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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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12. Heft
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0412

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392

FACHNOTIZEN

VIII. BAND

3
FACHNOTIZEN
-II

2. Versteigerung von Waffen aus dem Histo-
rischen Museum zu Dresden. Dresden, durch
Rudolf Lepke, 14. Oktober 1920.
Die Beweggründe für den Entschlufs der Re-
gierung, Doppelstücke der staatlichen Sammlungen
zum Verkauf' zu bringen, und die Grundsätze,
nach denen diese Stücke ausgewählt wurden, sind
bei dem Bericht über die erste Versteigerung
im Oktober 1919 an dieser Stelle (S. 259L) dar-
gelegt worden. Die wachsende Entwertung unseres
Geldes und der immer deutlicher bemerkbare Man-
gel an guten Antiquitäten auf dem Kunstmarkt
stellten der zweiten Auktion ein günstiges Horos-
kop. Die Gruppen, aus denen damals hervor-
ragende Exemplare genommen worden waren,
konnten auch jetzt herangezogen werden; es war
ein Leichtes, 45 Stücke von individuellem Werte
zu finden, die künstlerische und waffengeschicht-
liche Teilnahme gewinnen mufsten. Dazu traten
noch eine Anzahl der französischen und deutschen
Steinschlofsfiinten der Gewehrgalerie, die beson-
ders durch ihre hohe technische Vollendung über
das Mafs des sonst auf diesem Gebiete Vorhan-
denen hinausragen. Das Gesamtergebnis von
251440 jlb für 62 Stück, gegenüber einem von
223000 Jfe für 209 Stück im Vorjahr, hat jeden-
falls denen Recht gegeben, die an die Kon-
junktur und an die unübertreffbare Wirkung der
Johanneumstradition geglaubt haben. Die Kauf-
lust hatte schon bei den Porzellanen und bei den
Elfenbeinarbeiten des Grünen Gewölbes sich zu
schwindelerregenden Angeboten verstanden; so
war es kein Wunder, dafs noch am Nachmittag
des dritten Versteigerungstages sich eine Schar
von Sammlern und Händlern in dem grofsen Saal
des Kunstvereins zusammenfand, entschlossen, um
die vielbewunderten, glänzend erhaltenen Waffen
einen erbitterten Kampf zu führen.
Gleich mit dem ersten Stück (1698), dem präch-
tigen Schwert, dessen tief geätzte Klinge sich
organisch aus dem vergoldeten Gefäfs entwickelte,
wurde das Niveau der neuen Schätzung festgelegt.
Es liefs mit 16000 jfb den höchsten der im Vor-
jahr für Blankwaffen erzielten Preise, 2500 Jb, weit
hinter sich. Und so blieb weiterhin eine Steige-
rung von 200—500°/0 gegenüber den Preisen von
1919 das Selbstverständliche. Das Reitschwert
mit glattem, gebläutem Gefäfs und spanischer
Klinge (1699) brachte 5200 Jfe (1919:1910 J6), der
sehr charakteristische kursächsische Dolch mit
Silberscheide (1700) 9100 (5200 Jfe). Kein Wun¬
der, dafs das Reitschwert mit dem Silbergriff und

dem Wappen Wehse, das sich auch einer gut er-
haltenen Scheide und der Gurtriemen mit köst-
lichen Silberbeschlägen rühmen konnte, den bis
heute wohl noch nirgends für einen Renaissance-
degen bezahlten Preis von 30000 Jib erzielte. Der
einfache, aber qualitativ gleich hochstehende Degen
(1702) ging auf 13500, der Dolch mit der eisernen
ßesteckscheide, deren Atzung von vollendeter
Schönheit der Zeichnung ist, auf 8000 J&. Der
türkische Säbel (1704) hatte den Preis von 12000 J6
seiner sehr in die Augen fallenden Ausstattung,
mit vergoldetem Silber, geschliffenen T afelsteinen
und rotem Sammet, wozu noch der guterhaltene
Gurt kam, zu danken. Die Sturmhaube mit dem
sächsischen Wappen (1705) blieb mit 20000 jfb um
3000 Jb hinter dem Preis von 1919 zurück, während
die Partisane der sächsischen Schweizergarde (1708)
jenen (910 Jb) mit 1700 Jb um fast das Doppelte über-
traf. Noch überraschender hob sich die Kurve
bei den Feuerwaffen: die Radschlofsmuskete(i7i2),
Preis 8200 (2100) J&, die Puffer mit eingelegter
Schäftung (1718/19) für 5300 (1350) schliefslich
die Faustrohre mit birnförmigem Knauf (1714/15)
mit 10200 (1500) erreichten Summen, die man
für Handfeuerwaffen uniformer Art aus der späteren
Zeit der Söldnerheere bisher für unmöglich ge-
halten hatte. Wenn die schmuckvolle grofse
Pulverflasche von vergoldetem Messing (1725)
weiter 4000 (3000) Jb brachte, so steht auch dies
in keinem gesunden Verhältnis zu einem An-
schnellen des Preises für die Luntenschlofsmuskete
(1728), deren orientalisierende Schafteinlagen man-
chen äufserlich bestechen mochten, von 1350 auf
4900 Jb. Auch das Flaschenhängsel (1735), freilich
in seiner Art ein höchst lehrreiches Stück, nahm
mit 3000 (1200) Jb an dieser Bewegung teil; das
pompöse Hundehalsband (1736) mit den Initialen
der fürstlichen Brüder Christian und Johann Georg,
grofs und vornehm in dem Entwurf, ging für
7100 Jb angemessen weg. Schliefslich fanden
auch die Rüstungen (Wandschnepper), die im ver-
gangenen Jahr auf ihre Art den Vogel abge-
schossen hatten, zu stark gehobenen Preisen
Liebhaber; mit 4200 z. B. kann eine Armbrust
von 1733 trotz ihrer hochfürstlichen Deszendenz
(T759) a^s hinreichend bezahlt gelten.
Die Forderungen, die damals an die so ge-
wonnenen materiellen Ergebnisse für die innere
Entwicklung des Historischen Museums geknüpft
wurden, sind auch heute noch unerfüllt. Kostbare
Zeit ist verstrichen — kostbar, weil die Erhöhung
aller Preise seit einem Jahre dauernd angehalten
hat, kostbar auch, weil die innere Einheit der
architektonischen Umgestaltung des Museums,
zu der die neuen Mittel dienen sollen, je später
je schwerer zu erreichen sein wird. Wenn es
 
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