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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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323

1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 10.

324

Bücherschau.

Architektonische und ornamentale Formen-
lehre. Ein Lehrbuch für die Schule und das Haus,
von Theodor Seemann. Mit 25G Abbildungen.
Leipzig 1891, Verlag von Karl Scholtze.
Das vorliegende Lehrbuch erfüllt den Zweck, in
die Entwickelungsgeschichte der Baukunst und ihres
Ornamentes einzuführen, in vortrefflicher Weise, indem
es in dem „theoretischen Theil" die allgemeinen Ge-
sichtspunkte behandelt, in dem „praktischen Theil"
die Architektur nach den Ländern vorführt, in denen
sie sich entfaltet, bezvv. nach den Stilarten, in denen
sie sich ausgestaltet hat. Die drei Abschnitte des
I. Theiles machen daher mit den Gesetzen für die Pro-
portion, Symmetrie u. dergl., für die Farben und deren
Symbolik, für das Pflanzen- und Thierornament bekannt,
also mit Verhältnissen, deren Kenntnifs für das Stu-
dium der Baukunst sehr wichtig sind und über die
etwas Zuverlässiges nicht leicht, zumal nicht in knapper
Zusammenstellung, zu finden ist. Diese liegt hier vor,
und zwar in einer gewissen Vollständigkeit und an-
schaulichen Klarheit. Kleinere Unrichtigkeiten, z. B.
dafs das Kleid des Papstes violett, dafs es der go-
thischen Ornamentik nicht, gelungen sei, dem Eichen-
blatt „einen dem Auge angenehmen Schwung zu ver-
leihen", thun dem Werthe dieses Theiles keinen er-
heblichen Eintrag. — Aber auch der II. Theil verdient
alle Anerkennung wegen der bestimmten und fafslichen
Art, mit welcher in seinen sechs Abschnitten die orien-
talische Kunst in ihren zehn Besonderungen, die klas-
sische, die mittelalterliche, die Renaissance-Kunst, der
Holzbaustil und der Stil der Gegenwart erklärt werden,
an der Hand zahlreicher sehr geschickt ausgewählter,
über den landläufigen Kreis erheblich hinausreichender,
dazu vorzüglich ausgeführter Abbildungen. Wenn der
Verfasser im letzten Abschnitte die Renaissance als die
nothwendige „Grundlage der modernen Kunst" erklärt,
wird er sich doch nach überzeugenderen Gründen um-
sehen müssen, als dafs „sie dem Künstler die freieste
Bewegung gestatte, und in der That das Schönste sei,
was die Kunst hervorgebracht habe". b.

Der Fürstenhof zu Wismar und die nord-
deutsche Terracolta-Architektur. Von Fritz
Sarre. Mit 17 Tafeln. Berlin 1890, Verlag von
Trowitzsch & Sohn.
Die Anzeige des vorstehend genannten Werkes iD
dieser Zeitschrift sei dadurch erklärt, dafs dasselbe
durch Fleifs, Methode und Ausstattung sich bemerk-
bar macht. Im Uebrigen hat der darin behandelte
Bau nichts von christlichem Geiste an sich, sondern
ist völlig im Stile der antiken, durch den germanischen
Geist modifizirten Kunst, der deutschen Renaissance,
im Jahre 1554 hergestellt. Die Portale sind in Sand-
stein ausgeführt, die unteren Friese in Kalkstein, die
Gesimse dagegen, die Fenster-Architektur, die oberen
Friese und die Lisenen in gebrannten Steinen, wäh-
rend die Mauermassen geputzt sind. Die technisch
wie künstlerisch bedeutenden Werkstücke in Terracotta
sind von Statius v. Düren in Lübeck hergestellt, doch
ist es fraglich, ob dieser auch an den Entwürfen be-

theiligt war, und ebenso unentschieden erscheint die
Frage, ob der Hofmaler Erhard Altorfer der Bau-
meisler gewesen ist. Der milgetheilte Brief dürfte
sich doch auf ein anderes, weniger bedeutendes Werk
beziehen, aber mit Recht wird der Herr Verfasser die
Mitwirkung der gleichfalls in Lübeck angesessenen
Gabriel v. Aken und Valentin v. Lira (Liere?) auf die
Maurerarbeiten beschränken. Sehr dankenswerth ist
die Uebersicht der um dieselbe Zeit vorkommenden
Künstler in Mecklenburg und ebenso der Abdruck der
Dokumente, welcher freilich nicht allzu korrekt zu sein
scheint. Die beigegebenen Tafeln sind vortrefflich,
doch ist zu bedauern, dafs dem Verfasser nicht ältere
Aufnahmen des Fürstenhofes zu Gebote standen, da
die Wiederherstellung desselben, wie er angibt, nicht
mit der Bescheidenheit ausgeführt ist, welche man bei
Restaurationen zu fordern berechtigt ist. L.

Des hl. Bernward Evangelienbuch im Dome
zu Hildesheim. Mit Handschriften des X. und
XI. Jahrh. in kunsthistorischer und liturgischer Hin-
sicht verglichen von Stephan Beissel S. J. Mit
26 unveränderlichen Lichtdrucktafeln, herausgegeben
von G. Schrader, Pfarrer zu Göttingen u. F. Koch,
Domvikar zu Hildesheim. Hildesheim 1891, Druck
und Verlag von August Lax.
Das Evangelienbuch des grofsen Hildesheimer
Kirchenfürsten zählt zu den nach Inhalt und Ausstat-
tung hervorragendsten Werken der christlichen Kunst,
welche um die Wende des ersten Jahrtausends unserer
Zeitrechnung entstanden. Die Veröffentlichung einer
so genauen, mit trefflichen Abbildungen versehenen
Beschreibung der Handschrift, wie sie nunmehr vor-
liegt, ist daher freudig zu begrüfsen, umsomehr, als
der Verfasser nicht nur lediglich das Ergebnifs seiner
Studien bezüglich dieses Evangeliars mittheilt, sondern
auch den Zusammenhang desselben mit anderen gleich-
zeitigen Werken entwickelt und darlegt. Diese ver-
gleichende Beschreibung bildet den umfangreichsten
und weitaus interessantesten Theil des Buches, in wel-
chem die verwandten Kirchenbücher zu Prag, Utrecht,
Berlin, Brüssel, Bamberg, München u. s. w. rücksicht-
lich ihrer kunstgeschichtlichen wie auch liturgischen
Bedeutung eingehend behandelt werden. Nicht minder
werthvoll erscheinen die in einem besonderen Theile
des Buches niedergelegten Forschungen über die
Perikopen-Verzeichnisse vom VIII. bis XII. Jahrh., für
die Bernward's Werk neben einer grofsen Anzahl
deutscher und fremder Handschriften die Grundlage
bildet, und welche ein annäherndes Bild der Entwicke-
lung des Comes in diesem Zeitraum zu bieten vermögen.
Der Zusammenhang der Bernwardinischen Kunst-
thätigkeit mit derjenigen Suddeutschlands, auf welche
der Unterzeichnete schon gelegentlich der Beschreibung
einer Bilderhandschrift in der Bewerinischen Bibliothek
zu Hildesheim in dieser Zeitschrift (III. Jahrg. Sp. 137 ff.)
hingewiesen, wird durch die Beissel'sche Abhandlung
über das Evangelienbuch des hl. Bernward bestätigt.
Derselben sind 26 Lichtdrucke beigefügt, welche den
kostbaren Einband, die Weihe-Inschrift sowie den bild-
 
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