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Für Bilder gibt es voriäufig noch keine Zählung, wie es etwa die
Voikszähiung ist, sondern nur eine Schätzung, die einige wahrscheiniiche
Zittern benutzt.
in einem aiivöikisch gehaitenen Verzeichnis^) der iebenden Künstier,
die gegen 1907 tätig waren, tinden sich unter rund 20.900 damais iebenden
Künstiern nicht weniger als 12.900 Maier genannt. Die waren aiie damais
noch tätig und die meisten maiten weiter tort und viele maien noch
heute. Und das neben Hunderten von Künstiern, die seit 1907 an die Ober-
tiäche geiangt sind.
Nimmt man im Durchschnitt an, daß ein Maier im Jahr etwa 5 Ge-
mälde tertig bringt, so kommen wir aut einen jährlichen Zuwachs von
54.500 Gemälden.
[Für die Jahre von 1907 zurück müssen wir also jedesmal (regressiv)
den Zuwachs abziehen und demnach den Vorrat um ungetähr 54.500 (und
je weiter zurück um etwas weniger) geringer annehmen als im Jahre 1907.
Ebenso müssen wir von der Zähiung aus dem Jahre 1907 nach der
Gegenwart gegen 1914 heran (progressiv) eine bedeutende jähriiche Zu-
nahme des Vorrats um 54.500 oder mehr als wahrscheinlich hinstellen.J
Indes ist, wie angedeutet, der Angelegenheit des jeweiligen Bilder-
vorrats, obwohl sie von volkswirtschattlicher Bedeutung ist, nicht gut mit
Zittern beizukommen. Die Anzahl ist ja weniger von Bedeutung als der
Kunst wert. Ein berühmtes Meisterwerk wiegt viele Tausende unbedeu-
tender, schwacher Bilder aut. Die zittermäßige Behandlung läßt uns auch
im Stich bei den enormen Schwankungen in den Leistungen einzelner
Künstler und ganzer Malergruppen. So wird z. B. gegenwärtig von den
Malern in den kriegtührenden Ländern verschwindend wenig produziert,
verglichen mit dem Schatten während der jüngst vergangenen Jahre. Das
Einwirken großer Ereignisse aut den Gemäldevorrat läßt sich nun zwar im
großen sicher wahrnehmen, aber nicht in genauer Zählung ausdrücken.
Zittern fehlen uns auch für den Gemäldevorrat des klassischen Alter-
tums, des alten Ägypten, der alten mesopotamischen Länder, der ost-
asiatischen Kulturstaaten: sie fehlen überhaupt und können für alte
Zeiten gewiß nicht nachgeholt werden.
Wie ein kurzes Nachdenken schon lehrt, kann der Gemäldevorrat
vor Jahrhunderten und vor Jahrtausenden nicht derselbe ge-
wesen sein wie heute. Ist doch die Lebensdauer alles Gemalten gewiß
nicht ungemessen, und der physische Zerfall, der allem Irdischen beschieden
ist, bleibt auch den besten Gemälden nicht erspart.
Ungeheuer viele alte Malerei ist zugrunde gegangen, ohne daß wir
eine Ahnung von der Ziffer oder davon hätten, wie die vernichteten
Bilder ausgesehen haben. Die berühmtesten Maler aus dem Altertum (Poly-
gnot, Zeuxis, Parrhasios, Apelles) sind trotz vieler gelehrter Vermutungen
für uns nur Namen. Nicht eines ihrer Bilder hat sich erhalten. Aus gleich-
zeitigen kunstgewerblichen Malereien von hoher Kunststufe im Zusammen-
hang mit alten Quellen können wir nur im allgemeinen schließen, daß die
Tafelgemälde der berühmten antiken Maler in der Tat von ganz außer-
ordentlicher Bedeutung gewesen sein müssen.
