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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0216

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321

1891.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 10.

322

Nachrichten.

f Alexander Straub,

Generalvikar und Offizial der Diöcese Strafsburg, ist
am 27. Nov. d. J. im Alter von 66 Jahren seinem um-
fassenden, höchst segensreichen Wirkungskreise durch
jähen Tod entrissen worden zum gröfsten Leidwesen
des ganzen Klerus, bei dem er in hohem Ansehen
stand, der gesammten Bürgerschaft, die ihn wegen
seiner Verdienste um die Stadt, zugleich seine Geburts-
stadt, sehr hoch schätzte, des „Vereins zur Erhaltung
der Alterthümer in Elsafs-Lothringen", dessen Vor-
sitzender und Seele er war, des Vorstandes unserer
Zeitschrift, dem er seit dem Tage ihrer Gründung als
eifriger und einflufsreicher Vertreter ihrer Grundsätze
und Richtung angehörte. Auf die römische und frän-
kische Periode wie auf das Mittelalter erstreckten sich
seine langjährigen, unermüdlichen Studien und For-
schungen. Die zahllosen und bedeutsamen Fundstücke,
welche in seinem Vereinsgebiete durch die von ihm
geleiteten höchst erfolgreichen Ausgrabungen zu Tage
gefördert wurden und die Zierde des Strafsburger Mu-
seums bilden, sind von ihm eingehend beschrieben
worden; bei dem Ausbau und der Ausstattung des
Münsters waren seine Untersuchungen und Kenntnisse
von mafsgebender Bedeutung; die Konservirung aller
alten Kunstdenkmäler war ihm eine wahre Herzens-
angelegenheit, und das Vertrauen, welches er weithin
genofs, ist auch der modernen, zumal kirchlichen Kunst -
thätigkeit wohl zu statten gekommen. Den feinen Kunst-
sinn, der ihn beseelte, bewährte er namentlich in der
Anlage und beständigen Vermehrung seiner ausgesuchten
und werthvollen Privatsammlung, welche er seiner Vater-
stadt als glänzendes Erbstück vermacht hat. Das ehren-
vollste Andenken ist dem hochverdienten Manne ge-
sichert. s-

Ein neuer Seiden-Brokatellstoff,
der für den kirchlichen Gebrauch recht geeignet er-
scheint, ist jüngst aus der hier bereits wiederholt er-
wähnten Webereianstalt von Th. Gotzes in Krefeld
hervorgegangen. Derselbe verdankt dem Bedürfnisse
seine Entstehung, neben den glänzenden Sammet-Bro-
katen mit und ohne Frise - Verzierungen auch einen
wohlfeilen und doch durchaus würdigen und soliden
Stoff für die kirchlichen Paramente zu gewinnen, der
Zartheit mit Stärke, Farbenschönheit mit passender
Musterung verbindet. Als Vorbilder hierfür erschienen
die als gemischte Stoffe bezeichneten Brokate, die im
Anfange und um die Mitte des XVI. Jahrh. zahlreich
aus Italien und Spanien in Deutschland eingeführt
worden sind, um namentlich zu Kasein verarbeitet zu
werden, als welche sie sich auch vielfach in unseren
Paramenlenkammern, meistens in gelber Musterung
auf weifslichem oder röthlichem Grund, erhalten haben.
Eine nähere Untersuchung derselben hat ergeben, dafs
manche von ihnen nicht aus Leinen und Seide, wie
bis dahin allgemein angenommen ward, sondern aus
reiner Seide gewebt sind, und ihre kräftige Bindung
hat den Weg gezeigt zur Behandlung des neuen Ge-

webes, welches seine Vorläufer an Festigkeit voll-
kommen erreicht, an Regelmäfsigkeit in der Technik,
an Schönheit der Muster und ihrer P'arben sogar noch
übertrifft. Wenn dieser neue Brokatellstoff ungeachtet
seiner Stärke von grofser Weichheit ist und daher sehr
förderlich für den leichten und gefälligen Faltenwurf,
so hat dieses darin seinen Grund, dafs er nur aus
Seide besteht, wenn er trotzdem erheblich — um ein
Drittel — billiger ist, als der wohlfeilste Sammet-Brokat,
so findet das in dem Umstände seine Erklärung, dafs
sein unterer Boden aus Rohseide gebildet und nur die,
dadurch sehr geschützte, Oberseite aus Edelseide her-
gestellt ist. Aus ihr besteht also auch das eigentliche
Dessin, für welches sich natürlich die gelbe Farbe
empfiehlt, die sich goldig vom Grunde abhebt. Dieser
kann nach Bedürfnifs Weifs, Roth, Violett und Grün
genommen werden und seine Köperbindung ist um
so geeigneter, das Dessin nicht blos klar und bestimmt,
sondern in einer Art von Reliefirung heraustreten zu
lassen, welche die Wirkung in der Ferne noch stei-
gert und den Reiz des Schillernden hinzufügt, auf den
es für den Effekt so wesentlich ankommt. Dafs das
Musler stets dem spätgothischen Formenkreise in sei-
nen einfachsten und wirkungsvollsten Gebilden ent-
nommen, und der engste Anschliffs an die besten alten
Vorlagen angestrebt wird, versteht sich eigentlich schon
von selbst. — Allem Anscheine nach füllt also dieser
neue Stoff eine vielfach empfundene Lücke aus, in-
dem er auch für arme Kirchen erschwinglich ist und
in reicheren für den Gebrauch an den Wochenlagen
sich eignet, indem er' des ferneren gerade für das
durch die liturgische Tagesfarbe zumeist begehrte
weifse Parament sich empfiehlt, für welches in Sammet
doch trotz aller Versuche die völlig befriedigende Lö-
sung sich noch immer nicht recht ergeben will, indem
endlich dadurch der Reiz der doppelten Farbe erreicht
wird, den doch der Sammet nur in beschränktem
Mafse zu bieten vermag. Dafür hat der letztere frei-
lich die Wärme und die Feierlichkeit des Tones vor-
aus, der ihm, zumal in der Verbindung mit Gold, für
die eigentliche Festkleidung des Priesters doch stets
den Vorzug vor allen anderen Stoffen einräumen wird.
— Wenn für ihn die Kreuze und Stäbe mit farbigen
Ornamenten oder Figuren auf goldgesticktem Grund,
bezw. die mit Goldfond versehenen kölnischen Borten
die passendste Ausstattung und Verzierung bilden, dann
werden für den neuen Seiden-Brckatellstoff fast noch
mehr Seidenborten sich empfehlen, welche in etwas
dunkleren, aber sehr bestimmten Farben gehalten sind,
namentlich in einem kräftigen Roth und Blau, sowie in
einem goldigen Gelb und frischen Grün. Diese Farben
müssen aber sehr vorsichtig und mafsvoll gegeneinander
abgewogen werden, damit keine von ihnen allzusehr
vorwiegt. Die in allerlei Spielarten vorkommenden alten
Rankenmusterungen sind hierfür am meisten zu em-
pfehlen, viel weniger die Rosetten und Bäumchen, weil
sie zu ungleichmäfsig den Grund bedecken, der eigent-
lich nur in der schillernden Goldfarbe gröfsere Parthien
einheitlicher Färbung erträgt. Schnütgen.
 
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