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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

DOI Heft:
10./11. Heft
DOI Artikel:
Rathgen, Bernhard von: Eisenguß und Urkundenbuch der Waffengeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0363

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10./11. HEFT B. RATHGEN, EISENGUSS UND URKUNDENBUCH DER WAFFENGESCHICHTE

343

Eisenguß und Urkundenbuch der Waffengeschichte
Von Bernhard Rathgen

Den innigen Zusammenhang von Eisenguls
und Feuerwaffe hat Dr. Johannsens Auf-
satz „Die Anwendung des Gufseisens im
Geschütz wesen des Mittelalters und der Renais-
sance“ mit zwingender Klarheit nachgewiesen.
Wann und wo der Eisengufs erfunden wurde, ist
unbekannt, aber sicher ist, dafs die Büchsen-
meister die ersten Eisengiefser waren. Eine
Urkunde des Frankfurter Stadtarchives — R. S.
141 —, die zwar nicht datiert ist, wohl aber mit
Sicherheit in die Zeit „um 1400“, wahrscheinlich
genauer auf ,,1390—1400“ angesetzt werden darf,
lautet:
„Merckeln gast der bussenschütze
kan das nachgeschriben“
„Primo verdorbenes pulver widder brengen
in sine ersten materien daz die gut werde“
„Item Salpeter und saltz scheiden und zu
fynen“
„Item pulver zu machin daz 6ojare wert1
„Item er kan schiessen mit grossen und
deinen bussen“
„Item er kan dein hantbussen (uz jsen g)
und andere bussen uz jsen gieszen“
Das Eingeklammerte ist in der Urkunde durch-
gestrichen. Auf der Rückseite des Blattes steht,
von anderer Hand vermerkt: „merckeln gast
uzgeben“.
Das Nähere über diese Urkunde, die den
ersten Namen eines Eisengiefsers in Deutschland
nennt und die wahrscheinlich die älteste Nach-
richt über den Eisengufs selber enthält, ist, um
eine fachmännische Prüfung zu ermöglichen, in
der Zeitschrift „Stahl und Eisen“ 1920, Nr. 5
veröffentlicht worden. Für den Verein für Histo-
rische Waffenkunde enthält diese eine erneute
Mahnung, die Anlage eines Urkundenbuches
der Waffengeschichte nicht aus den Augen
zu verlieren.
Was hier VII, 306 darüber gesagt wurde, hat
heute mehr denn je seine volle Gültigkeit. Wieder-
holt seien nur die Leitsätze:
„Die Entwicklung des Waffenwesens steht im
engsten Zusammenhänge mit der Kulturentwick-
lung im allgemeinen; sie übt auf den Gang der
Weltgeschichte einen bedingenden Einflufs aus.
Das Auftreten der Feuerwaffen hat eine der
gröfsten Umwälzungen im Leben der Völker, in

deren gegenseitigem Verhalten zueinander hervor-
gerufen.“
„Jedes neue technische Können, jeder. Fort-
schritt im Waffenwesen kennzeichnet sich in der
Verwertung der Waffen, beeinflufst deren Ver-
wendung auf dem Schlachtfelde, dann die Art
der Kriegsführung und damit die politische und
die soziale Geschichte.“
„Für jede Zeit gilt zur Beurteilung der Lei-
stungen (im Kriege) ein anderer Mafsstab, und
diesen für jeden Zeitabschnitt richtig zu zeichnen
ist die Aufgabe der Historischen Waffenkunde.
Klarheit und Sicherheit ist aber nur zu schaffen
durch das genaue Festlegen aller Einzelheiten,
durch ein Nachgehen auf die letzten und sichersten
Urkunden.“
Der eingangs genannte Aufsatz des Dr. Jo-
hannsen mit seinen reichhaltigen, geschichtlich
festgestellten, urkundlich gesicherten Nachrichten
liefs nur bedauern, dafs die Quellenangaben selbst,
dafs der Wortlaut aller dieser beweisenden Stellen
— wohl des Umfanges wegen — nicht gleich-
zeitigveröffentlicht wurden. Denn sicherlich hätten
diese auch weit über die Frage des Eisengusses
hinaus für die Entwicklung des Waffen wesens
in dem Zeiträume von 1400 —1550 reiche An-
regung und Belehrung geboten. Die Zeitschrift
„Stahl und Eisen“, in deren verschiedenen Jahr-
gängen diese Belege veröffentlicht sind, ist dem
gröfsten Teile des Leserkreises der Z. f. h. W.
unzugänglich. Fehlen doch selbst in grofsen
Bibliotheken derartige Fachzeitschriften. Und
dann, was durch viele Jahrgänge einer Zeitschrift
sich hindurchzieht, ist für eine weitere Bearbeitung
an sich schwer benutzbar. — Bei dem Festlegen
der von Dr. Johannsen gesammelten Quellen
handelt es sich um die Tätigkeit eines einzelnen
Forschers. Aber wie viele Nachrichten, die All-
gemeingut der Waffengeschichte sein müfsten,
bleiben den weiteren interessierten Kreisen un-
bekannt, gehen, nachdem sie durch einen glück-
lichen Zufall gefunden waren, wieder verloren.
Schuld ist daran die Scheu, mit einer einzelnen
an sich nicht bedeutend genug erscheinenden
Nachricht an die Öffentlichkeit heranzutreten, oder
dafs ein Zusammenkommen erst einer gröfseren
Anzahl derartiger Nachrichten abgewartet wird,
was dann aber nicht eintritt. —■ Das ändert sich
 
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