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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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5./6. Heft
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W. Gohlke: *17. September 1838 in Berlin - zu Bernkastel-Cues 16. Januar 1919 †
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0197

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w. Gohlke

17. September 1838 in Berlin — zu Bernkastel-Cues 16. Januar 1919 f

Major Gohlke hat unseren Kreis verlassen. Bis zum letzten Tage geistig frisch und
regsam, war es ihm vergönnt, dem inneren Drange folgend, bis zu seinem Lebensende
still und stetig weiter zu arbeiten, bis ihm, dem mehr als Achtzigjährigen, ein sanfter Tod die
Feder aus der fleifsigen Hand nahm. Gohlke. besafs ein umfassendes Wissen der Waffen-
kunde. Erworben war dieses durch das eigene Erleben von deren grofser Entwicklung,
die mit dem Auftreten der gezogenen Hinterladewaffen einsetzte, und dann durch seine
historische Beanlagung, die kein Geschehnis vorübergehen liefs, ohne den Ursachen
dafür nachzuforschen. Den Grund zu dieser ernsten Geistesrichtung hatte in ihm das
Militär-Knabenerziehungsinstitut zu Annaburg gelegt, dem die Armee und der Staatsdienst
so viele tüchtige Männer verdankt. Elfjährig dort aufgenommen, trat er, noch nicht
achtzehnjährig, bei der ersten reitenden Batterie des 8. Artillerieregiments als Dreijährig-
Freiwilliger ein. Als Feuerwerker vor Düppel wurde er mit dem inneren Wesen des
Neuwerdens der Waffen in der Feuerprobe des Krieges genau vertraut Bei der Schaffung
des besonderen, eben durch diese neueste Waffenentwicklung notwendig gewordenen
Berufsstandes der Feuerwerksoffiziere gehörte Gohlke zu den ersten, die am 21.Januar
1868 hierzu ernannt wurden. Vielfach wechselnde Dienststellungen boten immer neue
geistige Anregung. 1895 als Feuerwerkshauptmann aus dem aktiven Dienste ausge-
schieden, erhielt er 1912 den Charakter als Feuerwerksmajor. Wie 1914 das Vaterland
rief, stellte er, der Mann der strengen Pflichterfüllung, trotz seiner sechsundsiebzig Jahre
seine Erfahrung und sein Können noch einmal in den Dienst. Der zweite harte Kriegs-
winter in dem rauhen Klima von Thorn zwang ihn dann zu erneutem Rücktritt.
Die Wissenschaft hat ihn sein Lebenlang begleitet. Mit eisernem Fleifse hat er
dauernd an seiner geistigen Aus- und Fortbildung gearbeitet. In erster Linie auf den
Gebieten, auf die ihn seine besondere Berufstätigkeit hinführte. Aber nicht nur für sich.
Er hielt sich verpflichtet, auf den Kreis des Feuerwerkskorps weiter bildend einzuwirken,
er war bemüht, den' wissenschaftlichen Sinn, dem das Korps der Feuerwerksoffiziere sein
Bestehen verdankte, dauernd zu fördern und zu erhalten. So entstanden die vielfachen
Aufsätze in den „Mitteilungen für die ehemaligen Mitglieder des Feuerwerkspersonals“,
alle voller Anregung, voll reicher Belehrung, Zeugnisse gründlicher, gewissenhafter Arbeit.
So wurde Gohlke, ohne es gewollt zu haben, zum Schriftsteller. Die Neuaufstellung und
Katalogisierung der Geschützsammlung des Berliner Zeughauses gaben ihm die Gelegenheit,
sein Wissen zu verwerten, es gleichzeitig zu vertiefen. Zeugnis davon legt ab die in
der Sammlung Göschen erschienene „Geschichte der gesamten Feuerwaffen bis 1850“, •
wo auf wenig Seiten zusammengedrängt eine klare, lückenlose, geschichtliche Darstellung
des Entwicklungsganges der Feuerwaffen geboten ist. In weiten Kreisen ist gerade durch
dieses kleine Werk erst das Verständnis für diese Fragen aufgegangen. „Die blanken
Waffen und die Schutzwaffen“ folgten bald darauf. Zahlreich sind die Arbeiten, die er
der Zeitschrift für historische Waffenkunde beisteuerte. Besonders sei hingewiesen auf
„Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters“ in Band V und VI, mit seiner
Fülle von Einzelnachrichten, immer kurz und knapp gehalten, erschöpfend und doch den
Wunsch nach weiterer Behandlung erweckend.
Die Zeitschrift für Historische Waffenkunde verliert mit Gohlke einen ihrer
Mitarbeiter, dessen Gründlichkeit, Zuverlässigkeit bei allen Untersuchungen, dessen strenge
historische Wahrhaftigkeit und klares Abwägen musterhaft, als Vorbild, sicher als Grund-
lage für alle Weiterarbeit von dauerndem Werte sind und bleiben. Dem über alles
Mafs hinaus bescheiden sich Zurückhaltendem, dem streng wissenschaftlichen Manne ist
die gerechte Anerkennung und volle Schätzung seines Wertes auf lange Zeit gesichert.
Oft wird sein Urteil und seine Stimme vermifst werden bei den vielen Fragen der Ent-
wicklung der Artillerie, die ja vielfach, sich geradezu überstürzend, vor sich gegangen ist,
und die von den. noch Lebenden kaum ein zweiter so mit durchgemacht hat wie, im
Dienste früher, dann aber über diesen hinaus, der Feuerwerksmajor Gohlke. Ein dauerndes
Angedenken ist dem tätigen, und fördernden Mitgliede des Vereins für Historische -
Waffenku'nde gesichert, seine Arbeiten werden auch über diesen engen Kreis hinaus
ehrend den Namen Gohlke hochhälten. B. Rath gen.
 
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