4. Heft.
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
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Von Helm erfahren wir — anscheinend nach
einer Vorlage von 1444 — dafs ein Mitglied des
damals in unzähligen Klöstern angesessenen Or-
dens der Bernhardiner oder Cistercienser, namens
Berthold der Schwarze, seine Erfindung im Jahre
1380 gemacht habe und acht Jahre hernach wegen
seiner Schwarzkunst hingerichtet worden.
Johann Mathesius sagt in seiner „Berg-
Postilla oder Sarepta (Nürnberg 1562; 1679er Aus-
gabe S. 470)“: „ ... . püchsenpulver / welches
Bertoldus Schwartz ein Gelehrter Mönch und
guter Alchimist erfand / da man zehlt 1480“. Ob
das nicht ein Druckfehler ist, statt 1380?
Verschiedene Chronisten nennen im 16. Jahr-
hundert das Erfindungsjahr 1380. So z. B. C.
Spangenberg, Mansfeld. Chronica 1572, B1.34Öb:
„1380 . . . durch einen Münch erfunden . .
In der 1588 verfafsten, handschriftlichen Chro-
nik von Salzburg des Jacob von Haunsperg
zu Vachenberg (Bibi. d. Neuklosters zu Wiener-
Neustadt) heifst es (Bl. 66v.): „Diss obbemelt jar
(1380) ist das graussam vnd erschröcklich püxen-
geschütz in Teutschlandten erfundten worden,
samt der zusamenfuegung zwayer widerwerdigen
materien, schwebl vnnd salpitter das püchsen-
pulfer darauss zu machen. Aber an wellichem
orth oder von wellicher person sagt niemandt,
den zu Augspurg hat man erstlich damit ange-
fangen zu schiefsen. So legen das etlich ainem
mönich zue, der diese vnedel, mörderisch kunst
erdacht solt haben. Der böswicht von dem sollich
schändlich Ding erfunden ist nit würdig, das sein
namen bey den menschen auf der erden bleyb,
oder ein lob von seinem gefundtnen werck bring.
Da wär woll würdig gewesen, das man in jn ain
püxen gestofsen, vnd an einen thurn geschossen
het.“ (Anz. f. d. Kunde dtsch. Vorg. 1859. Sp.
335)- — Ebenso findet man: „Anno Do. 1380 ward
die zesamfügng weyer widerwerdige materien
Schwäbel vnd Salpetre erstlich erfunden, vnd das
Büchsenpuluer angefangen zemachen. Zu Augs-
purg hat man erstlich angefange mit Büchsen-
schiefsen. Diss vnedel mörderisch kleinot sol von
einem Münch erfunden, vnnd in die Welt auss-
gangen seyn“ (J. Stumpff, Schwytzer Chronica,
Zürich 1606, Bl. 726 a). — Das gleiche Erfindungs-
jahr nennt z. B F. Frisius, Künstler . . . Ceremo-
nial-Politica, Leipzig 1708, S. 601.
Petrus Albinus „Meissnische Bergchronica,
1590, S. 183“: „ . . . rechnet man die erfindung der
Büchsen und des Pulvers im Jahr 1380 . . . vnd
wird für den Erfinder der Büchsen angezogen
ein Münch / mit Namen Bertholt Schwartz / ein
guter Alchimist / davon kan man auch sehen in
Urspergensi, Platina, Polydoro, Bohuslao, Hassen-
steinio, Herburto vnd andern“.
M. Dresserus, Sächs. Chronica, 1596, S. 372:
„1380 hat ein barfüsser Mönch . . .“
Dafs es 1378 gewesen sei, meint eine frühere
Ausgabe der Schwytzer Chronika, Zürich 1554, bei
einem satyrischen Holzschnitt auf die Erfindung.
Beim letzten Hamburger 13. Orientalisten-Kongrefs
verwies ein Orientale auf eine arabische Hand-
schrift von 1635, die angibt, die Erfindung sei
vor 265 Jahren (also 1370) von einem deutschen
Mönch gemacht worden13).
Dafs der Erfinder „Constantin Ancklitzen“
gehiefsen und dann unter dem Namen Berthold
in den Orden der „Franziskaner“ getreten, sagt
erst 1584 Andre Thevet.
