Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

DOI issue:
10. Heft
DOI article:
Forrer, Robert: Waffenschmied und Goldschmied
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0339

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
318

R. FORRER, WAFFENSCHMIED UND GOLDSCHMIED

IV. BAND

Schwertfeger. Anderseits werden in demselben
Ammanschen Büchlein die Verfertiger von Rüst-
zeug und Waffen in folgende Kategorien ge-
gliedert: der „Plattner“ fertigt Helme und
Harnische für Mann und Rofs; der „Messer-
schmidt“, wie eben erwähnt, Schwerter, Dolche
und Jagdmesser, der „Sporrer“ die Sporen,
Steigbügel und Pferdetrensen. Der „Büchsen-
schmied“ schafft die Gewehr- und Faustrohre
nebst Pulverhörnern, der „Büchsenschäfter“
die mehr oder minder reich gearbeiteten Schäfte
für erstere. Dem „Pogner“ dagegen ist nicht
nur die Herstellung der Pfeilbolzen und der Arm-
brüste, sondern auch die Auszierung ihrer Schäfte
Vorbehalten. Ebenso dem „Pantzermacher“
das Verfertigen von Panzerhemden und Ärmeln,
Krägen usw. in Kettenpanzergeflecht. Daneben
fertigen der „Glockengiefser“ bronzene Ka-
nonenrohre, der „Sattler “Stechsättel, der,, Schuh-
macher“ lederne Büchsen- und Armbrusthalfter
usw/1 — Man sieht, wie seltsam und ungleich-
wertig die Abgrenzungen in Nürnberg zur Zeit
von Jost Ammann und Hans Sachs waren.
In Nürnberg sahen wir soeben den Messer-
schmied auch zur Herstellung von Dolchgriffen
aus Elfenbein, Buchs- und Sandelholz berechtigt.
Es gibt aber Prunkdolche, deren Griff und
Scheide ganz in Silber modelliert und gegossen
oder geschnitten sind. Gewifs entsprang da die
Klinge nicht der Pland des Gold-, sondern des
Messer-, d. h. des Klingenschmiedes; ob aber auch
der silberne Griff und Scheide demselben Meister,
wird füglich zu bezweifeln sein. Plier wird der
Goldschmied an die Stelle des Klingenschmiedes
getreten sein. Gleiches gilt, wenn für Knauf und
Griff von Schwert oder Dolch ein schönes Ge-
stein, Jaspis oder Kristall, gewählt wurde2). Da
hat man sicher den Goldschmied oder den Stein-
schleifer herangezogen, denn nicht nur fehlten da
die nötigen Spezialkenntnisse, auch die Zunft-
gesetze würden ein so weitgehendes Übergreifen
in die Gebiete anderer Erwerbszweige nicht ge-
duldet haben. Gleiches gilt zweifellos für die
Fälle, wo in den Knäufen Ornamente oder Wappen
in Emaillierung oderNiellierung angebracht werden
mufsten, wenn für den Knauf ein Künstler eine
Form modellierte und diese dann in Bronze aus-
gegossen werden mufste. Ich erinnere an die
bronzenen Schwertknäufe mit Modellierungen von

2) Vgl. R. Forrer, Die Waffensammlung des Herrn
R. Zschille in Grofsenhain (Berlin 1896), Fig. 232, Taf. 131;
W. Boeheim, Album hervorragender Gegenstände aus der
Waffensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses (Wien 1898),
Fig. 1 u. 2, Taf. 4 des 2. Bandes; R. Forrer, Die Schwerter
und Schwertknäufe der Sammlung Schwerzenbach-Bregenz
(Leipzig 1905), Fig. 11, Taf. 3.

Riccio, Melioli, Fiorentino und Moderno. Ob auch
die Waffenschmiede immer die guten Interpreten
gewesen wären für die Knaufentwürfe Albrecht
Dürers, Plans Holbeins, Heinrich Aldegrevers und
Virgil Solis, wie ich sie in meinem obengenannten
Werke veröffentlicht habe, darf füglich bezweifelt
werden. Ersichtlich handelt es sich da gröfstenteils
um regelrechte Vorlagen für Goldschmiede
und Bronzegiefser. Andere Vorlagen waren
aber ebenso ersichtlich für Eisenschnitt be-
stimmt, so die Stiche des Antoine jacquard von 1624,
der sich als „graveur et arquebusier ä Poitiers“
bezeichnet und sicher solche Arbeiten nicht nur
als Vorlagen in Kupfer gestochen, sondern auch
in Eisen schnitt an Schwertknäufen ausgeführt hat.
Der Leser sieht, wie verzwickt die angeregte
Frage liegt.
Zum Schlufs möchte ich noch einen bildli-
chen Beleg beibringen, welcher zeigt, wie sehr
Goldschmiedekunst und Waffenschmiedekunst im
16. Jahrh. neben- und miteinander marschierten.
Ich habe mir von dem bekannten Bücheranti-
quariat Joseph Bär & Co. in Frankfurt a. M. das
nebenstehend abgedruckte Klischee auserbeten,
welches eine Seite aus dem Werke Nr. 1488 des
prächtig illustrierten 500. Lagerkataloges jener
Firma in 3/4 der Naturgröfse faksimiliert.3) Das
Werk selbst ist von Bartholomäus Casseneus
verfafst und betitelt: „Catalogus Gloriae Mundi
Laudes honores excellentias ac Praeminentias
omnium fere statuum, plurimarumque rerum illius
continens. Lugduni, Dionysius de Harsy, 1529.“
Dazu bemerkt der Verlag: „In folio. 12 parties,
goth. 2 col. impr, en rouge et noir. Titre grave
sur bois avec fig'ure allegorique et biasons, dans
un riche encadrement d’architectures 12 fois re-
pete, 14 figures gravees sur bois de la grandeur
des pages, biasons lettres initiales et la marque
typographique richement historiee. (Lyon 1529,
M. 400.) ... Ce rare ouvrage contient des re-
cherches sur les rangs, les preseances, les offices,
dignites et charges de la couronne. Les bois re-
presentant le schematisme, les costumes des dig-
nitaires etc. . . .“
Betrachtet man nunmehr das Bild, so sieht
man sieben weibliche Personifikationen, und zwar
der: „1. Agricultura, 2. Aurifabra, 3. Mercatoria,
4. Architectura, 5. Venatoria, 6. Cyrurgia und
7. Tympanistria,“ also des Ackerbaues, der Gold-
schmiedekunst, des Handelsstandes, der Baukunst,
der Jagd, der Medizin und der Kriegskunst.
Jedem Stand sind die Geräte beigegeben, welche
3) Katalog 500. Dritter Teil. Drucke des 16. Jahr-
hunderts mitJllustrationen französischer, italienischer,nieder-
ländischer und spanischer Künstler.“ (Unter der Repro-
duktion im Katalog steht irrtümlich statt 1488 1188)
 
Annotationen