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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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1./2. Heft
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Forrer, Robert: Vom Schwertgriff
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0041

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R. FORRER, VOM SCHWERTGRIFF

21

Vom Schwertgriff
Von Robert Forrer

Es ist oft' ergötzlich zu sehen, wie Frauen
ein ihnen dargebotenes altes Schwert am
Griff anfassen. Die zarte Hand pafst sich
dem Griff nur schlecht an, der für sie zu grofs,
zu lang ist. Da greift nun die Frau regel-
mäfsig falsch: sie setzt nämlich die Hand nicht
dicht unter die Parierstange, sondern möglichst
nahe an den Schwertknauf, so dafs zwischen
Parierstange und Hand eine offene Lücke klafft.
Und doch soll, wenn der Griff die Faustbreite
überschreitet, gerade das untere, das Knaufende
des Griffes freibleiben, die Faust möglichst nahe
der Parierstange sitzen. Nur so hat der Fechter
das Schwert in seiner vollen Gewalt. Am besten
betont diese Griffhaltung das spätgotische Ritter-
schwert, wenn es seinen alten Griffbelag trägt-
Hier hat überhaupt nur die der Parierstange
nächstgelegene Griffpartie richtige Griffdicke;
nach dem Knauf hin verdünnt sich der Griff
so sehr, dafs eine Faust ihn dort überhaupt
nicht packen kann (vgl. z. B. diese Zeitschrift
II. Bd. Abb. S. 50, IV. Bd. Abb. 298 S. 340). Alles
dies ist den Lesern dieser Zeitschrift allgemein
bekannt; ich sage es nur als „Beitrag zur Psycho-
logie des Schwertgreifens“ — und als Einleitung
für meine weiteren diesbezüglichen, übrigens recht
kurzen Mitteilungen.


Dafs es aber auch Leute gibt, die das eben
Gesagte nicht wissen — auch, abgesehen von
Frauen — Männer, Sammler, sogar Waffensammler,
beweisen mit neuem Griffbelag versehene gotische
Schwerter, die ich in älteren Waffensammlungen
sah, und die nicht nach Art der gotischen Stofs-
schwerter aus Mainz und Schwarzburg in der
eben gekennzeichneten Form ihren neuen Griff-
bezug, sondern nach Art der Zweihänder auf

die ganze Grifflänge gleich breite Griffverschalung
erhalten hatten. (Beim Zweihänder hatte die bis
zum Knauf reichende gröfsere Griffdicke natur-
gemäfs ihre volle Berechtigung, weil hier ja Raum
und Stoff sein mufste, damit am Griff zwei Hände
zugreifen konnten.)
Es ist auch aus einem andern Grunde nütz-
lich, auf diese Fragen etwas hinzuweisen, weil
unsere Künstler in dieser Richtung nur zu oft
sündigen. In Theatern sieht man gelegentlich
Ritter und Knappen ihre grimmen Schwerter in
wenig sachgemäfser Weise, mehr in der eingangs
geschilderten „Frauenart“ führen. Und gar unsere
zeichnenden Künstler sündigen in dieser Hinsicht
nicht minder, erst recht in dieser Kriegszeit, wo
sie alle möglichen Ritter als Symbole der Wehr-
kraft darzustellen belieben und diesen Rittern in
oft ganz unmöglichen Rüstungen Schwerter von
unmöglicher Gröfse und mit unmöglichen Einzel-
proportionen in die Hand geben. Da wäre es wohl
nützlich und für die werdenden Gemälde, Medaillen,
Plaketten etc. erspriefslich, wenn das oben Gesagte
beherzigt würde. Ich fürchte nur, dafs gerade
die, die es angeht, meine Worte nicht hören,
diese Zeitschrift nicht lesen, nicht einmal dem
Namen nach kennen. — Doch wo soll man da
Besserung erhoffen, wenn nicht einmal von uns
näher stehenden Leuten die elementarsten Regeln
der modernen historischen Waffenkunde beachtet
werden? Da sah ich kürzlich die Photographie des
Rittersaales der dem Verein zur Erhaltung deut-
scher Burgen gehörenden Marksburg bei Brau-
bach am Rhein. Und was sieht man da? Ritter-
rüstungen, Reiterrüstungen, die sich auf regel-
rechte Zweihänderschwerter’ stützen. Das pafst
zusammen wie ein Turnier-Stechhelm auf einen
gotischen Bogenschützen, wie ein Feuerwehrhelm
auf eine Landsknechtsrüstung, wie ein Lands-
knechtspiefs in die Hand eines Feuerwehrmannes,
wie ein derber Knüppelstock zu einem Mann in
Frack und Zylinder. Man sollte glauben, die
Zeiten seien endgültig vorbei, wo in den Waffen-
hallen romantischer Ritterburgen solch sinn-
widrige Zusammenstellungen zu sehen waren.
Doch zurück zum Schwertgriff und zwar im
Sinne des Schwertgriff-Anfassens.
Im Gegensatz zu den erwähnten Schwertern
mit sehr langem Griff stehen diejenigen mit auf-
fallend kurzem Griff. Man findet sie nicht blofs
an den Bronzeschwertern der Bronze- und Hall-
 
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