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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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VII. Lieferung (Juli 1914)
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Peltzer, Rudolf Arthur: Über Jan Lys
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0171

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ÜBER JAN LYS.
Von Rudolf Artur Peltzer.
Jan Lys ist einer jener Übergangsmeister, deren Studium für die Er-
kenntnis der Italienisches und Nordisches in mannigfacher Weise verschmel-
zenden Kunst des Frühbarocks von großer Wichtigkeit sein dürfte.
Obwohl nun der Herausgeber dieser Zeitschrift, Dr. von Frimmel,
bereits seit den neunziger Jahren auf den schwer faßbaren Meister aufmerk-
sam gemacht und eine Anzahl verkannter Werke desselben nachgewiesen
hat*), ist dem Jan Lys noch keineswegs der ihm gebührende Platz inner-
halb der Kunstentwicklung zuerteilt worden. Doch beginnt neuerdings in
Holland, der künstlerischen Heimat des Lys, das Interesse für den »so hoch*'
bedeutenden Meister* reger zu werden, wie die Veröffentlichung einer Zeich-
nung durch Abraham Bredius beweisen dürfte.**)
Wir haben uns die Aufgabe gestellt, die von Dr. Frimmel eingeleitete
Arbeit weiterzuführen und der Bedeutung des Meisters in einer Monographie
gerecht zu werden. Im folgenden sollen nun einige seine Vielseitigkeit be-
sonders charakterisierende Werke vorgeführt werden. Den Inhalt der Ver^
öffentlichungen Frimmels setzen wir dabei als bekannt voraus.
Vermutlich aus der Haarlemer Schule hervorgehend, die zu Beginn
des 17. Jahrhunderts unter dem Einfluß der akademisch-frostigen Richtung
des Cornelis Cornelissen stand, ist Lys in Italien am stärksten von Cara-
vaggio beeinflußt worden, wenn er sich auch selbst hierüber nicht klar
gewesen zu sein scheint. Wenigstens vermißt man gerade den Namen Cara-
vaggios in dem von Sandrart mitgeteilten künstlerischen Glaubensbekenntnis
des Lys: »Er aestimire zwar (die Antichen und ihre seriösen Schulen) sehr
hoch, wann er aber dieser seiner Manier ganz widrigen Art wollte nach-
folgen, müßte er wiederum von vornen anfangen lernen. Dannenhero be-
liebte ihm mehr Titians, Tint rets, Paul Verones, del Fetti und anderer
Venetianer Manier, sonderlich des letzten.«
Wie stark Caravaggios kraftvolle, den Nordländer geheimnisvoll an-
ziehende Kunst auf ihn wirkte, beweist am besten das gut beglaubigte Porträt
eines Laute spielenden Mannes in der Dresdener Galerie (Abb. Tafel L),
das, ganz auf schwärzlichbraune Töne gestimmt, in seiner etwas nüchternen
Auffassung und harten Behandlung der Art Caravaggios sehr nahesteht.
Gern möchte man dieses Porträt für ein Selbstbildnis ansehen. Die ner-
vösen, verlebten Züge des blondhaarigen jungen Mannes würden gut zu
der Charakterschilderung passen, die Sandrart von Lys entwirft, der ein
Wirtshausgenie gleich Brouwer gewesen sein muß und auch wie dieser

*) Siehe Verzeichnis der Gemälde in gräflich Schönborn-Wiesentheidschem
Besitz sowie Kleine Galeriestudien, erste Folge, Wiener Zeitung vom 17. und 18. Juli
1896, Wiener Abendpost vom 31. Oktober 1901, Kunstchronik, Neue Folge, V1H, Nr. 13,
namentlich auch die Aufstellung von Werken des Lys in Flelbings Monatsberichten
über Kunstwissenschaft (Bilder von seltenen Meistern, Viil), ferner Blätter für Ge-
mäldekunde, Bd. IV, S. 73 und Bd. V (1909), S. 113—120 (»Jan Lys und einige seiner
Bilder«), — Vgl. auch A. v. Wurzbach, Niederländisches Künstlerlexikon, Bd. i und
Nachtrag.
**) Kunstchronik vom 19. September 1913, N. F., XXiV, Nr. 44. Wir schulden
Herrn Dr. A. Bredius für die liebenswürdige Unterstützung unserer Forschungen
großen Dank.

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