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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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10. Heft
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Potier, Othmar: Eine sprachlich-waffengeschichtliche Verwechslungsposse
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0334

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10. HEFT BARON POTIER, EINE SPRACHLICH-WAFFENGESCHICHTL. VERWECHSLUNGSPOSSE 313

Die richtige Lesart für das Schriftband auf
dem Laufe ist jedoch: Tut ahaste khilkat khalk
sözün alma, pur scherar kusch ededschek merd
olur külli serweti khaksär (Bewahr’ Dir ein ruhiges
Gemüt. Gib nichts aufs Gerede der Welt; sie
ist voller Schlechtigkeit. Des auf sie Horchenden
Habe gerät in Verfall). Die Schmiedmarke ver-
rät, dafs der Meister und Mekkawallfahrer Ahmed
(amel häggi ahamed) diesen Lauf verfertigt habe.
Ein reich mit Gold und Silber tauschierter
Faustschild moderneren Charakters meiner kleinen
Sammlung weist auf seiner Wölbung Schrift-
züge auf. Mein Schriftgelehrter las: Lakyrdy
ederken: geri geldijnden ew wel gitmen (O Hassan,
sprach er, ich gehe nicht eher von Dir, bis Du
zurückkommst . . .) und bemerkte dazu: „Es mufs
noch eine Fortsetzung auf einem zweiten Gegen-
stand da gewesen sein, weil der Satz
als unvollkommen dafür spricht“.
Bei der Überprüfung dieser Ver-
deutschung kam es jedoch heraus, dafs
die tadellos, ja offenbar von einem Schön-
schreiber entworfenen persischen Buch-
staben als den Ort der Erzeugung dieser
Schutzwaffe Gudscherat im Pendschab
(gugerät pendäb) nennen.
Zwei in der Carsija, dem Bazar
von Sarajevo von mir erworbene Streit-
hämmer weisen in kräftiger Silber-
tausia morgenländische Schriftzeichen
auf. Mein Übersetzer las die am Hammer-
kopf des einen (Abb. i) befindliche Inschrift wie
folgt: ITapis Kawaszen ser asker nazyr-y-Sandig
(Kerkerwächter des erhabenen Kriegsministers
Sandig).
Ich will gestehen, dafs mir erst dieser famose
Profofs eines Kriegsministers Bedenken gegen
die Übersetzungskunst meines Vertrauensmannes
einflölste. Pafsten doch die bisher mitgeteilten
Übersetzungsproben recht gut zu dem Charakter
der einzelnen Waffen, auf welchen sich die Schrift-
bänder befanden.
Später aber brachten zwei gelehrte Orienta-
listen folgendes heraus: Omar agha sene 1114
(Omer Aga, im Jahre 1702/3)1).
') Vielleicht ist der hier als Besitzer dieses Hammers
erwähnte Omar Aga identisch mit dem gleichnamigen
Kämmerer des Kapudanpaschas dieser Zeit. Im Frieden
von Passarowicz (21. Juli 1718) hatte nämlich der kaiserliche
Hof zu Wien eingewilligt, dafs ein ständiger osmanischer
„Sachwalter der Kaufleute“ (Schahbender) in Wien seinen
Sitz nehmen dürfe. Sieben Jahre lang hintertrieb der Hof
die Sendung dieses ihm unbequemen Beamten. Endlich
im Oktober 1725 ging Omar Aga als Schahbender nach
Wien ab, wo er durchaus als Resident angesehen werden
wollte, während man ihm hier nur die Stellung eines
Konsuls zugestand. Fortwährend gab es Reibereien mit

Die Inschrift auf dem Schweif des zweiten
Hammers (Abb. 2) stellte die Schlagwaffe als die
ultima ratio des Kriegers dar, als dessen letzten
Helfer in harter Todesnot. Wem gefiele nicht
die poesievolle Sinnigkeit der Legende: Ivylydsch
tabaudscha kaibetdim, bulmak umud itschim jeni
ümür üstümde (Hast Säbel, Pistole verloren, so
findest Du Hoffnung auf neues Leben bei mir)?
Leider hält aber auch diese Romantik vor
den kritischen Augen der Fachleute nicht stand.
Das Schriftband besagt vielmehr folgendes: Sahyb
we malik Ajop kapudan kal’a Ghalamodsch
(Herr und Besitzer: Ajop, Flottillenkommandant
der Festung Golumbacz2).
Ferner besitze ich ein Panzerhemd, eine
morgenländische baidana, dessen 2,5 mm breite
Ringe aus einem Stück Eisenblech gestanzt wurden

Abb. 2.
Das Geflecht fügte man in der Weise zusammen,
dafs man die Hälfte dieser Ringe an einer Stelle
durch einen im Verhältnis zu ihrer Dicke schief
geführten Schnitt öffnete, vier solcher Ringe
durch je einen unversehrt gebliebenen Ring zog
und die Enden der geöffneten Ringe durch Stifte

diesem „Herrn des Stapelplatzes und des Warenpasses“,
welcher dem Kaiser den zwischen der Pforte und Persien
geschlossenen Frieden zu notifizieren hatte, der auch als
Kommissär des Grofsherrn während der Friedensverhand-
lungen zwischen Österreich und den Barbareskenstaaten
fungierte. Endlich hatten, wieder nach sieben Jahren, die
offenen und geheimen Bemühungen des Wiener Hofes den
gewünschten Erfolg: Im Jahre 1732 wurde der lästige
Omar Aga von Wien abberufen. Vgl. v. Hammer-Purg-
stall, Geschichte des osmanischen Reiches, 2. Ausgabe,
Pest 1836, IV., S. 218, 237, 239, 284.
2) Golubacz, noch jetzt eine stattliche Ruine, liegt
60 km unterhalb der Einmündung der Morava am rechten
Ufer der Donau und beherrscht den Eingang in die Strom-
enge des Eisernen Tores. Die Feste war wiederholt der
Schauplatz erbitterter Kämpfe zwischen den Ungarn und
Türken. Hier bohrte, als 1428 König Siegismund Golubacz
belagerte, Cäcilia Rozgonyi als Kapitän einer Galeere
mehrere türkische Kriegsfahrzeuge in den Grund und ver-
brannte andere. Vgl. L. Kupelwieser, Die Kämpfe Ungarns
mit den Osmanen, Wien 1899, S. 41.
 
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