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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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3./4. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0113

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3./4. HEFT

LITERATUR

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Vorbildern zu rechnen, ebenso wie bei den nach oben und
unten gleichmäfsig entwickelten viel kantigen Äxten, die
sich scheinbar ebenfalls in Skandinavien ausgebildet haben.
Im übrigen wird die Entwicklung der nordischen Streit-
äxte als eine im grofsen und ganzen selbständige Be-
wegung ohne Entlehnungen von aufsen her gezeichnet,
wenn auch die Möglichkeit bestehen bleibt, dafs der erste
Anstofs von der südlichen Metallkultur ausging.
Wenn nun diese vielfach verästelte typologische Ent-
wicklung ihren Anfangspunkt durch Funde gesichert er-
hielt, so werden auch ihre Einzelglieder immer wieder
durch Fundergebnisse auf die Richtigkeit ihrer Ein-
gliederung geprüft: Die selbständige Herausbildung der
jütländischen Axt fällt in das Ende der Dolmen- oder in
den Beginn der Ganggräberzeit, der jüngeren Ganggräber-
zeit gehört die Bootaxt an und die einfache Arbeitsaxt
hauptsächlich der Steinkistenzeit und dem Beginn der
Bronzezeit. Und der Verfasser bleibt sich stets bewufst,
dafs Typologie und ■ relative Chronologie nicht identisch
sind, dafs sich eine relative Chronologie niemals soweit
verästeln läfst wie eine typologische Einteilung und dafs
es sich beim relativen Alter verschiedener Formen stets
nur um das Verhältnis ihres ersten Auftretens handelt.
In dieser methodischen Umsicht und Behutsamkeit
sehe ich nächst der konsequenten Durchführung eines für
die weitverzweigte Entwicklung einheitlichen Grundprinzips
für uns den Hauptwert des Buches. Und wenn ich bei
dieser Gelegenheit allein um der methodischen Schulung
vorgeschichtlicher Forschung willen einen engeren Zu-
sammenhang zwischen vorgeschichtlicher und
geschichtlicher Waffenkunde, die inhaltlich über-
haupt nicht zu trennen sind, herbeiwünsche,' so darf ich
mich dabei wiederum auf das Vorbild M. Jähns’ berufen:
Sein Streben insgesamt und sein planvolles Ziel' dürfen
wir uns nicht verdunkeln lassen, auch nicht durch seinen
in den herangezogenen Hilfswissenschaften oft an den Tag
gelegten Dilettantismus, den wir bei der Ausführung im
einzelnen keineswegs verkennen wollen.
S ch wietering.
Martin Jahn: Die Bewaffnung der Germanen in
der älteren Eisenzeit, etwa von 700 v. Chr. bis
200 n. Chr. Mit 227 Abbildungen, 1 Tafel und
2 Karten, Mennus-Bibliothek Nr. 16. Würzburg,
Kurt Kabitzsch 1916.
In der vorliegenden Arbeit wird es zum ersten Male
unternommen, die Bewaffnung der. Germanen von der
frühesten Eisenzeit bis zur mittleren Kaiserzeit im Zu-
sammenhänge darzustellen, und es ist ein ungeheures
Material, das uns der Verfasser hier teils auf Grund von
Museenstudien, teils aus der überreichen Literatur wohl-
geordnet und übersichtlich aneinander gereiht, vor Augen
führt. Allerdings liegen aus den älteren Abschnitten der
Eisenzeit (bis etwa 150 v. Chr.) im wesentlichen nur Lanzen
und Pfeilspitzen vor, da eine reichere Ausstattung des
Toten mit Schutz- und Trutzwaffen erst von der mittleren
Latbnezeit ab üblich wird und innerhalb dieser zunächst auch
nur an der Westgrenze Germaniens, wo die Funde jedoch
vorwiegend noch keltisches Fabrikat sind.
Erst vom Beginn der Spätlatfenezeit (etwa 125 v. Chr.
bis Chr. Geb.) ab setzen auch in anderen Gebieten Deutsch-
lands reiche Waffenfunde ein, die nun plötzlich ein be-
deutendes Material liefern. Das Hauptfundgebiet bildet
Nordostdeutschland, von wo sich zwei bandartige Zonen
mit reichen Waffenfunden fortsetzen, einmal weichselauf-

