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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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1. Heft
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Potier, Othmar: Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0025

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i. Heft.

Zeitschrift für historische Waffen künde.

ii

lieh, da ein jeder selbst der beste Schützer seines
eigenen Rechtes war und deshalb jeden Augen-
blick bereit sein mufste, das Alltagsgewand mit
dem Kriegskleid zu vertauschen. Von dieser all-
gemeinen, schon durch die Organisation der
Landesverteidigung bedingten Regel wird auch
Kremsmünster sicher keine Ausnahme gebildet
haben, und Abt Gregor nur als der Erneuerer
und Ausgestalter des klösterlichen Arsenals anzu-
sehen sein.
Auch die Brüder von N ieder-Altaich, welche
Herzog Thassilo II. von Bayern im Jahre 777 in
seiner jungen Stiftung an der Krems angesiedelt
hatte, waren ja nicht allein Glaubensboten und
Träger der damaligen Kultur des Abendlandes,
sie mufsten in der wilden bayerischen Mark, in
welcher jahrzehntelang der Grenzkrieg tobte,
auch nervenstarke Kriegsleute sein. Der Mönch,
welcher heute vor
dem Altar flehte:
Vor Feuer und vor
Hunnennot
Schirm uns der liebe
Herregott,
der zitterte nicht,
wenn morgen durch
das Donautal die
Kunde heraufflog,
dafs wieder einmal
die bogenkundigen
Reiterschwärme der
Avaren oder Ma-
gyaren herantrabten,
wufste er doch als
hirschg'erechter Jä-
ger den Speer zu
schleudern und im
Streite seinen Mann zu stellen, welchen das Eisen-
hemd ebensowenig- drückte wie das Mefskleid.
Für den sicheren taktischen Blick der Er-
bauer des Klosters spricht schon die Wahl des
Bauplatzes, dessen Vorteile die späteren Ausge-
stalter des Stiftes wohl für sich auszunutzen
wufsten, indem sie die Hauptfront des Klosters
unmittelbar an den Rand eines senkrecht ab-
stürzenden Plateaus verlegten, die gefährdetsten
.Seiten des Stiftes dagegen durch vorgelagerte
Wirtschaftsgebäude deckten. Unter dem Krumm-
stab war gut, d. h. sicher wohnen, weil durch
das ganze Mittelalter hindurch die Mönche in
der Sorge um ihre Heimstätte die Hebung der
Wehrfähigkeit ihrer Untertanen nie aus dem Auge
verloren. So wie sich die Klosterneuburger im
Jahre 1303 bei dem Aufstand der Wiener gegen
den Herzog Albr echt als treffliche Bogenschützen
bewährten, die Untertanen des Stiftes Melk als

gesuchte Armbrustmacher einen Hamen hatten,
ebenso waren auch die Handwerker Krems-
münsters kriegerischer Hantierung keineswegs
abhold: Im Kremstal rauchten die Essen der
Klingen- und Messerschmiede, welche sich 1510
zu einer Gilde zusammentaten, jedoch noch im
Laufe des 16. Jahrhunderts ihre Werkstätten an
das günstiger gelegene Steinbach an der Steyr
verpflanzten. Auch die Abte, welche als mächtige
Grundherren über Scharen von Llörig-e geboten,
mufsten für deren Bewaffnung- Sorge tragen,
wenn die Bischöfe von Passau, oder des Stiftes
eigene Schirmvögte begehrlich die Llände nach
Klostergut ausstreckten, oder der Landesherr
des Klosters bewaffneten Beistand heischte. Die
Waffe war das Mittel, um diesen harten Ver-
pflichtungen gegen das Stift und den Landes-
herrn nachzukommen, und diese konnten im Falle
der Not nicht erst
angeschafft, sondern
mufsten in einer
Rüstkammer zum Ge-
brauche vorrätig ge-
halten werden.
Natürlich ging-en
die kriegerischen, im
Laufe von elf Jahr-
hunderten im heu-
tigen Oberösterreich
sich abspielenden Er-
eignisse an des Stiftes
Waffenkammer nicht
spurlos vorüber.
Die Streifzüge
beutelustiger Magya-
renhorden; die Scha-
ren der Kreuzfahrer,
welche sich die Donau entlang hin ab wälzten; die
Einfälle der wilden Plussiten; der Bauernaufstand
im Jahre 1525; dann ganz besonders dieTürkenge-
fahr nötigten die Stände Oberösterreichs und damit
auch Kremsmünsters Abte zu scharfer Wacht
und bürdeten dem Stifte schwere Lasten aul: Im
Jahre 1523 zahlte das Kloster an lürkensteuer
für 28 Brüder 10 Talente und für die 41 Schüler
5 Schillinge 14 Pfennige2). Schon am 13. Oktober
1527 hatte König- Ferdinand vom oberöster-
reichischen Landtag das Aufg-ebot des 20., 10. und
5. Mannes gefordert. Je näher das Kriegsge-
witter heranzog; um so energischere Mafsregeln
ergriffen die Stände. Zweimal — am 18. Dezember
1528 und am 21. Februar 1529 — wurde das
Volk zu den Waffen gerufen. Das traurige
2) Hagn, P. Theodorich, Das Wirken der Benediktiner-
abtei Kremsmünster für Wissenschaft, Kunst und Jugend-
bildung. Linz 1848.


Abb. 2. Alte Ansicht des Stiftes mit der Rüstkammer (R).
 
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