9. HEFT
FACHNOTIZEN
287
wurde das gräflich Pergen’sche Schlofs Seeben-
stein in Niederösterreich, welches David Steig'er2),
der eigentliche Gründer, zu diesem Zwecke ge-
pachtet hatte. Nach dem ältesten Teile des
Schlosses, der Ruine Wildenstein, nannten sich
daher auch die Ritter, welche alljährlich 3—4 mal
in Seebenstein zusammenkamen. Diese Zusammen-
künfte, welchen immer eine feierliche Ankündigung
vorausging, sahen die Ritter in einer eigenen
Tracht, bestehend aus einem lichtgrauen Waffen-
rocke mit roten Schlitzen, einem blafsgelben
Tricotbeinkleide und lichtbraunen Schuhen. Dieses
Kostüm wurde durch ein weifses Barett, von
welchem je eine rote, wreifse und hellblaue Feder
niederwallte, sowie durch eine blauseidene Schärpe
vervollständigt. Die Jahreshauptversammlung fand
in der Oktav Johann des Täufers statt, welchen
die Wildensteiner als ihren Schutzpatron verehrten.
Bei den Versammlungen gestaltete sich der Em-
pfang der Ritter, welche durch Böllerschüsse
schon von weitem begrübst wurden, immer sehr
zeremoniell. Der Ankommende beantwortete in
wohlgesetzter Rede des Burgvogts Fragen, ehe
ihm Einlafs in die Burg gewährt wurde. Gemein-
same Jagdzüge zu Fufs und zu Rofs, feierlicher
Gottesdienst in der Schlofskapelle wechselten mit
Sitzungen im Gerichtssaale ab. Den gröbsten
Teil der Zeit beanspruchten aber wohl die Fest-
gelage an reichbesetzter Tabel. Die Wildensteiner
gliederten sich in Ritter, Turnierknappen, Ministe-
rialen und Freiknappen. Aus den Rittern gingen
der Hochgrobsmeister, der Oberritter, die beiden
Turniermarschälle, der Schirmvogt, der Kanzler,
der Geheimschreiber, die Schöppen, die Gau- und
Burgpfaffen, endlich die Gauärzte durch Wahl
hervor. Die Aufnahme der Turnierknappen, so-
wie die Erteilung des Ritterschlages erfolgte in
besonders zeremonieller Weise. Der Wildensteiner
Ritterbund zählte viele hochgestellte Persönlich-
keiten zu seinen Mitgliedern. Erzherzog- Johann
von Österreich gehörte ihm als Hochgrobsmeister
an und führte den Ritternamen Hans von Öster-
reich, der Thernberger. Von den Rittern seien
weiters genannt: Prinz Wilhelm von Preufsen,
der nachmalige Deutsche Kaiser; Grofsherzog
Karl August von Sachsen-Weimar; Prinz Leopold
von Sachsen-Coburg; Josef Graf von Pergen als
Lehensherr. Die Grafen Wurmbrand und Hardegg;
der Erzbischof von Olmütz, v. Summerau; der
Bürgermeister des nahen Wr. Neustadt als Schirm-
2) Seit 1792 war derselbe Burg- und Ökonomieverwalter
an der Theresianischen Militärakademie in Wr. Neustadt.
1809 nahm er wesentlichen Einflufs auf die Organisierung
des gegen die einmarschierenden Franzosen aufgebotenen
Landsturmes. Für seine Verdienste erhielt Steiger den Adel
mit dem Prädikate „von Amstein“. Er starb im Jahre 1832.
vogt u. v. a. Die gesammelten Altertümer und
Kunstwerke wurden 1811 von Kaiser Franz ein-
gehendbesichtigt und in den späteren Jahren stellten
sich die Erzherzoge Anton, Franz Karl und Ludwig
zum Besuche in Seebenstein ein. Im Jahre 1823
wurde dieser einzigartige Verein romantischer
Altertumsfreunde auf höchsten Befehl aufgelöst,
da sein Wirken bald zu Mifsdeutungen Anlafs
gab. O. v. Hortstein.
Die Kunst, ein Geschütz zu besprechen3).
