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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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12. Heft
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Reimer, Paul: Vom Schwarzpulver
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0406

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12. HEFT

PAUL REIMER, VOM SCHWARZPULVER

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flussen mufste. Derartige Eprouvetten wurden
auch für den Feldgebrauch in Pistolenform aus-
geführt, um etwa erobertes Pulver unbekannter
Herkunft auf Geeignetheit für die eigenen Schufs-
waffen prüfen zu können.
Einer neuen Zeit, einer Zeit höchster Ent-
wickelung ging die Pulverfabrikation entgegen,
als man am Beginn des 19. Jahrhunderts anfing,
Verständnis für die Wirkungsweise des Pulvers
im Rohr zu bekommen. Zwar vergingen vorerst
noch Jahrzehnte, bis wirkliche Fortschritte zu
verzeichnen waren, aber in allen Militärstaaten
brachte man der Verbesserung der Pulverfabri-
kation reges Interesse entgegen. Für den vor-
liegenden Zweck genügt es, den einschlägigen
Bestrebungen in Preufsen zu folgen, wo die 1717
ins Leben gerufene Königl. Pulverfabrik in Berlin
auf diesem Gebiete führend wurde, nachdem im
Jahre 1817 der Professor Turte die Leitung der-
selben übernommen hatte8). Als Lehrer der
Chemie und Physik an der Königl. Pepiniere er-
kannte er die vielen Schwächen des derzeitigen
Verfahrens der Pulverbereitung und setzte zu-
nächst eine ganze Reihe von Verbesserungen an
Maschinen und Einrichtungen durch, deren nähere
Besprechung hier zu weit führen würde. Erwähnt
sei jedoch, dafs er das Körnen auf maschinellem
Wege ausführen liefs. Zunächst wurde das Körn-
sieb, welches bisher lediglich mit den Armen be-
wegt worden, mit Seilen an der Decke aufgehängt,
so dafs der Körner es nur zu schütteln hatte,
wobei es noch von einer senkrecht am Boden
befestigten Feder immer zurückgeschleudert
wurde. Der nächste Schritt war der, dafs unter
dem Körnsieb die verschiedenen anderen Siebe
befestigt wurden, eine Anordnung, welche die
ganze Tätigkeit sehr vereinfachte und beschleu-
nigte. Abb. 10 stellt ein solches Körnsystem dar.
Die Pulverkuchenstücke wurden in das Gefäfs A
geschüttet, in welchem die Körnscheibe C auf
dem Schrotsieb rotierte und die Körner in den
Raum B drückte, wo die brauchbaren nebst dem
Staub durch das Kornsieb fielen, während die zu
grofsen Stücke vermöge der Schüttelbewegung
auf einer schiefen Ebene wieder auf das Schrot-
sieb rutschten. Das Staubsieb C endlich schied
die brauchbaren Körner von dem Staub. Schliefs-
lich ordnete er vier solcher Siebsysteme in einem
an der Decke hängenden Rahmen an, welchen
er mittelst einer Zugstange mit dem Krummzapfen
einer wagrechten, durch ein Schwungrad von

8) Die in den folgenden Ausführungen enthaltenen
Angaben sind zum Teil der von mir in dienstlichem Auf-
träge verfafsten Geschichte der „Königl. Pulverfabrik
Berlin-Spandau“ entnommen (nicht veröffentlicht).

Hand bewegten Welle verband, so dafs eine hin-
und hergehende Bewegung der Siebe entstand.
Aus diesem Apparat ging später die noch heute
gebrauchte Lefevresche Siebkörnmaschine hervor,
bei welcher zahlreiche Siebsysteme auf einem an


Abb. 9. Zahnstangenprobe zur Ermittelung der ballistischen
Eigenschaften des Pulvers.

der Decke hängenden ringförmigen Rahmen an-
geordnet sind, in dessen Mitte sich eine senk-
rechte Welle mit Krummzapfen befindet. Diese
erteilt dem Rahmen eine halb rotierende, halb


Abb. 10. Siebsystem zum Körnen des Pulvers.
schüttelnde Bewegung, genau derjenigen ent-
sprechend, welche früher der Körner dem Korn-
siebe von Hand erteilte (Abb. 11). Schon Turte
liefs die Siebe, abgesehen von dem Staubsieb,
welches aus Haaren bestand, aus Messing fertigen.
 
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