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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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5./6. Heft
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0189

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5./6. HEFT

FACHNOTIZEN

169

I FACHNOTIZEN

Zur Datierung der Braunschweiger „Faulen
Mette“. F. M. Feldhaus macht in Heft 3/4, S. 83
dieser Zeitschrift Mitteilung von einem Funde,
der ihm beweist, dafs die bekannte „Faule Mette“
nicht im Jahre 1411, sondern erst hundert Jahre
später, 1511 gegossen ist. Essenwein, der in
seinen „Quellen zur Geschichte der Feuerwaffen“
die Nachbildung eines Kupferstiches vom Jahre
1728 bringt, soll durch die Angabe des Stechers
verführt worden sein, als Entstehungsjahr 1411 zu
nennen, „obwohl die Ornamente auf das Ende des
fünfzehnten .Jahrhunderts schliefsen lassen“. So
Feldhaus.
Wenn es schon bedenklich erscheinen mufs,
aus den sehr wenigen Ornamenten, die der ziem-
lich handwerksmäfsige Stich von 1728 erkennen
läfst, das Jahr des Gusses unseres Stückes um
hundert Jahre später legen zu wollen als die auf-
gegossene Inschrift unzweifelhaft besagte, so
sollte man einem Forscher wie Essenwein gegen-
über doppelt vorsichtig sein, ehe man glaubt, ihm
einen Irrtum-nach weisen zu können, Essen wein
hat gewifs auch die archivalischen Nachrichten,
die in Braunschweig noch in erfreulicher Reich-
haltigkeit über das grofse Prunkstück der Stadt
zu finden sind, zum gröfsten Teile gekannt und
sie benutzt. Ob ihm auch die Funde des Stadt-
archivars Eläuselmann schon bekannt waren, weifs
ich nicht. Unter diesen befindet sich der Vertrag
des Rates mit dem Meister Henning Bussen-
schutte vom 12. November 1411, wonach Meister
Henning sich verpflichtet, mit Hilfe des Meisters
Bertold von Melverode (ein Dorf vor Braun-
schweig) eine grofse Büchse zu giefsen, nachdem
ein früherer Gufs mifslungen war. An diesem
Vertrage hängt noch das Siegel des Meisters
mit der Umschrift: „sig. mester henning bussen-
schutte“ und mit jener Hausmarke im Siegelfelde,
die auf der Büchse zweimal in verschiedener
Grofse angebracht war. Wer sich näher über
diese bemerkenswerte Büchse unterrichten will,
sei auf die fleifsige Arbeit des Oberstleutnants
Meier über „die Artillerie der Stadt Braunschweig“
im 30. Bande der Zeitschrift des Harzvereins für
Geschichte und Altertumskunde vom Jahre 1897,
Seite 43 u. ff. -verwiesen.
Hier kam es mir nur darauf an, festzustellen,
dafs die „Faule Mette“ tatsächlich im Jahre 1411
in Braunschweig gegossen ist und dafs der Vor-
wurf, etwas leichtfertig und unkritisch die „Faule
Mette“ datiert zu haben, Essenwein am wenigsten
trifft. Wenn. Herr Feldhaus die „Merkwürdigen

Reisen durch Niedersachsen etc.“ des Herrn von
Uffenbach weiter verfolgt, dann kann er noch
manche Stelle finden, die erhebliche Bedenken
auslöst und doch wird es gut sein, nicht auf seine
Angaben zu schworen, denn wer so viel und so
gern schreibt und abschreibt, der verhaut sich
auch leicht mal. Robert Bohlmann.
Paternosterklinge. In der Kritik meiner Ab-
handlung über den Schatz an alten Waffen im
Rathaus zu Emden (Vgl. Ztschr. f. hist. Waffenk.
III., S. 112) regte Karl Koetschau an, den vor-
läufig noch ganz rätselhaften Ausdruck Pater-
nosterklinge fallen zu lassen und durch eine
der Eigentümlichkeit der Schlifftechnik Rechnung
tragende Umschreibung zu ersetzen. In dem
Deutschen Wörterbuch von Moriz Heyne (Leip-
zig, 1906, S. Hirzel) finde ich nun unter dem Schlag-
wort Paternoster die Bedeutung dieses Wortes
im übertragenen Sinn wie folgt angegeben:
„ . . . Bezeichnung einer Schnur oder Reihe
schlechthin. Übertragung auf Paternosterähnliches.
In Bayern heifsen so die einzelnen Wirbel des
Rückgrates; in der Baukunst der Perlenstab.“
Wenn wir uns vergegenwärtigen, dafs die Tief-
schliffe äuf den Flächen von. Paternosterklingen
ja auch einer Kette von mehr oder weniger eng
aneinander gereihten Perlen vergleichbar sind,
so erklärt sich nun der aus der Architektur, der
Technik (Paternosterwerk) in die Waffenkunde
herübergeholte Ausdruck Paternosterklinge ganz
zwanglos, jedenfalls natürlicher als die auch von
Boeheim (Handbuch d. Waffenkunde, S. 264) stark
angezweifelte romantische Erklärung: „Der in der
Nacht den Rosenkranz betende Söldner habe an
den eingeschliffenen Vertiefungen seiner Klinge
durch das Tastgefühl die Anzahl der von ihm
gebetenen Vaterunser . gezählt.“ Es ist nun kein
Grund mehr vorhanden, den kurzen Ausdruck
Paternosterklinge durch eine vielleicht weniger
bestimmte Umschreibung zu ersetzen.
Otmar Baron Potier.
Vom Schwertgriff: der „Daumenring“.
R. Forrer hatte in seiner Studie „vom Schwert-
griff“ Heft 1/2, S. 22 die Behauptung aufgestellt,
dafs „Boeheim wie Demmin“ den an der Wurzel
mancher Schwertklingen auftretenden Ring irr-
tümlich „Daumenring“ nennen, und diese seine
Behauptung durch den Hinweis auf Boeheims
Erläuterung zu der Abbildung 280 auf der Seite
244 in der „Waffenkunde“ gestützt. Nun: Der Herr
Doktor turniert hier gegen eine Behauptung,
welche Boeheim nie gemacht hat. Boeheim
nennt nämlich in der von Dr. R. Forrer angeführ-
ten Erklärung zu der Abbildung 280 den frag-
' 22 -
 
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