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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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1./2. Heft
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Mörtzsch, Otto: Reichshilfe gegen die Türken im Jahre 1523
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0044

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24

OTTO MÖRTZSCH, REICHSHILFE GEGEN DIE TÜRKEN IM JAHRE 1523

VIII. BAND

Reichshilfe gegen die Türken im Jahre 1523 *>
Von Otto Mörtzsch

Der Reichsfeind des 15. Jahrhunderts, dem die
Rüstungen der Stände galten, waren die
Hussiten. Im 16. Jahrhundert trat der Türke
auf den Plan und bedrohte bis zumEnde des 17. Jahr-
hunderts den Bestand des römischen Reichs deut-
scher Nation und damit den der abendländischen
Christenheit. Unter Suleiman (II.) dem Grofsen
(1520 —1566) breitete sich der „Brand Mohammeds“
immer weiter westwärts aus. Die beiden Mosien,
Dardania, Dalmatien, der gröfsere Teil von Illyriern
Liburnia — alles kam unter die Herrschaft des
Halbmondes. Die Eroberung von Griechisch-
Weifsenburg (Belgrad) und Semlin öffnete den
Weg zum Vormarsch in das Innere von Ungarn.
„Seit 150 Jahren hat dieses Land auf der Grenz-
•wacht der Christenheit gestanden, nun war es
dem völligen Untergange preisgegeben. Vom
Zusammenflufs der Sau und Donau kann der
Feind nach Belieben vorwärts stofsen. Bemächtigt
er sich noch der Theifs und der Donau, so hindert
ihn bis zum Rhein kein gröfserer Strom mehr,
und andere Bollwerke, wie unzugänglicheGegenden
und befestigte Städte, weifs er durch List oder
Mangel und Zerstörung derSaaten zu überwinden“.
Die Gefahr war grofs, es galt schnelles, ent-
schlossenes Handeln! Leider verhinderte dies die
eigentümliche Zusammensetzung des Reiches.
Erst mufsten die Stände — Fürsten, Grafen, Herren,
Reichsritter, Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Pröpste,
Äbtissinnen, Balleien, Städte— zusammenkommen,
beratschlagen, beschliefsen, natürlich mit gröfster
Umständlichkeit und unter Berücksichtigung aller-
möglicher Einwände und Forderungen. Zwei
Reichstage zu Nürnberg und eine dazwischen-
liegende Tagung zu Wien waren nötig, um die
Angelegenheit „ordnungsgemäfs“ zu erledigen.
Am 12. Februar 1522 erging das kaiserliche Aus-
schreiben, welches die Einberufung des ersten
Nürnberger Reichstages zum 23. März befahl.
Am 26. März wurde er eröffnet und am 30. April
der Abschied besiegelt. Die Tagung zu Wien
beanspruchte die Zeit vom 25. Mai bis zum 7. Juli .
1522. Der zweite Reichstag zu Nürnberg sollte
am 1. September beginnen, konnte aber erst wegen
zu späten Erscheinens vieler Reichsstände und
ihrer Abgeordneten am 17. November eröffnet
werden, und dauerte bis zum 9. Februar 1523.
An diesem Tage erfolgte die .Verlesung des Ab-
’) Bearbeitet auf Grund der Deutschen Reichstagsakten,
Jüngere Reihe, III. Bd., 1901, bearbeitet von Adolf Wrede.

schiedes, der aber von den Ständen nicht an-
genommen wurde: unter Protest verliefsen sie
Nürnberg. Einer der wenigen Reichsfürsten, die
pflichteifrig und zielbewufst an der Lösung der
schweren Aufgabe arbeiteten, war Herzog Georg
von Sachsen’2).
2) Schon seine beiden früheren Schreiben vom August
1518 und vom 25. August 1521 lassen erkennen, daß er nicht
nur die Türkengefahr in ihrer ganzen Größe erkannte, sondern
auch die richtigen Mittel zur Bekämpfung angewendet wissen
wollte: Flüssigmachung von Geldmitteln, auch der kirchlichen
und umfassende Reichshilfe.
„ ... Es seint och dy stende an zcweiffel, bebestlicher
.heilikett gmut und meynung sey nicht, deutcze lant und
das heylig reich an gelde und leutten so gar zcuerschepffen
vnd inen allein dy last vf zu legen, do doch gantczer kristen-
heit an glegen; der halben andrer nacion och ansuchen vnd
ir holff an leuten vnd gelt dor zcu gbrauchen. Des gleichen
italien, so in vorsammelung aller schatcz das haubt wer,
och anlegen, do mit ir schetcz zcu sulchem köstlichen werg
mögen noch nutcz gbraucht werden. Nicht weniger, so
seint sy gantczer zcunorsicht, bebestlich heilikeit werd dy
langen vorsamelten schetcz, so durch vil jubileii von allen
nacion erschaff, der gleich durch reichung der annaten, wy
das dy compactata vormogen, vorsammelt sein, och dar-
stregken, des gleichen dy collegia cardinalium vnd schetcz
der klerisey zcu rome och anlegen vnd taxiren lossen, do
mit dy selben och an dy end kommen, do sy egentlich zcu
ghorn, man suite dei durch wol wege finden, wy man dys
hefige werg worbrengen mog vnd villeicht mit weniger an-
lage, den man itzt bdengt.“. (Geschrieben zwischen 5. und
27. August 1518).
An Kaiser Karl V. „ . . . . denn wo der jung angeende
konig zu Hungarn mit macht nicht entsatzt wirdet, sein
alsdenn E. Ksl. Mt. erblande die nechsten im angriff, auch
Behmen, Merhern, Slesien und meine eygene erbland in
grosser fahre. Wiewol ich es dofur halt, das es von etlichen
mocht geacht werden, das die, so diser Sachen am nechsten
gesessen, die entsetzung thun solten, hat es doch zwene
grosse fehl und mengel. Für eins, das derselben aller macht
zu geringe ist und, wo sie etwas ein schaden nemen vnd
nyderlegen, were dodurch ir macht geringertund der feynde
gesterkt; für das ander, weyl nicht mit solcher macht darzu
gethan, das auch bey menschlicher achtung möglich sey,
des*Turcken macht zu widersteen, begebe sich nyemandes
gern aus seinem lande ader loß einiche macht daraus ziehen,
sundern gedenk, wie er sich erweren möge, und werde also
einer dem andern zusehen bis so lang, wenn man gern
helfen wolt, das alsdenn die macht zu geringe sey, dieweil
einer den andern vor hat sehen vorterben. Darumb ist mein
undertenigst bitten, E. Ksl. Mt. wolle dis beherzigen und als
ein houpt der Cristenheit darauf trachten, wie disem wider-
stant geschehn möge, domit mit der Cristenheit, dem hey-
ligen reych und E. Mt. erblanden ünuberwintlicher schaden
zugefugt werde . . . Geben [zu Schellenberg] am 25. augusti
anno etc. 21.“
Geß, Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Hzg. Georgs
von Sachsen. Bd. I., S. 41/42. und 186/87.
 
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