Ich gebeut dier Büchse den Stein zueschiefsen,
hatt PP r 9212 ss das due mir keinen menschen
scheust, [schiefst] Ich gebeut dier Büchse, bei der
aufferstehung Unsres Herren JehsuPPus da der
himmlische vater innen ist, Ich gebeut dier Büchse,
das due mir keinen Menschen scheust, ohne den
Herren, bey dem heiligen Vater, bey dem Sohne
vnd bey dem heiligen Geiste, das Gott liefse
ueber ihn, an den heilig'en Creuze, das due keinen
Menschen nicht schadest, Ich gebeut dier Büchse
bey den heiligen drey nägeln, und bei der Er-
barmung vnsers Herren, Ich gebeut dier Büchse
bey den drey wortten, die vnser Plerr zue Jo-
hanny und vnser Frauen sprach, an dem heiligen
Creuze, bei den verständigen Worten, die quinq
Pater nostri et tuum aue Maria, Also kannstue
alle Büchsen die einenn Schlofse sein vorsprechen,
vnd bist denselbigen tagk mit alle deinem Volglce,
das due bey dier hast im Felde, gesichert und
behüttet. Probatum est.
Eier -f Elphat, Sebastian y non sit emanuel
benedicti Jv
Aus dem V. Kapitel des „Kunstbuchs
Von Artolorey vndt Büchsenmeisterey
Sachen, dorinnen allerley guette vndt
bewerte stück zusammen verfasset, vndt
in sonderliche Capitell begrieffen sein, wie
volgendes Register ausweiset.
Aus der Bibliothek des Marschalls von Sachsen.
Manuskript, dessen Pergamentdeckel die Jahres-
zahl 1597 trägt, 1819 in Besitz des Prinzen August
von Preufsen. S. Decker, Versuch einer Ge-
schichte des Geschützwesens usw., Berlin 1819,
E. S. Mittler.
Altes und Neues aus dem mittelalterlichen
Geschützbau. In der „Zeitschrift des Vereins
Deutscher Ingenieure“ Band 51, Heft 10 und 13
vom g. und 30. März 1907 ist unter vorstehender
Überschrift ein Vortrag abgedruckt, welchen Re-
gierungsrat W. Treptow im Berliner Bezirksver-
3) Als weiteren Beitrag zu dem Kapitel „Waffen-
beschwörung“ (Heft 8, S 240) sandte Herr Hauptmann a.D.
Gohlke diese Notiz. D. Schriftl.
FACHNOTIZEN
287
wurde das gräflich Pergen’sche Schlofs Seeben-
stein in Niederösterreich, welches David Steig'er2),
der eigentliche Gründer, zu diesem Zwecke ge-
pachtet hatte. Nach dem ältesten Teile des
Schlosses, der Ruine Wildenstein, nannten sich
daher auch die Ritter, welche alljährlich 3—4 mal
in Seebenstein zusammenkamen. Diese Zusammen-
künfte, welchen immer eine feierliche Ankündigung
vorausging, sahen die Ritter in einer eigenen
Tracht, bestehend aus einem lichtgrauen Waffen-
rocke mit roten Schlitzen, einem blafsgelben
Tricotbeinkleide und lichtbraunen Schuhen. Dieses
Kostüm wurde durch ein weifses Barett, von
welchem je eine rote, wreifse und hellblaue Feder
niederwallte, sowie durch eine blauseidene Schärpe
vervollständigt. Die Jahreshauptversammlung fand
in der Oktav Johann des Täufers statt, welchen
die Wildensteiner als ihren Schutzpatron verehrten.
Bei den Versammlungen gestaltete sich der Em-
pfang der Ritter, welche durch Böllerschüsse
schon von weitem begrübst wurden, immer sehr
zeremoniell. Der Ankommende beantwortete in
wohlgesetzter Rede des Burgvogts Fragen, ehe
ihm Einlafs in die Burg gewährt wurde. Gemein-
same Jagdzüge zu Fufs und zu Rofs, feierlicher
Gottesdienst in der Schlofskapelle wechselten mit
Sitzungen im Gerichtssaale ab. Den gröbsten
Teil der Zeit beanspruchten aber wohl die Fest-
gelage an reichbesetzter Tabel. Die Wildensteiner
gliederten sich in Ritter, Turnierknappen, Ministe-
rialen und Freiknappen. Aus den Rittern gingen
der Hochgrobsmeister, der Oberritter, die beiden
Turniermarschälle, der Schirmvogt, der Kanzler,
der Geheimschreiber, die Schöppen, die Gau- und
Burgpfaffen, endlich die Gauärzte durch Wahl
hervor. Die Aufnahme der Turnierknappen, so-
wie die Erteilung des Ritterschlages erfolgte in
besonders zeremonieller Weise. Der Wildensteiner
Ritterbund zählte viele hochgestellte Persönlich-
keiten zu seinen Mitgliedern. Erzherzog- Johann
von Österreich gehörte ihm als Hochgrobsmeister
an und führte den Ritternamen Hans von Öster-
reich, der Thernberger. Von den Rittern seien
weiters genannt: Prinz Wilhelm von Preufsen,
der nachmalige Deutsche Kaiser; Grofsherzog
Karl August von Sachsen-Weimar; Prinz Leopold
von Sachsen-Coburg; Josef Graf von Pergen als
Lehensherr. Die Grafen Wurmbrand und Hardegg;
der Erzbischof von Olmütz, v. Summerau; der
Bürgermeister des nahen Wr. Neustadt als Schirm-
2) Seit 1792 war derselbe Burg- und Ökonomieverwalter
an der Theresianischen Militärakademie in Wr. Neustadt.
