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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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10./11. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0374

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354

LITERATUR

VIII. BAND

LITERATUR
8 .- —»

Bashford Dean, Helmets and Body armor in
modern warfare. The Metropolitan Museum
of Art. New Haven 1920.
Unter den vielen technischen Überraschungen und Er-
rungenschaften, die der Weltkrieg gebracht hat, ist die
Wiederaufnahme der Schutzwaffe, Helm und Panzer, von
Anfang an besonderer Teilnahme begegnet. Der Stahlhelm,
hundertmal in symbolische Bildhaftigkeit erhöht, in monu-
mentale Darstellung gezogen, ist ja über den Krieg hinaus
ein unentbehrliches Uniformstück des deutschen Soldaten
geblieben, und seine Popularität scheint heute unantastbar.
Weniger deutlich ist die mannigfache Erscheinung des
Körperschutzes, des Brustharnisches oder des Schildes, in
das Empfinden des Volkes, selbst des am Kampfe persön-
lich beteiligten, bergegangen. Die Zusammenhänge dieser
neuen Waffenstücke mit denen der kriegerischen Vergangen-
heit sind in kleineren Studien oft untersucht und dargestellt
worden. So hat man wiederholt die Entwicklung, die im 17.
und 18. Jahrhundert zu ihrem Ende gelangt war, mit den
Schöpfungen der Gegenwart zu verbinden versucht, hat
bewufste Atavismen entdeckt und gepflegt, und den jahr-
hundertelangen Kampf der Feuerwaffe mit der eisernen
Haut des Geharnischten in neuen, eigenartigen Formen
wieder auf leben sehen.
Es ist einem Amerikaner Vorbehalten geblieben, die
Gesamtheit der technischen Probleme, die in der Forderung
nach einer wirklich befriedigenden Schutzwaffe für den
Krieger der Gegenwart enthalten sind, zum erstem Male
in einer umfassenden, kritischen Untersuchung darzustellen.
Dr. Bashford, Dean, der Kurator der hervorragenden Waffen-
sammlung im Museum von New-York, dessen wissenschaft-
liche Arbeiten, die Kataloge und Handbücher seines Mu-
seums vor allem, auf der Höhe der Forschung stehen, hat
in dem vorliegenden Buche das Ergebnis der Studien ge-
zogen, die er während des Krieges den Schutzwaffen der
beteiligten Völker gewidmet hat. Als Vorsitzender eines
Ausschusses von Gelehrten und Technikern, den die
amerikanische Regierung mit der Ausarbeitung von Vor-
schlägen für die Fabrikation von Schutzwaffen betraut hat,
war er imstande, nicht nur das vorhandene Material in
vollem Umfange zu studieren, sondern zahlreiche praktische
Versuche über die Widerstandsfähigkeit, das Gewicht, die
Arten der Herstellung, die Verwendbarkeit, die Kosten
selbst zu leiten und zu prüfen. Naturwissenschaftlich und
historisch gleicherweise geschult, baut er seine Arbeit auf
einem kurzen Abrifs der Geschichte der Schutzwaffe, insbe-
sondere des Helmes und Brustharnisches aus. Dabei wird die
Waffe nicht als Gegenstand formaler Entwicklung, sondern in
ihrem Verhältnis zu dem Angreifer und seinem Werkzeug,
zu ihrem Hersteller, als technisches Erzeugnis, und zu
ihrem Träger, als Probe auf seine physische Kraft, dar-
gestellt. Eine genaue Kenntnis der Denkmäler, die sich
der Verfasser auf jahrelangen Reisen durch alle europä-
ischen Waffensammlungen angeeignet hat, erlaubt ihm,
eine Gewichtstabelle der hauptsächlichsten Typen aufzu-
stellen, wie sie bisher noch nicht veröffentlicht worden ist.
Über die überraschend zahlreichen Versuche einer Panze-
rung für den einzelnen Mann im 19. Jahrhundert, wobei
sogar die kecke Erfindung des australischen Buschräubers
Ned Kelly gewürdigt wird, gelangen wir zu dem grofsen Krieg
und seinen Schöpfungen. Die Franzosen haben hier wohl
als erste einen Helm erfunden und benutzt, und General

