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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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7. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0237

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7. HEFT

LITERATUR

217

a:

LITERATUR


kung in den Besitz der grofsartigen, für die Würdigung
des Waffenwesens lnnerasiens so überaus lehrreichen Samm-
lung Moser6) gelangt zu sein, weil der Krieg aller gegen
alle vermutlich auch an den Schätzen ' der kaiserlichen

Dr. Hans Stöcklein:'Orientalische Waffen aus
der Residenzbüchsenkammer im Ethnogra-
phischen Museum zu München. Aus dem
Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst
1914/15, erstes und zweites Vierteljahrsheft.
Georg J. W. Callwey.
Das Waffenwesen der Völker des' Morgenlandes harrt
noch seines Geschichtschreibers. Die Schwierigkeiten der
örtlichen und zeitlichen Bestimmung dieser Art von Waffen,
sowie die Unkenntnis der asiatischen Sprachen bei den
meisten Forschern in der kleinen Gemeinde der Freunde
alter Waffen, endlich auch die mehr instinktiv gefühlte als
erkannte spekulative F'ormengebung so vieler persischer,
noch mehr aber indischer Waffen, welche eben meist nur
wegen des kritiklosen, aber nach dem Ungewöhnlichen
haschenden, dabei kaufkräftigen und kaufwilligen europä-
ischen Weltbummlers ihre abenteuerlichen Gestalten er-
hielten, Waffen also, welche nie wirklich im Gebrauch
waren, mögen die Gründe dafür sein, dafs sogar Waffen-
historiker von anerkanntem Rufe vorsichtig um die morgen-
ländische Waffe in ziemlich weitem Bogen herumgingen.
An Versuchen einzelner dieser ebenso eigenartigen wie reiz-
vollen, dabei jedoch gleichzeitig ungemein spröden Materie
an den Leib zu rücken, fehlte es ja nicht. Aus neuerer
Zeit will ich diesbezüglich nur auf die gehaltvollen Einzel-
schriften von Buttin1), Dean'2), Egerton3), von Lenz4 *) ver-
weisen. Das sind aber im Grunde genommen alles nur
verdienstvolle, den bisher brach gelegenen Boden aufschür-
fende Vorarbeiten. Auch in den ethnographischen Fach-
blättern beschäftigt sich blofs gelegentlich ein Gelehrter
meist mit mehr gutem Willen als wirklichem Verständnis
für die Waffe als solche mit irgendeiner Waffengattung eines
kulturell hochstehenden Volkes des engeren oder weiteren
Ostens, wie hier endlich einmal auch gesagt werden soll,
dafs das, was der Waffenhistoriker vom Fach mitunter in
unserenVölkermuseen an Kriegs- und Jagdgerät von Kultur-
völkern zu sehen bekommt, häufig der ärgste, überdies
meist unrichtig bestimmte Plunder ist, eben zusammen-
geschleppt von Reisenden, die zwar Sammeleifer, von der
Geschichte der Waffen, dem Kunstgewerbe in seiner An-
wendung auf die Waffe jedoch keine Ahnung haben.
Was aber bisher noch nicht geschehen ist, wird sicher
geschehen: die systematische Geschichte der■ morgenländi-
schen Waffen wird geschrieben werden, weil sie geschrieben
werden mufs. Und zwar wird diese auch für. die Kenntnis
des Ursprunges des europäischen Waffenwesens so wichtige
Geschichte in ihrem Grundrisse voraussichtlich am Histori-
schen Museum zu Bern geschrieben werden. An diesem
deshalb, weil diese Anstalt so glücklich ist, durch Schen-
x) Buttin: Les anneaux-disques prehistoriques et les
tchakras de finde, Annecy 1900.:— La collection du g£n£ral
Moser ä Charlottenfels' in „Les arts“, Paris, 1912, No. 121.
2) Dean:. Catalogue of the Ioan collection of japanese
armor, New York,- 1903, im „Handbook No. 14 of the me-
tropolitan museum of art“. . ..
8) Egerton öf Tatton: A description of indian and
oriental armour, London,,',1896.
. 4) Von Lenz: Die Waffensammlung des Grafen S. D.
Scheremetew, Leipzig, 1897. — Collection d’armes de l’Ere-
mitage imperial, S. Petersbourg, 1908;