Als Stadt des Erfinders wird — neben Köln,
Goslar, Mainz, Nürnberg', Dortmund14) — Frei-
burg i. B. genannt. Zuerst tut dies als „wahr-
scheinlich“ Heinrich Salmuth in der deutschen
Ausgabe eines italienischen Werkes15) über Er-
findungen im Jahre 1599. —
Was ist nun aus all den alten Überlieferungen
zu entnehmen?
Die Kriegstechniker des 15. Jahrhunderts legen
die Erfindung des Schiefspulvers und des
Geschützes durch einen gelehrten deut-
schen (Bernhardiner-) Mönch, namens
Berthold der Schwarze, Magister der
freien Künste und Alchemist, auf das
Jahr 1380, acht Jahre bevor der Meister
seine schwarze Kunst mit dem Tode be-
zahlen mufste. — Das wissen wir heute von
Berthold Schwarz.
Also war Berthold für die Artillerie das,
was James Watt für die Dampfmaschine, der
Wiedererfinder; nicht — wie Papin und andere
für die Dampfkraft — der Urerfinder. Seine
Reformation brachte, wie so oft in der Ge-
schichte, nach langem Suchen erst die brauchbare
Verwirklichung. Darum verblafste alles, was vor
ihm lag. Wohl wufsten jene Büchsenmeister, die
wir hörten, dafs schon früher geschossen worden,
aber weil sie die Zeit noch nicht zu fern über-
schauten, unterschieden sie einzelne Phasen in
dem Gang der Erfindung. Was aber Berthold
getan, war für sie ein Umsturz des Alten, eine
selbständige Erfindung. Darum nannten sie nur ihn.
Chronisten, Nichtfachleute, warfen hingegen
alles durcheinander, so sehr, dafs aus ihren An-
gaben eine Datierung von Feuerwaffen bis ins
frühe Mittelalter möglich ist. Wodurch Berthold
als Reformator auftrat, ob er das Alte nur
1S) Prometheus, Berlin, Heft 758.
14) Vgl. Plansjakob a. a. O. S. 47 ff.
15) Rerum memorabilium jam olim deperditarum et
recens inventarum libri duo (italienisch von G. Pancirolli),
Amberg 1599, S. 666.
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
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Von Helm erfahren wir — anscheinend nach
einer Vorlage von 1444 — dafs ein Mitglied des
damals in unzähligen Klöstern angesessenen Or-
dens der Bernhardiner oder Cistercienser, namens
Berthold der Schwarze, seine Erfindung im Jahre
1380 gemacht habe und acht Jahre hernach wegen
seiner Schwarzkunst hingerichtet worden.
Johann Mathesius sagt in seiner „Berg-
Postilla oder Sarepta (Nürnberg 1562; 1679er Aus-
gabe S. 470)“: „ ... . püchsenpulver / welches
Bertoldus Schwartz ein Gelehrter Mönch und
guter Alchimist erfand / da man zehlt 1480“. Ob
das nicht ein Druckfehler ist, statt 1380?
Verschiedene Chronisten nennen im 16. Jahr-
hundert das Erfindungsjahr 1380. So z. B. C.
Spangenberg, Mansfeld. Chronica 1572, B1.34Öb:
„1380 . . . durch einen Münch erfunden . .
In der 1588 verfafsten, handschriftlichen Chro-
nik von Salzburg des Jacob von Haunsperg
zu Vachenberg (Bibi. d. Neuklosters zu Wiener-
Neustadt) heifst es (Bl. 66v.): „Diss obbemelt jar
(1380) ist das graussam vnd erschröcklich püxen-
geschütz in Teutschlandten erfundten worden,
samt der zusamenfuegung zwayer widerwerdigen
materien, schwebl vnnd salpitter das püchsen-
pulfer darauss zu machen. Aber an wellichem
orth oder von wellicher person sagt niemandt,
den zu Augspurg hat man erstlich damit ange-
fangen zu schiefsen. So legen das etlich ainem
mönich zue, der diese vnedel, mörderisch kunst
erdacht solt haben. Der böswicht von dem sollich
schändlich Ding erfunden ist nit würdig, das sein
namen bey den menschen auf der erden bleyb,
oder ein lob von seinem gefundtnen werck bring.
Da wär woll würdig gewesen, das man in jn ain
püxen gestofsen, vnd an einen thurn geschossen
het.“ (Anz. f. d. Kunde dtsch. Vorg. 1859. Sp.
