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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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10./11. Heft
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Gaerte, Wilhelm: Die Beinschutzwaffen der Griechen, 2
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Jahn, Martin: Die Entstehung und Entwicklung der ältesten Sporenformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0325

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10./11.HEFT MARTIN JAHN, DIE ENTSTEHUNG USW. DER ÄLTESTEN SPORENFORMEN

v'ases antiques., p. 23- — mir nicht zugänglich —, auch
abgebildet bei Bertrand, Nos origines, Paris 1897, III,
Taf. XIX, 1.
Man könnte sich nun sehr wohl denken, dafs
Iphikrates diesen allmählich ausgedehnteren Ge-
brauch der Beinschienen nur für seine Peltasten-
truppe einschränkte.
Über die Form dieser Iphikratiden hat man
verschiedene Vermutungen ausgesprochen. Rü-
stow und Köchly a. a. O. S. 14 wird an „ein Mittel-
ding zwischen Stiefel und Gamasche“ gedacht.
R. Bauer, Die griech. Kriegsaltertümer (I. Müller,
Handb. d. klass. Altertumsw. IV, 2) S. 357 identifi-
ziert die Iphikratiden „mit jenen hohen, oft pelz-
besetzten Stiefeln, die auf Vasenbildern als thra-
kische Fufsbekleidung erscheinen“, indem er auf
eine Nolaner rf. xAmphora freien Stils (heute in
Berlin, Furtwängler 2356), abgebildet A. Z. 1878,
Fig. 23, verweist, wo der dargestellte Krieger
eine solche Fufsbekleidung trägt. Auch Karo
a. a. O. ist der Ansicht, dafs die Iphikratiden
„aux bottes lacees des peltastes thraces“ ähnlich
waren. Ich kann mich jedoch den Vermutungen
dieser Gelehrten nicht ohne weiteres anschliefsen.
Die Frage nach der wahrscheinlichen Form dieses
militärischen Ausrüstungsstückes ist nur zu ent-
scheiden auf Grund einer kritischen Erörterung
der literarischen Tradition. Was sagt diese über
die Form der Iphikratiden aus? Direkt eigent-
lich nichts; Photios Lex. s. v. hat nur die Notiz:
t-ozl ftJog vnodijf.iarog, ebenso Hesych s. v.
vnod^f-iarog eiö'og (es ist eine Art Schuh). Nur so-
viel könnte man aus der Bezeichnung v7r6ö'rji.La
schliefsen, dafs die Iphikratiden eine Art Schuh
oder gar nur Sandalen waren, keine Stiefel, wie

305

Bauer und Karo (s. oben) annehmen. Zu dem-
selben Schlufs kommen wir, wenn wir uns die
Überlieferung des Damascius (Photios, Bibi..,
p.342a, 31) etwas genauer ansehen. Von Scdovavtog
xvvi'^mv heifst es dort:... vnedsdero d'ovTog anavidxig
Tj vag Aivixdg ^Icpixgaridag r,' va crvviq&r] advdaka
neoiAeds/jAvog negisvdtfrei (dieser band sich selten ein
Schuhwerk unter die Füfse oder er ging umher entweder
in den attischen Iphikratiden oder in den gewöhnlichen
Sandalen.) Würde man diesem Naturmenschen,
der gewöhnlich barfufs ging, zutrauen, dafs er
sich die gewifs teuren thrakischen Schaftstiefel
leistete? Auch die Zusammenstellung mit
(jdvdaha spricht dafür, in den Iphikratiden eine
besondere, aufsergewöhnliche Art von Sandalen
zu sehen. Die beiden noch zu erörternden Stellen
der griechischen Literatur befürworten die gleiche
Auffassung. Proklos bei Photios, Bibi. 321b, 28
beschreibt den dagiv^gidgog des böotischen Apollon-
festes folgendermafsen: zag [Ztr xopag xaVei/.itvog,
ygvoovv de aiLcpavov (pt'qwv xal Xaizngdv sffxtrga
nodr'orj eGToÄiGfKvog, UgaxgctTidag zs imoötöei.iAvog
(die Haare herabhängend, mit einem goldenen Kranze, mit
prächtigem, bis zu den Füfsen reichendem Gewände be-
kleidet und in Iphikratiden). Zu dem sadrga nodrgrr)
passen m. E. nicht hohe Stiefel. Auch Diodor,
Bibi. XV, 44, 4 nennt die vnodeaetg (Schuhwerk),
welche Iphikrates bei den Soldaten einführte,
evXvrovg, xal xovcpag (bequem lösbar und leicht an Ge-
wicht). Wir können also auf Grund der soeben
besprochenen literarischen Überlieferung31) den
Schlufs ziehen, dafs die Iphikratiden eine Art
Sandalen und keine Stiefel darstellten.
31) Alkiphron (Schepers) III, 21, 1 erwähnt nur so
nebenbei I<ptxpar(5a; veoupyEt?.

Die Entstehung und Entwicklung der ältesten Sporenformen
Von Martin Jahn

Vor dreifsig Jahren erschienen in kurzer Folge
drei wichtige Abhandlungen über den älte-
sten Reitersporn. Tischler schnitt als erster
dieses Thema an, Olshausen behandelte es aus-
führlich und Forrer gab zusammen mit Zschille
ein zweibändiges Tafelwerk über, die gesamten
Sporenformen heraus1). Seitdem hat sich kaum
J Tischler, Beiträge-zur Geschichte des Sporns .. .
Korrespondenzblatt für Anthropologie 1889 S. 194ff. und
1890 S. 17 f.— Olshausen, Beitrag zur Geschichte des
Reiterspornes. Zeitschr. f. Ethnologie 1890 Verhandl.S.184fr.
und 1891 Verhandl. S. 595L — Zschille und Forrer, Der
Sporn in seiner Formen-Entwicklung. Berlin. Teil I 1891,
Teil II 1899.

jemand näher mit dieser Frage beschäftigt, und
in den Kreisen der Freunde historischer Waffen-
kunde hat man sich gewöhnt, die Angaben in
dem Zschille - Forrerschen Tafelwerk auch heute
noch als mafsgebend anzusehen. In den drei Jahr-
zehnten, die seit Erscheinen der .drei Abhand-
lungen vergangen sind, hat sich nun aber das
Fundmaterial von frühen Sporen so beträchtlich
vermehrt — meine Ausführungen stützen sich auf
etwa 700 Sporen —, dafs es heute möglich’ ist,
ein viel • sicheres und genaueres Bild über die
ältesten Sporenformen zu geben und die früheren
Ansichten in vielen Punkten zu berichtigen. Die
folgenden Zeilen sollen einen knappen Über-
 
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