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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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VIII. und IX. Lieferung (Dezember 1914, Kriegsheft)
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Frimmel, Theodor von: Bilderschicksale: Vortrag, gehalten zugunsten des Roten Kreuzes am 8. November 1914 in Wiener-Neudorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0210

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den Ruß und den mitgerissenen Zimmerstaub als dunkle Streifen ablagert.
Hängen an solchen Wänden Bilder oder sind die Wände mit Fresken
bedeckt, so wird man bald genug die verderblichen Folgen des Luftzuges
gewahr.
Chemisch wirkt die Luft hauptsächlich durch ihren Sauerstoffgehalt
auf Firnisse und auf die Bindemittel ein, nicht auf die eigentlichen Farb-
stoffe, die ja luftbeständig sein sollen und es gewöhnlich auch sind. Aber
die gebräuchlichen Harzfirnisse, z. B. Mastixfirnis, werden durch Oxydation
an der Luft nach und nach geradewegs verzehrt^)
Daß die Luft auch durch grobes Dreinblasen Bilder vernichten
kann oder wenigstens zu ihrer Vernichtung Anlaß gibt, haben wir an dem
Fall mit Makarts Zichybildnis gesehen.
[ln rein mechanischer Weise durch den Luftdruck oder durch ein-
stürzende Gebäude ist manches Bildergut beschädigt worden. So war es
bei der bekannten großen Pulverexplosion in Delft 1654 am 12. Oktober,
und einen anderen Fall nannte mir Herr Prälat Dr. Friedrich Schneider in
Mainz aus dem Jahre 1857. Damals wurde durch die gewaltige Luft-
erschütterung der Pulverexplosion ein Gemälde in der Sankt Quintius-
kirche entzweigerissen.]
Das vierte der alten »Elemente«, die Erde, ist uns schon durch die
verderblichen Wirkungen von Erdbeben und Vulkanausbrüchen im alt-
römischen Pompeji bekannt geworden, ln neuerer und neuester Zeit haben
die großen Erdbeben in Lissabon, Messina und San Francisco sicher oder
höchstwahrscheinlich viele wertvolle Bilder zerstört.
Die groben Sprünge in vielen Freskomalereien dürften haupt-
sächlich als Wirkungen schwacher Erdbeben aufzufassen sein. Vermutlich
sind viele Sprünge an den berühmten Fresken des Michelangelo in
der Sixtinischen Kapelle zu Rom ebenfalls auf schwache Erdbeben zurück-
zuführen. Daß die Wandmalereien des alten Griechenland gelegentlich
schwer durch Erdbeben gelitten haben, steht außer jedem Zweifel. Boden-
senkungen geben zu schweren Schäden an Wandmalereien und Mosaiken
Anlaß, wovon man in Venedig, besonders in San Marco, zu erzählen weiß.
Die erhaltende Wirkung der Erde sei nicht verschwiegen. Die Erde
hat jahrtausendelang schützend gewirkt bei den Resten von Malerei aus
mykenischer Zeit, bei den Wandmalereien etruskischer Grabkammern, bei
denen römischer Paläste und bei den Wandbildern römischer Villen, end-
lich bei den Totenbildnissen aus spätantiker Zeit in Ägypten.
Eine ganz eigene Forschung hat sich den Wanderungen der Bilder
zugewendet.*) **) Diese gehören ohne Zweifel auch in den Bereich der
*) Ängstlicher Luitabschluß ist übrigens auch nicht anzuraten, da er ohne
Zweifel wieder leicht zu Pilzkrankheiten führt, wenn nicht für vollständige Trockenheit
gesorgt ist, und vollständige Trockenheit schädigt ihrerseits auch wieder die
Gemälde.
**) Die meistgesteigerte Wanderung kommt den kleinen Kunstwerken der Scheide-
münze zu. Am seltensten wandern Monumente, aber auch diese, auch sogar Gebäude
sind vor Ortsveränderungen nicht gesichert. Man erinnere sich an unseren Radetzky in
Wien, an den Großen Kurfürsten in Berlin. Ich schrieb einmal ein kleines Feuilleton:
Wandernde Monumente. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts hatte F. K. L. Sickler den
Versuch gemacht, die Wanderungen antiker Kunstwerke festzuhalten im 1. Teil der
„Geschichte der Wegnahme und Abführung vorzüglicher Kunstwerke aus den eroberten
 
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