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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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10./11. Heft
DOI Artikel:
Horwitz, Hugo Theodor: Zur Entwicklungsgeschichte der Armbrust
DOI Artikel:
Schmid, Wolfgang Maria: Passauer Waffenwesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0337

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10./11. HEFT

W. M. SCHMID, PASSAUER WAFFENWESEN

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gefunden; es ist jedoch fraglich, ob die „Bogen“
(arcus) genannten Vorrichtungen Selbstschüsse
oder mechanische Schlingen (Schwippgalgen)
waren. Jedenfalls steht die Handarmbrust zur
Zeit der Kreuzzüge sicher in Verwendung, und
das Armbrustgeschütz war in Europa zur Re-
naissancezeit unbedingt bekannt. Über die ste-
tige Entwicklung der Handwaffe im Abendlande,
über ihre allmähliche Verbesserung und über
ihren späteren Verfall herrscht ziemliche Klar-
heit. Es liegt hierzu reichliches Material vor
und wir besitzen hierüber bereits eine Anzahl
eingehender und teilweise recht guter Dar-
stellungen. Aber auch hier gibt es noch unge-
löste Fragen, wie z. B. die Bedeutung der Repe-
tierarmbrust französischen Ursprungs aus dem
18. Jahrhundert im Berliner Zeughaus (s. Bd.VII,
S. 176) oder die Herkunft der Bauart unserer
heutigen als Kinderspielzeug verwendeten Arm-
brüste, die sich in ihrer Abziehvorrichtung häufig
von den früher praktisch verwendeten unter-
scheiden.
Weit verwickelter wird jedoch das Problem,
wenn wir uns den aufsereuropäischen Ländern
zuwenden. Da fehlt uns beispielsweise über die
Entwicklung und allmähliche Verdrängung der
Armbrust im islamischen Kulturkreis jede Kennt-

nis, und über die Zeiten derVerbreitung der Waffe
in verschiedenen anderen Gebieten herrscht volle
Unklarheit. Liier hat vor allem auch die typen-
vergleichende Methode einzusetzen. Denn es ist
keineswegs gleichgültig, ob die afrikanische Arm-
brust Anklänge an die portugiesische oder an die
skandinavische Form aufweist, und es erweckt
immerhin einige Aufmerksamkeit, wenn diese
Waffe in Amerika, dessen Eingeborene die Arm-
brust niemals verwendeten, während der letzten
Jahrzehnte in Surinam (an. der Nordküste von
Südamerika) und in Grönland nachgewiesen wurde.
Endlich wird zu beachten sein, dafs das Arm-
brustprinzip im verflossenen Weltkriege als Granat-
und Mienenwerfer wieder eine neue Auferstehung
feierte. * *
*
Die vorstehenden Ausführungen wollen nicht
als unbewiesene Behauptungen, sondern als
Anregung genommen sein. Selbst wenn ein-
gehendere, die Einzelheiten genau gegeneinander
abwägende Untersuchungen die Unrichtigkeit eini-
ger hier entwickelten Annahmen erweisen sollten,
so hätte diese Arbeit ihre Aufgabe im Sinne einer
unvoreingenommenen Geschichtsschreibung, durch
die Aufwerfung der Probleme und der damit ver-
anlafsten Durchführung ihrer Lösungen erfüllt.

Passauer Waffenwesen
Von W. M. Schmid.

I. Die Messerer.
ie in Band III, S. 312h, begonnene Be-
schreibung der Passauer „Klingenindu-
strie“ hat durch inzwischen gemachte Ur-
kundenfunde1) eine so wesentliche Erweiterung
und Klärung erfahren, dafs ich sie als veraltet
erklären mufs. Vor allem ist die dort ange-
nommene Identität von Messerern und Klingern
unrichtig.
In den meisten Städten ist ja der Messerer
auch Erzeuger von kurzen und langen Klingen
und unterscheidet sich oft nur wenig vom Schwert-
schmied. In Passau aber ist das Verhältnis ganz
anders. Da sind die Messerer (nachstehend ab-
gekürzt M.) in erster Linie Händler, erst in
‘j Im bayr. Reichsarchiv München, Kreisarchiv Lands-
hut und Stadtarchiv Passau. Herr Dr. H. Stöcklein hat mir
freundlicherweise -auch Auszüge aus den Stadtarchiven
Augsburg und München zur Verfügung gestellt, welche im
nachstehenden mit St. bezeichnet werden sollen.

zweiter Linie Handwerker, haben aber auch als
solche mit der Anfertigung der Klingen nichts
zu tun, sondern machen sie blofs durch Beigabe
von Griffen und Scheiden verkaufsfertig.
Schon um 1200 mufs sich eine gewisse Zahl
solcher M. nach damaliger. Sitte geschlossen in
einer Gasse der (Alt-)Stadt niedergelassen haben.
Gerade der günstigen Verkaufsgelegenheit wegen
wählten sie hierzu die Gasse, welche nördlich des
Domes mit seinen Anbauten — südlich lag die
fürstbischöfliche Residenz — auf den alten Markt-
platz mit seinen Kramläden, Fleisch- und Brot-.
Länken zuführte; sie wurde .nach einer dort lie-
genden kleinen (1742 abgebrochenen) Kirche
Margarethengasse, aber auch unter den
Messerern (heute grofse Messergasse) genannt.
1256 wird schon ein Brottisch „bei den M.“ er-
wähnt2). Frühzeitig , müssen sie sich von dem
2) R(eichsarchiv) A(rchiv München), G(erichts) Urkun-
den) Passau.


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