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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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3./4. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0114

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94

LITERATUR

VIII. BAND

Schwerter, von denen über 200 Stück bekannt sind, linden
sich am häufigsten an der keltischen Grenze im swebischen
Rheingebiete (etwa 80 Stück). Es sind typische Lang-
schwerter (90 -100 cm) von recht beträchtlicher Breite
(4—5, ja'selbst 7 cm) mit meist dachförmiger, bisweilen auch
flacher Klinge mit Mittelgrat und (vereinzelt) doppelten
Blutrinnen. Die gröfste Breite liegt am Griffansatz; von
da nimmt sie nach der Spitze zu fast unmerklich ab, so
dafs die beiden Schneiden fast parallel laufen. Die kurze
Spitze ist meist spitzbogig, erst bei den jungen Schwertern
dreieckig. Von dem durchschnittlich 14,5 cm langen, anfangs
glockenförmig, später gerade abschliel'senden Griff ist nur
die Griffangel erhalten, die oben, um ein Abrutschen der
Griffbekleidung zu verhindern, meist breitgehämmert ist
und häufig in einen Endknopf ausläuft.
Die Scheiden bestehen gewöhnlich aus Eisen, im
swebischen Rheingebiete bisweilen auch aus Bronze und
setzen sich aus zwei Platten zusammen, an denen die hintere
über die etwas schmälere vordere hinweggreift. Häufig ist
eine Verbindung der Scheidewände durch Querstege, deren
Zahl und Abstände wechseln. Das Ortband ist meist spitz,
der Scheidenmund dem Griffbügel des Schwertes ent-
sprechend glockenförmig oder gerade abschliefsend.
Wie die latfene- und kaiserzeitlichen Lanzenspitzen, so
haben auch die Schwertklingen bisweilen Verzierungen, die
technisch und stilistisch im allgemeinen denen der Lanzen-
klingen gleichen. Ebenso ist die Schwertscheide, besonders
an der Vorderseite, nicht selten verziert.
Mit dem Beginn der Kaiserzeit tritt an Stelle des
langen Hiebschwertes das nach römischen Mustern ent-
standene kurze, meist gerade, bisweilen auch geschweifte
Stol'sschwert (60—65 cm Länge bei 4—4,5 cm Breite) mit
scharfer, schmaler, langausgezogener Spitze und gerade ab-
schliefsendem, ausnahmsweise auch einmal bogenförmigem
Griffteile. Verzierungen finden sich nur ausnahmsweise.
Die Scheiden bestehen aus Holz und werden nicht mehr
an einer Scheidenschlaufe, sondern an Tragösen aufgehängt.
Sie nehmen also vollständig die Form der römischen
Schwertscheiden an.
In der späteren Kaiserzeit verschwinden die Kurz-
schwerter und an ihrer Stelle erscheinen wieder Formen,
die in vieler Hinsicht typische latenezeitliche Züge auf-
weisen. Die vorwiegend aus burgundischem Gebiete stam-
menden einschneidigen Schwerter (die bre-vesgladii des
Tacitus) sind durchschnittlich 70—75 cm lang, und 4 — 8 cm
breit. Schneide und Schwertrücken sind fast parallel. Die
Spitze ist entweder ganz schlank öder spitzbogig. Von dem
stets gerade abschliefsenden Griff ist nur die Griffangel oder
-zunge erhalten. Die zweiteilige Griffbekleidung zeigt eine
sehr charakteristische hufeisenförmige Gestalt. Verzierungen
kommen an einschneidigen Schwertern nur selten vor.
Die Scheiden bestanden aus zwei bisweilen mit Leder
überzogenen Holzplatten, die durch eiserne spangenartige
Beschläge in der richtigen Lage gehalten wurden. In
der frühen Kaiserzeit wird das einschneidige Schwert
noch weiter verkürzt (50—60 cm), und auch die Breite ver-
ringert sich (bis 2,5 cm). Die Spitze ist meist schmal, bis-
weilen von geschwungener Form. Der Griff behält seine
Form bei. Klingen Verzierungen treten erst um 200 v. Chr.
wieder etwas häufiger auf. •
Von Schutzwaffen benutzten die Germanen fast nur
Schilde, die ähnlich wie die keltischen gebaut sind.
In einer aus mehreren Brettern zusammengesetzten Holz-
platte ist ein Mittelloch ausgespart, das ein eiserner Schild-
buckel überdacht. Unter dem Buckel, auf der Rückseite
des Schildes, ist ein hölzerner Schildgriff befestigt, der von
einem metallenen Beschlag, der Schildfessel, bedeckt wird.