Adrian darf das Verdienst für sich in Anspruch nehmen,
die entscheidenden Versuche angestellt und auf den Wert
der Schutzwaffe hingewiesen zu haben. Eine Statistik über
die Lokalisation der Schufswunden am menschlichen Körper
(S. 71) unterstützt die Forderung nach einer widerstands-
fähigen Bedeckung der empfindlichen Teile. Der Haupt-
teil des Buches ist einer Darstellung der Schutzwaffe bei
zehn der wichtigsten Nationen des Krieges gewidmet. Die
hervorragendsten Typen werden auf ihren technischen
Werdegang hin untersucht, ihr Gewicht, Form, Futter, ihre
Verbesserungsmöglichkeiten, ihrWert für den einzelnen Mann
und für die Taktik eingehend behandelt. In Frankreich ist
das praktische Ergebnis verhältnismäfsig unbefriedigend
geblieben. Wenn wir erfahren, dafs der sehr leichte und
widerstandsunfähige Helm der Pioupious in etwa 70 ein-
zelnen Etappen hergestellt worden ist, wenn wir von den
zahlreichen Versuchen Dunands u. a. lesen, durch Beigabe
eines Visieres den Helm brauchbarer zu machen, dürfen wir
mit um so gröfserem Stolz auf unseren deutschen Stahl-
helm, seine ausdrucksvolle Form, seinen hohen praktischen
Wert blicken. Auch Dean erkennt die Überlegenheit des
deutschen Helmes ausdrücklich an. Die Engländer haben
sich am eifrigsten mit der Schaffung eines guten Brust-
panzers beschäftigt, und aufser den Platten auch Schuppen,
Kompositionen aus Seide, Filz, Leder u. a. verwendet.
In Italien interessiert die Verwendung einer Brustplatte als
transportables Schutzschild, in Portugal die Kanelierung
des Eisenhutes; von den kleineren neutralen Völkern hat
die Schweiz eine merkwürdig romantische, auf die Sturm-
haube des 16. Jahrhunderts zurückgehende, Spanien sogar
eine neue Form derZischägge oder polnischen Schlaghaube,
mit geschobenem Nackenscfiutz und beweglichem Nasen-
eisen, geschaffen. Die hohe technische Gewandheit der Ja-
paner kommt in ihren Versuchen mit Kettenpanzerschutz,
rundem Kürafs und dergleichen zum Ausdruck. Wie gründ-
lich man sich dann in Amerika selbst, unter des Verfassers
eigener Teilnahme, mit den hier vorliegenden Problemen
beschäftigt hat, erfahren wir in Abschnitt V. Die Form
des Helmes schliefst sich zwar deutlich der des englischen
Heeres an, aber in der Fabrikation, durch höchste Verein-
fachung des Pressens in Stahl, und in der Ausbildung des
Visiers, des Arm- und Beinschutzes, in den Versuchen mit
Schuppenpanzerung u. a. geht das Land, dessen wirtschaft-
licher Wohlstand ihm einen bevorzugten Platz unter den
kriegführenden Nationen gesichert hat, mit gröfster Energie
seine eigenen Wege. Über die sorgfältigen Schufsproben,
denen, den bekannten Epreuven der älteren Perioden gleich,
die Helme und Panzer ausgesetzt wurden, wird hier aus-
führlich berichtet. Im Anschlufs daran beschäftigt sich das
Werk mit den metallurgischen Untersuchungen der che-
mischen Eigenart des alten Waffenstahls, ohne dabei frei-
lich den Geheimnissen der Plattner auf die Spur kommen
zu können, die der Oberfläche des Harnisches eine auf-
fallende Härte zu verleihen verstanden haben. Als Er-
gebnis seiner Arbeit spricht der Verfasser die Hoffnung
auf eine wachsende Schätzung der Schutzwaffe,- besonders
des Brustharnisches, für künftige Kriege aus.
In dem stattlichen Quartband mit seinen 239 Abbil-
dungen, dessen musterhafte Ausstattung fast Neid erweckt,
steckt ein beachtenswertes Mafs von Fleifs und Sachkennt-
nis — aber, mehr als das, eine hingebende Liebe zu seinem
Gegenstand, die vielleicht nur denjenigen ganz deutlich
wird, die, wie Referent und manche seiner Freunde, dem
amerikanischen confrere-es-armes persönlich nahegetreten
sind. Einige kleine Ausstellungen sollen nicht verschwiegen
werden. So scheint die bekannte Stelle über Davids Waffen-
probe aus dem 1. Buch Samuelis (S. 29) trotz allen Scharf-
 
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