Eremitage zu St. Petersburg, wo bisher das meiste Studien-
material für die Kenntnis des asiatischen Waffenwesens
aufgespeichert war, nicht spurlos vorübergegangen sein
dürfte, und die orientalischen Abteilungen an den grofsen
öffentlichen Waffensammlungen in den anderen Städten
Europas, so wertvoll sie auch im einzelnen sein mögen,
doch zu wenig reich an charakteristischen Typen sind.
Bis aber diese oben erwähnte Systematik uns fertig
vorliegt, werden noch Jahre vergehen. Bis dahin haben
wir also für jeden Fundamentstein dankbar zu sein, welchen
uns ein fleifsiger Kärrner als seinen Beitrag zu diesem
stolzen Bau der Zukunft herbeiführt.
Als einen solchen Baustein bewerte ich Stöckleins
Studie. Wenn ich auf diese interessante Arbeit erst jetzt
zurückkomme, so trägt auch daran der Krieg mit seinen
vielfachen Hemmungen die Schuld.
Stöcklein baut seine Studie auf den Feuerwaffen per-
sischer und türkischer Herkunft auf, welche 1903 aus der
Königlichen Gewehrkammer zu München in das dortige
Ethnographische Museum gelangten. Weil die an diesen
Waffen befindlichen alten Inventarzettel genau angeben,
wann jedes einzelne dieser Rohre seinerzeit in die Büchsen-
kammer gelangt war, so gewinnt Stöcklein durch diese be-
schränkende Auswahl schon einen weiten Rahmen für die
gerade bei Waffen morgenländischer Herkunft so schwierige
zeitliche Bestimmung der 7einzelnen Waffe.
Die Läufe teilt Stöcklein nach ihrer mutmafslichen Her-
kunftiin'persische'und ffn türkische. Nach Stöcklein kenn-
zeichnen den Grundcharakter des persischen Gewehrlaufes
folgende Merkmale': Lange, schlanke Gestalt mit kräftig
betonter Mittelrippe (Zielkante); amfPulversack der meist
in einem flachen Relief herausgearbeitete, mehrfach abge-
setzte Kielbogen, endigend in dem Dreiblatt; diskrete, nur
die'Linie betonende Tauschierung; blumenkelchartig oder
wulstförmig aufgeworfene Mündung 'mit dem Eierstabfries.
Der türkische Lauf ahmt im Gegensatz dazu gern in seinem
ganzen Verlauf die strenge Form der Säule nach. Ins-
besondere ist er an der Mündung meist schlicht, manchmal
von einfacher Kelchform; bei schweren, älteren, d. h. nach
Stöckleins Ansicht dem 16. Jahrhundert angehören den Läufen
nimmt die Mündung gern eine gestreckt birnenförmige Ge-
stalt an, oder entspringt nach italienischem Vorbild dem
Rachen eines Drachen, einer Schlange, eines ^Delphins,
dessen Hals meist mit Silber plattierte Jschraubengänge
aufweist. DieTauschierungbevorzugt breite kräftige Formen,
liebt die Gabel-, die Wellenranke, die Halbpalmette; da-
neben tritt als charakteristisch für den türkischen Lauf des
16. Jahrhunderts der von einem breiten silbernen Ring ein-
gefafste bunte Stein (Almandin, y Edelkoralle, Türkis) auf,
welchen aber häufig wieder ein kreisrundes Silberscheib-
chen ersetzt. Zu Stöckleins Charakteristik der türkischen
Läufe des^ 16. Jahrhunderts möchte ich folgende kritische
Beobachtung einschalten: Ich besitze vier schwere Gewehre,
deren Läufe 128, 136, 142, 145 cm lang, an der Mündung
birnenförmig gestaltet sind. Der eine mit der Marke amel
machsen (Arsenal zu Fez) weist im Kasten gefafste Korallen,
Türkise auf, der andere (abgebildet in der Thierbach-Fest-
schrift, -Tafel 18, Fig. 4) gehörte dem Beglerbeg Osman
Pascha aus dem Geschlecht der Resulbegovic an, welcher
6) Zeller: Die orientalische Sammlung von Henri Moser
auf Charlottenfels im „Jahresbericht des Historischen Mu-
seums in Bern, 1914“. "
 
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