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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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3./4. Heft
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Weyersberg, Albert: Auszüge aus alten Solinger Zeichenrollen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0096

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76

ALBERT WEYERSBERG, AUSZÜGE AUS ALTEN SOLINGER ZEICHENROLLEN

VIII. BAND

Auszüge aus alten Solinger Zeichenrollen
Von Albert Weyersberg

Zur Einleitung einige Nachrichten für die,
denen die ehemaligen Verhältnisse der
Solinger Industrie nicht hinreichend be-
kannt sind.
Solingens privilegierte Bruderschaften setzten
sich zusammen zunächst aus den drei geschlossenen
Handwerken, nämlich denen der Schwertschmiede
der Härter und Schleifer und der Schwertfeger,
sowie dem Handwerk der Kreuz- und Knauf-
schmiede1) und dem Messermacher-Handwerk2).
Zugang zu den geschlossenen Handwerken,
die zumal für die Herstellung der Schwerter und
Degen in Betracht kamen, hatten blofs die ehe-
lichen Söhne ihrer Angehörigen und auch diese
immer nur zu demjenigen Handwerk, bei dem
der Vater eingetragen war. Auch für diejenigen
Handwerksbrüder, die sich dem Handel widmeten
— und dazu waren sie alle berechtigt — wie für
ihre Nachkommen galt diese strenge Scheidung,
welche sich bis zur Aufhebung der alten Pri-
vilegien im Jahre 1809 in Kraft erhielt, trotz
aller grofsen Veränderungen, die das Zurück-
drängen des Handwerks durch die sich stetig
mehrenden Kaufleute mit sich brachte.
Ein jedes Handwerk führte deshalb eigene
Zeichenrollen, auch das der Härter und Schleifer,
dessen Angehörige bei ihrer eigentlichen, ur-
sprünglichen Tätigkeit gar keiner Zeichen be-
durften, aus dem indes eine Menge tüchtiger
Kaufhandler und zahlreiche Messermacher hervor-
gingen. Mit Messern zu handeln, war nämlich
_ ein altes Vorrecht . der Angehörigen der ge-
schlossenen Handwerke, denen es zudem gestattet
war, selbst Messer anzufertigen, wenn sie die
Befähigung dazu nachweisen konnten — eine
sehr üble Bestimmung für die eigentlichen Messer-
macher, die bei ihrem angestammten Handwerk
verbleiben mufsten.
Hinsichtlich der Schwertfeger, die, wie an-
genommen wird, in frühester Zeit den Klingen-

1) „Creuz- und Kn au ff schmiede“ heißt es im herzög-
lichen Privilegium vom Jahre 1623, nicht Knopfschmiede,
wie gegen 200 Jahre später geschrieben wurde. Zeitschrift
des Bergischem Geschiehtsvereins, Elberfeld 1917, Bd. 50,
S. 248 ff. v. Daniels, vollständige Beschreibung der Schwert-,
Messer- und übrigen Stahl-Fabriken zu Solingen. Düssel-
dorf 1808, S. 150, 217.
2) Weyersberg, Die in den privilegierten Handwerken
der Solinger Industrie vertretenen Familiennamen. Monats-
schrift des Bergischen GeschichtsVereins. Elberfeld 1895,
S. 1, 20, 36; 1896, S. 66; 1899, S. 23.

vertrieb besorgten, dürfte es ähnlich wie bei den
Härtern und Schleifern gewesen sein, sie müfsten
denn eigene Zeichen für Schwert- und Degen-
griffe gehabt haben. Garnichts läfst sich leider
über etwaige Zeichen der Kreuz- und Knauf-
schmiede sagen, weil Rollen ihres Handwerks
vollständig fehlen, wie wir denn überhaupt über
diesen Zweig der Solinger Industrie am wenigsten
unterrichtet sind. Und wie nahe lag es doch,
dafs sich insbesondere die tüchtigen Griffmacher,
mögen sie dem Schwertfeger- oder dem Kreuz-
und Knaufschmiede-Handwerk angehört haben,
auch eigener Zeichen bedienten!
Die ältesten und wichtigsten Zeichen bildeten
natürlich die der Schwertschmiede. Neben ihnen
gewannen die der Messermacher schon zu Ende
des 18. Jahrhunderts mehr und mehr an Bedeutung,
als der Absatz der Messerwaren ständig wuchs
und Glieder der geschlossenen Handwerke, weil
es in der Schwert - Industrie an Arbeit fehlte,
Messerwaren verkauften oder selbst zu Messer-
machern wurden3).
Als wirklich handwerkschaftliche Arbeits-
zeichen sowohl auf Schwertklingen als auf Messern
sind blofs die Marken der eigentlichen, d. h. der
selbst oder mit Gehilfen in eigener Werkstätte
tätigen Schmiede anzusehen, wie sie im 16. Jahr-
hundert und in der ersten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts noch die Regel bildeten, dann aller-
dings durch die kaufmännischen Betriebsformen
ständig in ihrer Zahl vermindert wurden.
Solange die alten Schwertschmiede selbst
keine Messer oder nur ausnahmsweise solche
herstellten, werden ihre Zeichen nur in die Rolle
der Schwertschmiede selbst eingetragen worden
sein. Damals wird auch wohl noch ein durch-
gehender Unterschied zwischen Klingen- und
Messerzeichen bestanden haben. Dies änderte
sich zumal infolge der wachsenden Verdrängung •
des handwerksmäfsigen durch den kaufmännischen
Betrieb. Immer mehr Schwertzeichen wurden
auch in der Messermacherrolle vermerkt und
ebenso gelangten Messerzeichen in die Rolle der
Schwertschmiede und in die der übrigen ge-
schlossenen Handwerke, noch umsomehr, da
ständig Zeichen von den Angehörigen eines
3) Die Zeichenrolle der MesSermacher, angelegt im
Jahre 1684, enthält schon vor dem Jahre 1400 gegen 20 Ein-
tragungen von Schwertschmieden, gegen 30 von Schleifern
und 6 Schwertfeger-Eintragungen.
 
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