Den Rand des Schildes umsäumt mehrmals ein eiserner
oder bronzener Randbeschlag.
Die Schildbuckel entwickeln sich von der ursprüng-
lich flach halbkugligen Form aus in zwei parallelen Reihen
zum flachkonischen mit Spitze und zum hochkonischen.
Die Buckelränder sind breit, die Nägel breit und flach.
Ebenso lassen sich für die Schildfesseln, die in ihrer Ur-
form — einem drahtförmigen Mittelteil und zwei end-
ständigen kreisförmigen Nietplatten — offenbar dem kel-
tischen Formenkreise entlehnt sind, mehrere Entwicklungs-
reihen feststellen. Die aus Blechbändern gebildeten rinnen-
förmigen Randbeschläge, die zur Befestigung am Holzteile
mit vorspringenden Nietzungen ausgestattet waren, sind
nur in kleinen Bruchstücken erhalten, die jedoch für die
geringe Stärke des Schildes (0,5—0,6 cm im Randteile,
0,8 —1,5 cm in der Mitte) und seine runde, seltener wohl
ovale Form beweisend sind.
Was den Ursprung des Schildbuckels, der Fessel und
des Randbeschlags anlangt, so führt Verfasser die beiden
letztgenannten auf keltische Vorbilder zurück, während er
den germanischen halbrunden Schildbuckel auf germanischem
Boden entstehen läßt und seine Urform in dem umbo-
artigen halbkugligen rutengeflochtenen Buckel sieht, wie
wir ihn aus späterer Zeit noch aus einem Moorfunde von
Thorsberg kennen. Da wir jedoch auf keltischem Boden
den echten Schildbuckel, den umbo, sich aus den band-
förmigen Beschlägen mit den gleichen breiten flachen Nieten,
wie sie für den Rand des germanischen Buckels charak-
teristisch sind, entwickeln sehen, da ferner die halb-
kuglige Form mit keltischen Schildbeschlägen zusammen
auftritt, und da endlich die halbkugligen Buckel auf kel-
tischem Gebiete ziemlich zahlreich vorkommen und daher
kaum als germanische Einfuhrstücke aufgefafst werden
können, so halte ich es für wahrscheinlicher, dafs, wie der
Randbeschlag und die Schildfessel, so auch der ger-
manische halbkuglige Schildbuckel dem keltischen Formen-
kreise entnommen ist.
In der Kaiserzeit bleiben die alten Typen zum Teil
weiter bestehen, doch wächst sich der konische Buckel
unter gleichzeitiger Verschmälerung des Randes zu einer
mächtigen Spitze aus, eine Entwicklungsform, die rein
germanisch bleibt. Erst in der späteren Kaiserzeit er-
scheint ganz plötzlich vorübergehend der römische
Umbo.
Aufser der Form des Buckels selbst ist, namentlich
in chronologischer Hinsicht, auch noch die Typologie der
Buckelnagei wichtig, die anfangs flach und breit sind,
später halbkugelförmig und schließlich fingerhutförmig
werden und auch in ihrer Zahl und Anordnung in den
verschiedenen Perioden wesentliche Unterschiede zeigen.
Und ebenso lassen die Schildrandbeschläge und Schild-
fesseln verschiedene chronologisch wichtige Entwicklungs-
formen erkennen.
Helme fehlen in den älteren Grabausstattungen, ab-
gesehen von einigen römischen Importstücken, völlig und
auch aus der späten Kaiserzeit sind nur wenige Exemplare
bekannt geworden, die von den römischen Gesichtshelmen
zu den späteren germanischen Helmformen überleiten.
Ebenso selten sind Panzer, von denen nur vier Ring-
brünnen, wohl östliche Importstücke, vorliegen.
In einem Schlufskapitel behandelt Verfasser noch das
Wiederaufleben latfenezeitlicher Formen in der jüngeren
Zeit, das ihre Parallele in der von Ebert klargelegten Ge-
schichte der Fibel mit umgeschlagener Faust findet. Es
erklärt sich dadurch, dafs die älteren Formen bei den nach
Südrufsland in jener Periode abgewanderten germanischen
Stämmen fortlebten und dann mit der durch die gothische
 
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