*) Gerhard Klement: Internationales Adreßbuch von bildenden Künstlern. Wien
1907. Leider ist nur ein Jahrgang erschienen.
Für Bilder gibt es voriäufig noch keine Zählung, wie es etwa die
Voikszähiung ist, sondern nur eine Schätzung, die einige wahrscheiniiche
Zittern benutzt.
in einem aiivöikisch gehaitenen Verzeichnis^) der iebenden Künstier,
die gegen 1907 tätig waren, tinden sich unter rund 20.900 damais iebenden
Künstiern nicht weniger als 12.900 Maier genannt. Die waren aiie damais
noch tätig und die meisten maiten weiter tort und viele maien noch
heute. Und das neben Hunderten von Künstiern, die seit 1907 an die Ober-
tiäche geiangt sind.
Nimmt man im Durchschnitt an, daß ein Maier im Jahr etwa 5 Ge-
mälde tertig bringt, so kommen wir aut einen jährlichen Zuwachs von
54.500 Gemälden.
[Für die Jahre von 1907 zurück müssen wir also jedesmal (regressiv)
den Zuwachs abziehen und demnach den Vorrat um ungetähr 54.500 (und
je weiter zurück um etwas weniger) geringer annehmen als im Jahre 1907.
Ebenso müssen wir von der Zähiung aus dem Jahre 1907 nach der
Gegenwart gegen 1914 heran (progressiv) eine bedeutende jähriiche Zu-
nahme des Vorrats um 54.500 oder mehr als wahrscheinlich hinstellen.J
Indes ist, wie angedeutet, der Angelegenheit des jeweiligen Bilder-
vorrats, obwohl sie von volkswirtschattlicher Bedeutung ist, nicht gut mit
Zittern beizukommen. Die Anzahl ist ja weniger von Bedeutung als der
Kunst wert. Ein berühmtes Meisterwerk wiegt viele Tausende unbedeu-
tender, schwacher Bilder aut. Die zittermäßige Behandlung läßt uns auch
im Stich bei den enormen Schwankungen in den Leistungen einzelner
Künstler und ganzer Malergruppen. So wird z. B. gegenwärtig von den
Malern in den kriegtührenden Ländern verschwindend wenig produziert,
verglichen mit dem Schatten während der jüngst vergangenen Jahre. Das
Einwirken großer Ereignisse aut den Gemäldevorrat läßt sich nun zwar im
großen sicher wahrnehmen, aber nicht in genauer Zählung ausdrücken.
Zittern fehlen uns auch für den Gemäldevorrat des klassischen Alter-
tums, des alten Ägypten, der alten mesopotamischen Länder, der ost-
asiatischen Kulturstaaten: sie fehlen überhaupt und können für alte
Zeiten gewiß nicht nachgeholt werden.
Wie ein kurzes Nachdenken schon lehrt, kann der Gemäldevorrat
vor Jahrhunderten und vor Jahrtausenden nicht derselbe ge-
wesen sein wie heute. Ist doch die Lebensdauer alles Gemalten gewiß
nicht ungemessen, und der physische Zerfall, der allem Irdischen beschieden
ist, bleibt auch den besten Gemälden nicht erspart.
Ungeheuer viele alte Malerei ist zugrunde gegangen, ohne daß wir
eine Ahnung von der Ziffer oder davon hätten, wie die vernichteten
Bilder ausgesehen haben. Die berühmtesten Maler aus dem Altertum (Poly-
gnot, Zeuxis, Parrhasios, Apelles) sind trotz vieler gelehrter Vermutungen
für uns nur Namen. Nicht eines ihrer Bilder hat sich erhalten. Aus gleich-
zeitigen kunstgewerblichen Malereien von hoher Kunststufe im Zusammen-
hang mit alten Quellen können wir nur im allgemeinen schließen, daß die
Tafelgemälde der berühmten antiken Maler in der Tat von ganz außer-
ordentlicher Bedeutung gewesen sein müssen.
*) Gerhard Klement: Internationales Adreßbuch von bildenden Künstlern. Wien
1907. Leider ist nur ein Jahrgang erschienen.