10. HEFT BARON POTIER, EINE SPRACHLICH-WAFFENGESCHICHTL. VERWECHSLUNGSPOSSE 315
zusammen die iio. Sure, die Hilfe, des Korans:
Bismi-llähi-r-ralimani-r-rahim idä gä re nassru-
lähi we-l-fethü we reejte-n-nase / Jadkulüne
fi-dini-llahi efwäga fe-sebbih bi-hamdi rebbike
westagfirhü innehü käne tewäbä (Wenn der Sieg
Gottes gekommen ist und die Eroberung, und
Du siehst die Menschen scharenweise eintreten
in den Glauben Gottes, dann lobpreise Deinen
Herrn und bitte ihn um Verzeihung* und, siehe
er verzeiht). — Der Abschnitt 3 und dessen
Gegenfeld, in persischem Schriftduktus, besagt:
We mä en-nassru illä min inda-lläh / VVe mä
tewfiqul illä bi-llah (Es gibt keinen Sieg*, aufser
von Gott und keinen Erfolg für mich, aufser
mit Gott). — Feld 4 und die Kartusche gegen-
über: We min tewekküli älä-lläh / Üfewwedü
ernrl ilä-llah (Und aus Vertrauen zu Gott, empfehle
ich Gott mein Geschick). — Feld 5 und Gegenfeld.
Ja quahhar (O Rächer!), Ja gebbär (O Gewaltiger!).
Den Rücken der Klinge zeichnet aufser ge-
fälligem Eisenschnitt in einem kleinen Goldschilde
das Wort alläh aus.
Sechs Kartuschen mit Inschriften schmücken
den Rücken des Griffstollens (Abb. 5). Von den-
selben lieferte mein „Orientalist aus Liebhaberei“
mir nur vier „Verdeutschungen“. Ich beginne
mit der von der Klinge am weitesten entfernt
stehenden (1—3): Namas kilmek muawet etmek
kämma [Verrichte Dein Gebet und verteidige
(deinen Glauben) mit dem Dolche], Bu gön
gedschelimdewametmek(AmTage beginne,bei der
Nacht setze fort). Getirmek silah szyghynadschak
jer onlar dost (Bring die Waffe in Obhut; sie ist
Dein Freund!)
In Wahrheit enthalten jedoch diese drei
Felder die 112. Sure, das Einheitsbekenntnis: Bis-
mi-llähi-r-rahmäni-r-rahim quul hüwe (Im Namen
Gottes, des Allbarmherzigen! Sprich: Er) Allähu
ahadün, allahu-s-samed lern jelid we (ist Gott
der Einzige, Gott der Alleinige, nicht gebar er
und) Lern juled we lern jekün lehü küfüwen ahad
nicht ward er geboren, und nicht ist ihm gleich
irgend einer).
Diese drei Kartuschen mit den geschnittenen
Buchstaben trennen zwei kleine Felder voneinander,
von deren Goldgrund sich die Anrufe: Ja hannän
(O Zärtlicher!), ja mennän (O Gnädiger!) abheben.
Die in der letzten (vierten) goldgrundierten
Kartusche ersichtliche Inschrift sollte Kaib etmek
rahat dscheber merhamet (verlorene Ruhe nötigt
zu Mitleid) bedeuten. Nach den mitgeteilten
Übersetzungsproben besagt sie natürlich ganz
etwas anderes, nämlich: Nassru min allähi we
fethün quaribün bessiri-l-mür’minin (Sieg von
Gott und naher Triumph! Bring die frohe Bot-
schaft den Gläubigen!)
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott
nicht zu sorgen, sagt ein Sprichwort, und viel-
leicht wird mir der eine oder der andere der
Leser dieser sprachlichen Verwechslungsposse
den Vorwurf nicht ersparen, ich habe es bei der
Auswahl meines Schriftgelehrten an der Sorgfalt
eines bonus pater familias fehlen lassen. Ich will
dem nicht entgegen halten, dafs mancher Ratsherr
auch klüger vom Rathaus heim kommt als er
hin gegang*en ist, und ich erzählte diese ganze
Drollerie hier nur deshalb, um zu zeigen, wie
leicht es in einer
etwas abseits
liegenden Dis-
ziplin einem zu
Scherzen auf-
gelegten Halb-
wisser gelingen
kann, jemanden
in Irrtum zu
führen. Wenn
auch nicht in
jedem Fall ein
strafrechtlich zu
ahndender Be-
trug vorliegen
mag, so weifs
es jeder von
uns, welche Ver-
wirrung, wel-
chen wirklichen
Schaden es an-
richten kann,
wenn ein Spafs-
vogel darauf
verfällt, F ach-
gelehrte zu nar-
ren. Der keimfähige altägyptische Mumienweizen
Sternbergs und de Candolles spukt heute noch
in manchem Schulbuche; der angestaunte 1880
bei Grabarbeiten zu Tage geförderte Lango-
bardenschatz zeitigte auf archäologischem Ge-
biet eine ganze Literatur, und verdienstvolle Ge-
lehrte zogen weitgehende apologetische Schlüsse
aus diesen Kreuzchen, Stirnbändern, Bischofs-
stäben, bis dieser „Schatz des Bischofs Sergius
von Ravenna“ als eine unverschämte Fälschung
enthüllt wurde. In viel kleinerem Mafsstabe
natürlich hätten die hier mitgeteilten Über-
setzungskünste bald auch ein ähnliches Unheil
angerichtet, da sie für eine wissenschaftliche
Arbeit bestimmt waren.