wärts nach der russischen Grenze zu, anderseits westwärts
bis an die Oder. Was ihre ethnische Zugehörigkeit anlangt,
so sind sie hier in der Hauptsache den gegen Ende der
Mittellatönezeit (2. Hälfte d. 2. Jahrh. v. Chr.) aus Bornholm
nach Hinterpommern und Westpreufsen eingewanderten
Burgundern und den Wendiliern zuzuweisen, die damals
den südöstlichen Teil der Mark, Südpolen und Unter- und
Mittelschlesien inne hatten.
Ein reiches Material weist ferner auch das Vorpommern,
"Mecklenburg und das Elbe- und Saalegebiet umfassende
westgermanische Gebiet auf, während das Gebiet westlich
davon fast völlig frei von Waffenfunden bleibt, die erst am
Untermain und rheinaufwärts-bis in die Gegend der Neckar-
mündung, besonders linksrheinisch, in grofsen Massen wüeder
auftauchen.
Charakteristisch für diese Periode ist das starke Ver-
biegen- der Waffen in den Gräbern, ein Brauch, -der
zwar vereinzelt schon in der Periode II der Bronzezeit vor-
kommt., aber erst in der Spätlatenezei-t allgemein wird und
wohl z. T. mit der Bestattungssitte zusammenhängt, da bei
der germanischen Brandbestattung die langen Schwerter
und Stol'slanzen nur so in den Ascheurnen oder sonstigen
Aschebehältern (Bündeln aus .Leinenstoff, Tuch usw.) unter-
gebracht werden konnten. Allerdings findet sich die Sitte
auch in den keltischen Skelettgräbern, doch ist hier die
Verbiegung viel weniger stark und ihr Zweck wohl lediglich
die Unbrauchbarmachung der Waffen.
Nach einem Überblick der Bewaffnung der Kelten und
Römer (Kap. 3 u. 4) wendet sich Verfasser der Bewaffnung
der Germanen im Einzelnen zu. Die germanischen eisernen
Lanzenspitzen zeigen eine durchaus selbständige, an die
bronzezeitlichen Formen anknüpfendeEntwicklungundlassen
namentlich von der Mittellatenezeit ab eine hochent-
wickelte Technik erkennen. Das Blatt wird dünn ausge-
hämmert und schmiegt sich nicht mehr ängstlich an die
ursprünglich aus der Klingentülle hervorgegangene, anfangs
noch sehr starke Mittelrippe an, die ihrerseits zu einem
einfachen scharfkantigen Grat zusammenschrumpft und
schliefslich ganz verschwindet.
Als Speerspitzen bezeichnet Verfasser die mit
Widerhaken versehehen Klingen, die bisher nur auf wen-
dilischem Gebiet gefunden worden sind, also einen aus-
geprägt ostgermanischen Typus darstellen.
Bemerkenswert sind die verzierten Lanzenspitzen,
die gleichfalls hauptsächlich dem ostgermanischen Formen-
kreis angehören. Die Ornamente bedecken gewöhnlich das
ganze Blatt. Die häufigsten Muster bilden mehrfache Reihen
parallel zum Mitfelgrat laufender Zickzacklinien, ferner
Gittermuster, sternförmige Figuren und unregelmäfsige
Grübchen. Über die Herstellungstechnik gehen die An-
sichten der Techniker auseinander. Doch glaubt Verfasser,
wie ich meine mit Recht, dafs die Muster in der Regel
durch Ätzung und nicht durch Punzen hergestellt wurden.
In der frühen Kaiserzeit treten Verzierungen nur noch
ganz vereinzelt auf, um erst im 2. Jahrhundert, namentlich
aber vom Beginn der späten Kaiserzeit ab, wieder in grolser
Menge zu erscheinen, wobei auch die Tauschierung sehr
in Aufnahme kommt.
Eine andere sehr bemerkenswerte Erscheinung bilden
die ausgeschnittenen Lanzenklingen, deren Blattränder
unregelmäfsige Ausschnitte zeigen. Sie erscheinen neben
verzierten Lanzenklingen vereinzelt auch in Alesia, als
archäologischer Beleg der von Cäsar überlieferten Be-
teiligung der Germanen an den dortigen Kämpfen.
Von Schwertern kommen in der Lat&nezeit sowohl
einschneidige 'wie zweischneidige vor. Die von keltischen
Vorbildern stark beeinflufsten älteren zweischneidigen
 
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