335)- — Ebenso findet man: „Anno Do. 1380 ward
die zesamfügng weyer widerwerdige materien
Schwäbel vnd Salpetre erstlich erfunden, vnd das
Büchsenpuluer angefangen zemachen. Zu Augs-
purg hat man erstlich angefange mit Büchsen-
schiefsen. Diss vnedel mörderisch kleinot sol von
einem Münch erfunden, vnnd in die Welt auss-
gangen seyn“ (J. Stumpff, Schwytzer Chronica,
Zürich 1606, Bl. 726 a). — Das gleiche Erfindungs-
jahr nennt z. B F. Frisius, Künstler . . . Ceremo-
nial-Politica, Leipzig 1708, S. 601.
Petrus Albinus „Meissnische Bergchronica,
1590, S. 183“: „ . . . rechnet man die erfindung der
Büchsen und des Pulvers im Jahr 1380 . . . vnd
wird für den Erfinder der Büchsen angezogen
ein Münch / mit Namen Bertholt Schwartz / ein
guter Alchimist / davon kan man auch sehen in
Urspergensi, Platina, Polydoro, Bohuslao, Hassen-
steinio, Herburto vnd andern“.
M. Dresserus, Sächs. Chronica, 1596, S. 372:
„1380 hat ein barfüsser Mönch . . .“
Dafs es 1378 gewesen sei, meint eine frühere
Ausgabe der Schwytzer Chronika, Zürich 1554, bei
einem satyrischen Holzschnitt auf die Erfindung.
Beim letzten Hamburger 13. Orientalisten-Kongrefs
verwies ein Orientale auf eine arabische Hand-
schrift von 1635, die angibt, die Erfindung sei
vor 265 Jahren (also 1370) von einem deutschen
Mönch gemacht worden13).
Dafs der Erfinder „Constantin Ancklitzen“
gehiefsen und dann unter dem Namen Berthold
in den Orden der „Franziskaner“ getreten, sagt
erst 1584 Andre Thevet.
Als Stadt des Erfinders wird — neben Köln,
Goslar, Mainz, Nürnberg', Dortmund14) — Frei-
burg i. B. genannt. Zuerst tut dies als „wahr-
scheinlich“ Heinrich Salmuth in der deutschen
Ausgabe eines italienischen Werkes15) über Er-
findungen im Jahre 1599. —
Was ist nun aus all den alten Überlieferungen
zu entnehmen?
Die Kriegstechniker des 15. Jahrhunderts legen
die Erfindung des Schiefspulvers und des
Geschützes durch einen gelehrten deut-
schen (Bernhardiner-) Mönch, namens
Berthold der Schwarze, Magister der
freien Künste und Alchemist, auf das
Jahr 1380, acht Jahre bevor der Meister
seine schwarze Kunst mit dem Tode be-
zahlen mufste. — Das wissen wir heute von
Berthold Schwarz.
Also war Berthold für die Artillerie das,
was James Watt für die Dampfmaschine, der
Wiedererfinder; nicht — wie Papin und andere
für die Dampfkraft — der Urerfinder. Seine
Reformation brachte, wie so oft in der Ge-
schichte, nach langem Suchen erst die brauchbare
Verwirklichung. Darum verblafste alles, was vor
ihm lag. Wohl wufsten jene Büchsenmeister, die
wir hörten, dafs schon früher geschossen worden,
aber weil sie die Zeit noch nicht zu fern über-
schauten, unterschieden sie einzelne Phasen in
dem Gang der Erfindung. Was aber Berthold
getan, war für sie ein Umsturz des Alten, eine
selbständige Erfindung. Darum nannten sie nur ihn.
Chronisten, Nichtfachleute, warfen hingegen
alles durcheinander, so sehr, dafs aus ihren An-
gaben eine Datierung von Feuerwaffen bis ins
frühe Mittelalter möglich ist. Wodurch Berthold
als Reformator auftrat, ob er das Alte nur
1S) Prometheus, Berlin, Heft 758.
14) Vgl. Plansjakob a. a. O. S. 47 ff.
15) Rerum memorabilium jam olim deperditarum et
recens inventarum libri duo (italienisch von G. Pancirolli),
Amberg 1599, S. 666.