Abb. 3. Abb. 5. Abb. 4.
zusammen die iio. Sure, die Hilfe, des Korans:
Bismi-llähi-r-ralimani-r-rahim idä gä re nassru-
lähi we-l-fethü we reejte-n-nase / Jadkulüne
fi-dini-llahi efwäga fe-sebbih bi-hamdi rebbike
westagfirhü innehü käne tewäbä (Wenn der Sieg
Gottes gekommen ist und die Eroberung, und
Du siehst die Menschen scharenweise eintreten
in den Glauben Gottes, dann lobpreise Deinen
Herrn und bitte ihn um Verzeihung* und, siehe
er verzeiht). — Der Abschnitt 3 und dessen
Gegenfeld, in persischem Schriftduktus, besagt:
We mä en-nassru illä min inda-lläh / VVe mä
tewfiqul illä bi-llah (Es gibt keinen Sieg*, aufser
von Gott und keinen Erfolg für mich, aufser
mit Gott). — Feld 4 und die Kartusche gegen-
über: We min tewekküli älä-lläh / Üfewwedü
ernrl ilä-llah (Und aus Vertrauen zu Gott, empfehle
ich Gott mein Geschick). — Feld 5 und Gegenfeld.
Ja quahhar (O Rächer!), Ja gebbär (O Gewaltiger!).
Den Rücken der Klinge zeichnet aufser ge-
fälligem Eisenschnitt in einem kleinen Goldschilde
das Wort alläh aus.
Sechs Kartuschen mit Inschriften schmücken
den Rücken des Griffstollens (Abb. 5). Von den-
selben lieferte mein „Orientalist aus Liebhaberei“
mir nur vier „Verdeutschungen“. Ich beginne
mit der von der Klinge am weitesten entfernt
stehenden (1—3): Namas kilmek muawet etmek
kämma [Verrichte Dein Gebet und verteidige
(deinen Glauben) mit dem Dolche], Bu gön
gedschelimdewametmek(AmTage beginne,bei der
Nacht setze fort). Getirmek silah szyghynadschak
jer onlar dost (Bring die Waffe in Obhut; sie ist
Dein Freund!)
In Wahrheit enthalten jedoch diese drei
Felder die 112. Sure, das Einheitsbekenntnis: Bis-
mi-llähi-r-rahmäni-r-rahim quul hüwe (Im Namen
Gottes, des Allbarmherzigen! Sprich: Er) Allähu
ahadün, allahu-s-samed lern jelid we (ist Gott
der Einzige, Gott der Alleinige, nicht gebar er
und) Lern juled we lern jekün lehü küfüwen ahad
nicht ward er geboren, und nicht ist ihm gleich
irgend einer).
Diese drei Kartuschen mit den geschnittenen
Buchstaben trennen zwei kleine Felder voneinander,
von deren Goldgrund sich die Anrufe: Ja hannän
(O Zärtlicher!), ja mennän (O Gnädiger!) abheben.
Die in der letzten (vierten) goldgrundierten
Kartusche ersichtliche Inschrift sollte Kaib etmek
rahat dscheber merhamet (verlorene Ruhe nötigt
zu Mitleid) bedeuten. Nach den mitgeteilten
Übersetzungsproben besagt sie natürlich ganz
etwas anderes, nämlich: Nassru min allähi we
fethün quaribün bessiri-l-mür’minin (Sieg von
Gott und naher Triumph! Bring die frohe Bot-
schaft den Gläubigen!)
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott
nicht zu sorgen, sagt ein Sprichwort, und viel-
leicht wird mir der eine oder der andere der
Leser dieser sprachlichen Verwechslungsposse
den Vorwurf nicht ersparen, ich habe es bei der
Auswahl meines Schriftgelehrten an der Sorgfalt
eines bonus pater familias fehlen lassen. Ich will
dem nicht entgegen halten, dafs mancher Ratsherr
auch klüger vom Rathaus heim kommt als er
hin gegang*en ist, und ich erzählte diese ganze
Drollerie hier nur deshalb, um zu zeigen, wie
leicht es in einer
etwas abseits
liegenden Dis-
ziplin einem zu
Scherzen auf-
gelegten Halb-
wisser gelingen
kann, jemanden
in Irrtum zu
führen. Wenn
auch nicht in
jedem Fall ein
strafrechtlich zu
ahndender Be-
trug vorliegen
mag, so weifs
es jeder von
uns, welche Ver-
wirrung, wel-
chen wirklichen
Schaden es an-
richten kann,
wenn ein Spafs-
vogel darauf
verfällt, F ach-
gelehrte zu nar-
ren. Der keimfähige altägyptische Mumienweizen
Sternbergs und de Candolles spukt heute noch
in manchem Schulbuche; der angestaunte 1880
bei Grabarbeiten zu Tage geförderte Lango-
bardenschatz zeitigte auf archäologischem Ge-
biet eine ganze Literatur, und verdienstvolle Ge-
lehrte zogen weitgehende apologetische Schlüsse
aus diesen Kreuzchen, Stirnbändern, Bischofs-
stäben, bis dieser „Schatz des Bischofs Sergius
von Ravenna“ als eine unverschämte Fälschung
enthüllt wurde. In viel kleinerem Mafsstabe
natürlich hätten die hier mitgeteilten Über-
setzungskünste bald auch ein ähnliches Unheil
angerichtet, da sie für eine wissenschaftliche
Arbeit bestimmt waren.
Abb. 3. Abb. 5. Abb. 4.