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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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4. Heft
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Potier, Othmar: Streifzüge durch mehrere Waffensammlungen in Oberösterreich, Steiermark und Kärnten
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0124

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

IV. Band.

ein originelles Aussehen. Durch prächtige Aus-
stattung in Goldschmelz zeichnen sich die Zere-
monienschwerter der Stadtrichter von Linz aus,
während das, was der Katalog etwas romantisch
„Fehmgerichtskreuze“ nennt, kleine Bombardier-
dolche sind.
Dem 17. Jahrhundert gehören die Waffen der
nächsten Abteilung an. Hier stofsen wir auf
hübsche Reitergewehre und Faustrohre, deren
Kolben meisterhaft ausgeführter Eisenschnitt ziert;
dag'egen verraten die derben, ja geschmacklosen
Einlagen an den Schäften der Tschinken bereits
deutlich, dafs es mit der Fertigkeit der alten
Ebenisten schon stark bergab geht. Durch seine
besondere Bauart zeichnet sich ein Radschlofs-
karabiner aus: von den beiden „im Bock“ ruhen-
den Läufen ragt der untere über den oberen
hervor und trägt die Inschrift meum gaudium.
An einem Spiefs läfst sich die Klinge in den
Schaft zurückziehen. Schöne Hochätzung erkennt
man an einer Trabantenhelmbarte aus dem Jahre
1616. Hier stofsen wir auf die einfachen Waffen
der aufständischen Bauern, neben einer diesen
zugeschriebenen Fahne. In spielerischer Weise
betätigte sich der menschliche Erfindungsgeist
an einem Gewehr, dessen Kolben mit dem Blatt
einer Axt ausstaffiert ist. Die vierte, dem 18. Jahr-
hundert gewidmete Abteilung umfafst aufser
Jagdgewehren und Galanteriedegen auch artille-
ristische Hilfsgeräte. Eigene Gruppen bilden die
Wehren morgenländischer Völker, sowie die Aus-
stellung von Erzeugnissen der Waffenfabrik in
Steyr.
Wohl die leidige Rücksicht auf die räum-
lichen Verhältnisse verbannte die grofse, von dem
Präsidenten des Kreisgerichtes in Steyr, Ritter
von Weifsmayr, zusammengebrachte Sammlung
von den Wildschützen abgenommenen Waffen in
das spärlich erhellte Untergeschofs des Museums.
Die stiefmütterliche Behandlung dieser in tech-
nischer Beziehung äufserst lehrreichen Kollektion,
welche schon gelegentlich der land- und forst-
wirtschaftlichen Ausstellung in Wien so berech-
tigtes Aufsehen erweckt hatte, ist um so bedauer-
licher, als vorgelagerte andere Gegenstände den
Zugang zu diesen auch kulturgeschichtlich inte-
ressanten Proben bäuerlicher Büchsenmacherkunst
derartig verrammeln, dafs ein Studium dieser mit-
unter höchst scharfsinnig gebauten Abschraubge-
wehre und Stockflinten so gut wie ausgeschlossen
ist und die ganze Sammlung zu einem Wand-
füllsel herabg-edrückt wird. Die anderen Wände
dieses Gelasses bedecken Waffen aus den Bauern-
kriegen, vor welchen Steinbombarden, Feld-
schlangen, ein hölzerner Mörser mit metallener
Kammer ihren Platz fanden.

In der Sammlung Ludolf fallen mehrere reich
mit Tausiaund vergoldeter Ätzmalerei geschmückte
persische Rundschilde auf; den Preis möchte ich
aber den prächtigen orientalischen Helmen geben,
von welchen einer die Marke der Waffenfabrik
Muhammeds II. aufweist. Würdig schliefsen sich
diesem Prachtstücke morgenländischer Waffen-
schmiedekunst einige reich dekorierte Dolche und
Schwerter an.

Auch die alte Stadt Steyr besitzt seit 1898
ein recht freundliches ortsgeschichtliches Museum,
welches der opferfreudigen Hingabe eines kleinen
Kreises von Sammlern, darunter hauptsächlich
unserem Vereinsmitgliede Frau Marianne Kautsch,
sein Entstehen verdankt.
In dem durch das Programm dieses Museums
gezogenen Rahmen nehmen natürlich die Waffen
einen verhältnismäfsig bescheidenen Raum ein.
Aufser mehreren Proben der von den rebellischen
Bauern geführten Schlag- und Stangenwaffen
verdienen zwei kleine Karrenbüchsen in schwarz-
gelb gestrichenen Blocklafetten und ein dem
13. Jahrhundert angehörendes Schwert Beachtung.
Wenn auch nicht unter den Begriff Waffe fallend,
möchte ich die Freunde alter Waffen neben den
Erinnerungsstücken an Steyrs Franzosenzeit ganz
besonders auf zwei interessante Urkunden auf-
merksam machen, welche von dem nur nach
Kriegsgeräten Ausschau haltenden Besucher des
Museums nur zu leicht übersehen werden können,
die mir aber doch für die Geschichte der Waffen-
industrie von einiger Bedeutung zu sein scheinen.
Das ist zunächst eine aus dem Jahre 1535 datierte,
von König Ferdinand I. dem Messerer und Bürger
zu Steyr, Stefan Schmiedinger, erteilte Befugnis,
seine Waren mit einem bestimmten Zeichen zu
märken; dann eine Bleiplatte mit den Meister-
zeichen der Feilhauer und Zirkelschmiede von
Steyr: auf dieser Platte kommen Stempel, z. B.
die „Hand“, das auf einem unten offenen Halb-
kreis stehende, rechts und links von je einem
Punkt begleitete Kreuz vor, Marken, welche dem
Sammler von Waffen auch schon auf Helmbarten
begegnet sein dürften.

Auch das Museum in Wels, in welcher Stadt
der „letzte Ritter“ die Augen für immer schlofs,
steht noch im Kindesalter. Dasselbe ist haupt-
sächlich eine Schöpfung des Stadtrates Dr. von
Benak und fand im Amtsgebäude der Sparkasse
ein lichtes Heim.
Die Waffensammlung dieser Schwesteranstalt
des vorher besprochenen Museums in Steyr weist
neben Funden aus der römischen Ansiedelung
 
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