solchen Bildern sogleich eine kleine Veränderung in
der Anordnung der ungezählten kleinen Reflexe, eine Veränderung, die vom
Bild auszugehen scheint und von ungeschulten Betrachtern auf das Kunst-
werk selbst bezogen wird.
Viele Dutzende guter holländischer Landschaftsmaler wählten für ihre
meist breitgezogenen Darstellungen flacher Landschaften naturgemäß jedesmal
Bretter, deren Faserung quer durchs Bild verlief, da die meisten Linien in
der Luft, im Wasser, sogar gelegentlich im Boden, der freilich am dicksten
aufgetragen war, durch diese Faserrichtung eher hervorgehoben als un-
zweckmäßig überschnitten wurden. Die alte naturgemäße Gepflogenheit half
mit, daß man Brettern überhaupt vorteilhafterweise diejenige Faserrichtung
gab, die der größten relativen Festigkeit entsprach und ein starkes Ver-
biegen beim Schwinden ausschloß. Dies war aber die Faserung in der
Richtung der größeren Abmessung. Die Faserung der holländischen Eichen-
bretter nun wurde gerade zur Zeit des Hochstandes der holländischen Land-
schaftsmalerei nicht mehr dick maskiert wie in der spät mittelalterlichen
und früh neuzeitlichen Malerei. Nur ein dünnes Primeursel war in die Poren

*) Siehe Lieferung 1, S. 3 ff. (Vom Herausgeber.)
 
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