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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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5./6. Heft
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174

LITERATUR

VIII. BAND

■ —
LITERATUR

I. Dr. Rudolf Wegeli: Der Schweizerdegen.
Mit 4 Abbildungen im Text und 4 Tafeln.
(Beilage zum Jahresbericht des Historischen
Museums in Bern. 1910.) Buchdruckerei
K. J. Wyfs, Bern 1911.
II. Derselbe: Die Bedeutung der schweizerischen
Bilderchroniken für die historische Waffen-
kunde.
1. Tschachtlan 1470. Mit 7 Abbildungen
im Text und 7 Tafeln.
2. Die zwei ersten Bände der amtlichen
Berner Chronik von Diebold Schilling
1474—1478. Mit 6 Abbildungen im
Text und 5 Tafeln. (In den Jahres-
berichten des Historischen Museums
in Bern 1915 bzw. 1916.) Buchdruckerei
K. J. Wyfs. Bern 1916 bzw. 1917.
III. Derselbe: Inventar der Waffensammlung des
bernischen Historischen Museums in Bern.
Schutzwaffen. Mit 11 bzw. 14 Abbildungen
im Text und 3 bzw. 3 Tafeln. (In den
Jahresberichten des Historischen Museums
in Bern 1916 bzw. 1917.) Buchdruckerei
K. J. .Wyfs Erben. Bern 1917 bzw. 1918.
Auch in diesen Werken zeigt sich der Verfasser, dem
wir bereits die wertvolle gröfsere Abhandlung über die „In-
schriften auf mittelalterlichen Schwertklingen“ verdanken ’),
auf Grund seiner eingehenden Untersuchungen und histo-
rischen Forschungen als genauer Kenner der mittelalter-
lichen Schweizerwaffe. Aus der Fülle des von ihm jetzt
Gebotenen erhalten wir von neuem einen deutlichen Be-
griff von der praktischen Bewaffnung des schweizerischen
Fufsvolks jener Zeit, dessen vollkommene taktische Aus-
bildung und geniale Kriegskunst dem Scharfblick Kaiser
Maximilians I. als Vorbild für seine Neuschöpfung der
deutschen Landsknechte gedient hat.
Wesentlich erhöht wird der Wert der Wegelischen
Ausführungen durch die beigegebenen vortrefflichen Zeich-
nungen des bekannten Berner Malers und Heraldikers
Rudolf Münzer, sowie durch die photographischen Tafeln
mit Abbildungen der beschriebenen Originalstücke bzw.
von Schlachtendarstellungen nach den Originalen der
alten Bilderchroniken.
Im nachfolgenden sei nur kurz auf den reichen Inhalt
dieser Einzelschriften hingewiesen.
I. Als Vorgänger des sogenannten Schweizer-
degens ist der, weniger durch seine gewöhnlich flache
Klinge, als durch die eigentümliche Form seines Griffes
sich auszeichnende Sch weizer dolch zu betrachten, der
als eigentliches Charakteristikum der schweizerischen Be-
waffnung auf zahllosen bildlichen Darstellungen erscheint
und dessen Entwicklung sich bis in das 13. Jahrhundert
verfolgen läfst. An die Stelle von Parierstangen und Knauf
sind zwei in entgegengesetzter Richtung mehr oder

*) Siehe Ztschr. für hist. Waffenkunde, Band III,
S. 177, 218, 261 und 290.

weniger stark gebogene Scheiben oder Balken getreten, an
die sich das aus einem Stück geschnittene Griffholz an-
schmiegt, wobei die Ausladung des Griffes an der Klinge
meist etwas gröfser ist als am Knaufe. So stellt sich diese
seltene Waffe im 16. Jahrhundert dar. Im vorhergehenden
15. Jahrhundert erscheint nur die Parierscheibe häufig hohl
gebildet und nach der Klinge zu vorgetrieben, um dem
Griff holz einen besseren Halt zu gewähren, während bei
den ganz frühen, bis in das 13. Jahrhundert zurückreichenden
Formen der wenig über die Klinge vortretende Parier-
balken nicht im entgegengesetzten Sinne zur Knautscheibe,
sondern sanft der Klinge zugebogen und an den Enden
verdickt ist.
Durch die Verlängerung der Klinge entsteht aus
dem Schweizerdolch der" noch seltenere Schweizer-
degen, dessen Übergangsform eine starke Gratklinge zeigt,
während der ausgebildete Degen, seinem Charakter als
Hiebwaffe entsprechend, oft mit einer flachen Klinge, in
den seltensten Fällen sogar mit einer ausgesprochenen
Schwertklinge ausgestattet ist, so dafs von einem
Schweizerschwert als einem besonderen Typus ge-
sprochen werden kann2). Zu den historisch interessantesten
Stücken dieser Gattung gehören der Degen Vadians vom
Jahre 1500 im Historischen Museum in St. Gallen, sowie
die zwei Degen in den Kirchen von Kerns und Wolfen-
schiefsen, die eine glaubhafte Tradition mit Nikolaus von
Flüe (1464) und dessen Enkel, Bruder Conrad Scheuber
(spätestens 1544), in Verbindung bringt.
Was die zeitliche Fixierung der Entwicklung des
Schweizerdegens aus dem Schweizerdolch betrifft, so ist
Dr. Wegeli der überzeugende Nachweis geglückt, dais
dieser Übergang ungefähr mit der Entstehungszeit der Berner
Bilderchroniken zusammenfällt und jedenfalls nicht viel
früher als 1470 anzusetzen ist.
Im Historischen Museum in Bern sind die vorgenannten
Formen des Schweizerdolches in sieben, die des Schweizer-
degens bzw. -Schwertes in neun Exemplaren vertreten, welche
auf drei Tafeln der Wegelischen Abhandlung gut zur Dar-
stellung gelangen.
Zu II. Ist uns in dem vorbesprochenen Werke des
Verfassers die Beschreibung einer einzelnen Spezialwaffe
gegeben, so bildet die nachfolgende Arbeit desselben in
dem Jahres bericht von 1 9 1 5 den Anfang einer gröfseren
Untersuchung über die Bedeutung der schweizeri-
schen Bilderchroniken fürdie historische Waffen-
künde und speziell für die Kenntnis der Entwicklung und
Formgestaltung der gesamten in der Schweiz gebräuch-
lichen Schutz-und Trutzwaffen im Laufe des 15.und 16.Jahr-
hunderts.
1. Den Beginn macht die umfangreiche Gruppe der
Berner Chroniken des 15. Jahrhunderts, und zwar zu-
nächst die. 1470 geschriebene älteste schweizerische Bilder-
chronik, die nach dem Venner und Ratsherrn Benedikt
Tschachtlan (f 1493) benannt ist, welchem nach dem Text
des Vorsatzblattes die Herstellung der 230 kolorierten Feder-
zeichnungen zuzuschreiben ist. Von letzteren gibt das
Wegelische Werk auf sieben photographischen Tafeln fol-
gende Darstellungen wieder: die Einnahme von Wimmis,
Schlacht bei Morgarten, Einnahme von Strettlingen, Be-
lagerung von Wimmis, das Gefecht bei Ins, dieVerschwö-

2) Gleichsam ein Gegenstück zu dieser charakte-
ristischen Schweizerwaffe bildet der von Dr. E. A. Gefsler-
Zürich in der Ztschr. für hist. Waffenkunde Band VI,
S. 264 und 303 näher beschriebene Schweizer säbel,
dessen Entwicklung sich jedoch erst vom 16. bis in das
17. Jahrhundert nachweisen läfst.
 
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