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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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I. Lieferung (März 1913)
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Ein Venusbild von Pietro Liberi
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Aus Büchern und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0020

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und dem genannten Besitzer verdanke ich die Photographie, welche dem
beigegebenen Netzdruck zugrunde liegt. Kompositionen Liberis, die der
abgebildeten im allgemeinen nahe kommen, sind mir genug zu verschiedenen
Zeiten bekannt geworden, doch habe ich sie weder alle notiert, noch alle
im Gedächtnis behalten. Die schwächeren darunter mögen vom Sohne,
Marco Liberi, gewesen sein. Ein Venusbild mittlerer Güte war bis zum
Sommer 1912 in der Wiener Kaiserlichen Galerie zu sehen gewesen.
Das Venusbild bei Kru§ek gehört ohne jeden Zweitel zu jenen
Arbeiten, die Liberi mit künstlerischem Feuer geschaffen hat, und es weist
solche Vorzüge auf, daß man es begreift, wenn manche bei diesem
Tizianesken Bilde an den großen Tizian selbst gedacht haben. Doch sind
z. B. ebenso die Komposition des Bildes mit den Wolken ganz vorne
(es ist dabei gewiß kein Deckengemälde), wie die übergezierten Finger
der Venus mit Tizians Weise nicht vereinbar. Ja sie weisen sogar gerade-
wegs auf Pietro Liberi hin. Solche Finger, wie die Venus, hat auch Sankta
Helena auf dem Bilde in San Giovanni e Paolo zu Venedig und die
Handschuhe des Sankt Ludwig auf demselben Bilde treiben die Ziererei
noch weiter. Zur Vergleichung mag auch das J. J. Freidhofsche Schab-
kunstblatt nach Liberis Diana und deren Nymphen dienen. Hände und
Finger sind dort geformt, wie auf unserem Venusbilde. Als ich das Ge-
mälde, das ungefähr lebensgroße Figuren hat, im Sommer 1911 bei guter
Beleuchtung in Wien studierte, fand ich zwar viele Fehlstellen, viele alte
Ristauros und einen etwas vergilbten Firnis, doch konnte ein Gesamtein-
druck aus den Einzelheiten recht wohl abgeleitet werden; und für ein
venezianisches Gemälde aus dem 17. Jahrhundert konnte der Erhaltungs-
zustand nicht einmal als ein schlechter bezeichnet werden. Die alte grobe
Leinwand war noch erhalten und durch Unterziehen mit neuem Stoff ge-
sichert.
Eine etwas undeutliche, beziehungsweise unklare Inschrift auf der
Kehrseite der zweiten Leinwand hat wohl mit der Entstehung des Bildes
nichts zu schaffen, sondern dürfte sich auf die schützende Operation be-
ziehen. Was ich notiert habe, sah aus wie >F. R.« und H697<, ohne daß
ich für diese Lesung einstehen möchte. Eine Entstehung des Bildes erst
1697, also in der Zeit nach Liberis Tod, scheint mir ausgeschlossen. Ich
würde eher die Zeit um 1640 dafür annehmen. Unter den Venezianern um
1700 ist mir keiner erinnerlich, von dem das Bild gemalt sein könnte. Fr.

AUS BÜCHERN UND ZEITSCHRIFTEN.
^Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike
bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker,
unter Mitwirkung von mehr als 300 Fachgelehrten des ln- und Auslandes.
Herausgegeben von Ulrich Thieme. Siebenter Band (Cioffi — Cousyns).
Leipzig, Verlag von E. A. Seemann, 1912.«
ln erfreulich beschleunigtem Tempo folgt ein Band auf den anderen
von diesem Nachschlagebuch, dessen Bedeutung, ja Wichtigkeit für kunst-
geschichtliche Arbeiten nunmehr schon allgemein anerkannt ist. Nicht zu-
letzt ist es die Geschichte der Malerei und damit auch die Gemäldekunde,
 
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