1809 nahm er wesentlichen Einflufs auf die Organisierung
des gegen die einmarschierenden Franzosen aufgebotenen
Landsturmes. Für seine Verdienste erhielt Steiger den Adel
mit dem Prädikate „von Amstein“. Er starb im Jahre 1832.
vogt u. v. a. Die gesammelten Altertümer und
Kunstwerke wurden 1811 von Kaiser Franz ein-
gehendbesichtigt und in den späteren Jahren stellten
sich die Erzherzoge Anton, Franz Karl und Ludwig
zum Besuche in Seebenstein ein. Im Jahre 1823
wurde dieser einzigartige Verein romantischer
Altertumsfreunde auf höchsten Befehl aufgelöst,
da sein Wirken bald zu Mifsdeutungen Anlafs
gab. O. v. Hortstein.
Die Kunst, ein Geschütz zu besprechen3).
Ich gebeut dier Büchse den Stein zueschiefsen,
hatt PP r 9212 ss das due mir keinen menschen
scheust, [schiefst] Ich gebeut dier Büchse, bei der
aufferstehung Unsres Herren JehsuPPus da der
himmlische vater innen ist, Ich gebeut dier Büchse,
das due mir keinen Menschen scheust, ohne den
Herren, bey dem heiligen Vater, bey dem Sohne
vnd bey dem heiligen Geiste, das Gott liefse
ueber ihn, an den heilig'en Creuze, das due keinen
Menschen nicht schadest, Ich gebeut dier Büchse
bey den heiligen drey nägeln, und bei der Er-
barmung vnsers Herren, Ich gebeut dier Büchse
bey den drey wortten, die vnser Plerr zue Jo-
hanny und vnser Frauen sprach, an dem heiligen
Creuze, bei den verständigen Worten, die quinq
Pater nostri et tuum aue Maria, Also kannstue
alle Büchsen die einenn Schlofse sein vorsprechen,
vnd bist denselbigen tagk mit alle deinem Volglce,
das due bey dier hast im Felde, gesichert und
behüttet. Probatum est.
Eier -f Elphat, Sebastian y non sit emanuel
benedicti Jv
Aus dem V. Kapitel des „Kunstbuchs
Von Artolorey vndt Büchsenmeisterey
Sachen, dorinnen allerley guette vndt
bewerte stück zusammen verfasset, vndt
in sonderliche Capitell begrieffen sein, wie
volgendes Register ausweiset.
Aus der Bibliothek des Marschalls von Sachsen.
Manuskript, dessen Pergamentdeckel die Jahres-
zahl 1597 trägt, 1819 in Besitz des Prinzen August
von Preufsen. S. Decker, Versuch einer Ge-
schichte des Geschützwesens usw., Berlin 1819,
E. S. Mittler.
Altes und Neues aus dem mittelalterlichen
Geschützbau. In der „Zeitschrift des Vereins
Deutscher Ingenieure“ Band 51, Heft 10 und 13
vom g. und 30. März 1907 ist unter vorstehender
Überschrift ein Vortrag abgedruckt, welchen Re-
gierungsrat W. Treptow im Berliner Bezirksver-
3) Als weiteren Beitrag zu dem Kapitel „Waffen-
beschwörung“ (Heft 8, S 240) sandte Herr Hauptmann a.D.
Gohlke diese Notiz. D. Schriftl.