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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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VIII. und IX. Lieferung (Dezember 1914, Kriegsheft)
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Frimmel, Theodor von: Bilderschicksale: Vortrag, gehalten zugunsten des Roten Kreuzes am 8. November 1914 in Wiener-Neudorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0198

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licher Art gibt es auch in vieien Kirchen und geistiichen Stiften, und
auch dort findet man aite Stufen zwischen Obsorge und Vernachlässigung,
was die Aufbewahrung und Haltung der Bilder betrifft. Sicher kommen
Ihnen da mit Leichtigkeit ins Gedächtnis die Bildersammlungen, zum Teil
wohlgehegt, in den nahegelegenen Stiften Klosterneuburg, Melk,
Heiligenkreuz, vielleicht auch die in Seitenstetten, Sankt Florian, Krems-
münster, Schlägl, Sankt Paul im Lavanttal, Herzogenburg, Wiener-Neustadt,
im Priesterseminar zu Freising und noch andere.
Die Kirchen, besonders Italiens, sind oft so voll von Wertgemälden,
daß sie von höchster Bedeutung für die Kunstforschung sind, ln Wien
haben wir auch genug bilderreiche Kirchen, z.B. Sankt Karl, Sankt Peter,
die Schottenkirche, Lerchenfelderkirche und noch andere.
ln einer Stadt, die uns jetzt ganz besonders fesseln kann, in Ant-
werpen, wurde der Dom fast jeden Nachmittag als eine Art Galerie den
Fremden gezeigt. An die Bilderreihen in einigen Kreuzgängen sei er-
innert, Brixen voran, ln den Schlössern der Reichen, in ihren Stadt-
wohnungen oder Stadtpalästen, in manchen Rathäusern, Parlaments-
häusern, Universitäten, Theatern werden oft Bilder in verschiedenen
Mengen vorgefunden, die nicht gerade galeriemäßig aufgestellt zu sein
brauchen und von manchen Besitzern bloß als künstlerischer Wandschmuck
betrachtet werden.
[Nicht selten sind in großen Schlössern wirkliche Gemäldegalerien
oder wenigstens Bilderzimmer eingerichtet, wobei ich an das naheliegende
kaiserliche Schloß Schönbrunn, an das königlich bayrische Schleißheim,
an Würzburg, Pommersfelden, an die bischöfliche Residenz Olmütz, an
Chantilly in Frankreich erinnere, um wenigstens Andeutungen zu machen
und aus der Überfülle des Vorhandenen einiges herauszugreifen.]
ln vielen Städten in privaten Händen befinden sich bekanntlich
oft ganze große Galerien. Es gibt deren zu Tausenden in der Alten
und auch schon zu Hunderten in der Neuen Welt. Ein besonders hervor-
ragendes Beispiel war bis vor kurzem die Galerie des Konsuls Weber in
Hamburg, die sich durch wissenschaftliche Bearbeitung ihrer Schätze und
durch reichliche Nachbildungen hervortat. Die Schicksale der einzelnen
Bilder sind zumeist im neuesten und letzten Katalog angegeben, den ich
als Beispiel ausgestellt habe. Zur Charakterisierung einer typischen, mo-
dernen Pariser Privatgalerie sei Ihnen ein Einblick in die Galerie Doucet
vorgelegt. 0
ln Wien haben wir die allbekannten, nun schon ehrwürdigen Privat-
galerien Czernin, Harrach und Schönborn, an die sich ganze Reihen
kleinerer, jüngerer Gemäldesammlungen im Privatbesitz anschließen. Man
kann auch die unermeßlich wertvolle Galerie des regierenden Fürsten
Liechtenstein zu den Wiener Privatsammlungen rechnen, da sie doch
außerhalb des Fürstentums, seit mehreren Jahrhunderten anwachsend, in
Wien untergebracht ist und durchaus als Privateigentum gelten muß.
Die Wiener städtische Gemäldesammlung ist bis auf weiteres noch
als Rathausgalerie zu buchen, da ein eigenes Gebäude dafür noch nicht
*) Ausgesteht war eine Innenansicht in Farbendruck aus der Pariser Zeitschrift
"L'Ihustration« vom I. Juni 1912.
 
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