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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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5. Heft
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Lenz, E.: Über Damast
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0150

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136

E. v. LENZ, ÜBER DAMAST

IV. B AND

dischen und persischen Damastklingen ihren hohen
Wert verleiht.
In Europa, und zwar im Nordwesten und in
den skandinavischen Ländern wurden im 9. bis
ii. Jahrhundert gleichfalls g-eschweifste Klingen
mit gemusterter Textur gefertigt, allein hier war
der Grund für die Entstehung des Verfahrens ein
anderer: das minderwertige Material an Sumpf-
und Wiesenerzen, in kleinen, niedrigen Öfen ver-
arbeitet, ergab nur mit Schlacke vermischte Lup-
pen von sehr ungleichmäfsigem Kohlenstoffgehalt
und aus diesen mufsten nach dem Ausschmieden
die passendsten ausgesucht und für die Schneiden
zusammengeschweifst werden, während die wei-
cheren Stücke für Kern oder Rücken der Klinge
Verwendung fanden. Diese Schwerter mit grob-
faseriger Strukturieren Zeichnung einer gewissen
Regelmäfsigkeit nicht entbehrte, beherrschten die
ganze Wikingerzeit und sind besonders in Nor-
wegen reich vertreten.

Abb. 8.
Geschenke, Handelsbeziehungen und kriege-
rische Zusammenstöfse liefsen Europa mit den
orientalischenDamastklingen bekannt werden. Das
Material, speziell derWooz-Stahl, wurde im 17. Jahr-
hundert von Reisenden beschrieben. Im Anfänge
des 18. Jahrhunderts kamen Proben aus Kairo
nach Paris, doch wufsten die dortigen Waffen-
schmiede nichts mit den Klumpen anzufangen
und erst mit dem Beginne des 19. Jahrhunderts
setzte die wissenschaftliche Untersuchung- mit den
Versuchen Dr. Pearsons ein. Von der Zeit an be-
mühte sich eine Reihe von Gelehrten und Künst-
lern um das Geheimnis der Damastbereitung, doch
war ihr Streben nicht so sehr auf die Erfor-
schung der mechanischen Eigenschaften und der
Nutzbarkeit des Damastes, als auf die Nach-
ahmung des Musters gerichtet. Hierher gehören
die Versuche, dem Eisen Gold, Silber, Platin, Alu-
minium u. a. m. beizumischen, sowie Crivellis aus
einer mit Eisendraht umwundenen Stahlstange zu-
sammengeschweifster Damast.
Am nächsten der Lösung kam Breant, Direk-
tor des Pariser Münzhofes, dessen 1822 ang-estellte
Versuche ihn zur Überzeugung kommen liefsen,

dafs der orientalische Damast tatsächlich Gufsstahl
sei, der sich von den in Europa gebräuchlichen
Sorten nur durch stärkerenKohlenstoffgehalt unter-
scheidet, und dafs die Damastbildung auf einer
während des langsamen Erkaltens vor sich gehen-
den Kristallisation zweier verschiedener Verbin-
dung-en von Eisen und Kohlenstoff beruhe. Diese
beiden Komponenten, das mit Kohlenstoff gesät-
tigte und damit in Stahl umgewandelte Eisen und
der mit Kohlenstoff übersättigte Stahl, anfänglich
durcheinander gemischt, machen, wenn das ge-
schmolzene Metall sich selbst überlassen bleibt,
einen Kristallisationsprozefs durch und die Parti-
kelchen eines jeden der beiden Faktoren streben
je nach Zusammengehörigkeit eine Vereinigung
an. Eine aus solchem Material gefertigte
Klinge in schwache Säurelösung getaucht, wird
deutliches Damastmuster zeigen, welches um
so grofskörniger ausfällt, je langsamer die Er-
kaltung vor sich geht.
Jahrzehntelange Arbeit mit Hilfe
des Mikroskops haben im grofsen
und ganzen diese Ansicht Breants
bestätigt, doch blieb die endgiltig-e
Lösung der Frage den russischen
Gelehrten Anossow und Tschernow
Vorbehalten, von denen ersterer das
Problem der Herstellung verschie-
dener Damastsorten praktisch löste,
während letzterer die einschlägigen
Gesetze feststellte und wissenschaft-
lich begründete.
Der Berg-Ingenieur, Generalmajor P. P. Anos-
sow (1797—1851), längere Zeit als Leiter der grofsen
Eisenwerke in Slatoust im Ural tätig, hat zahlreiche
wissenschaftliche Arbeiten hinterlassen, aus deren
Zahl für uns seine kapitale Abhandlung über den
Damast3)» besonderes Interesse hat, da dessen Her-
stellung, Eigenschaften, Verarbeitung usw. um-
gehend behandelt werden. Der Beginn seiner
Experimente auf diesem Gebiete fällt in das Jahr
1828, im Jahre 1831 erzielte er die ersten Proben
von deutlicher Damastmusterung, 1833 wurde die
erste echte Damastklinge von ihm geschmiedet
und die Versuche, noch bis zum Jahre 1837 weiter-
geführt. Zu bemerken ist noch, dafs Anossow be-
reits seit dem Jahre 1831 das Mikroskop bei seinen
Untersuchungen anwandte.
Die ersten Versuche Anossows waren der
Nachprüfung- der Experimente Faradays über die
Einwirkung von Beimischungen an Gold, Silber,
3) Erschien 1841 in der „Zeitschrift für Bergwesen“
(Gorny Jurnal), französisch in den Annuaires du Journal des
mines de Russie“ 1843, und in deutscher Übersetzung in
„Erdmanns Archiv für die wissenschaftliche Kunde von
Rufsland“.
 
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