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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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7. Heft
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Lenz, E.: Datierte Panzerhemden und verzierte Panzerringe
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0213

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7. HEFT

E. LENZ, DATIERTE PANZERHEMDEN UND VERZIERTE PANZERRINGE

193

Datierte Panzerhemden und verzierte Panzerringe
Von E. Lenz

In dem ersten und dritten Bande dieser Zeit-
schrift hat W. Rose höchst interessante Bei-
spiele von Verzierungen orientalischer Panzer-
hemden und Ringe veröffentlicht, und es ist nur
zu wünschen, dafs recht viele Privatsammler dieser
Anregung folgen mögen.
Mit diesem Artikel sei der Anfang dazu ge-
macht, und zwar wollen wir uns bemühen, der
Forschung so vollständig wie irgend möglich
das einschlägige Material der russischen Samm-
lungen zugänglich zu machen, wozu unter anderem
der Umstand leider Anlafs bietet, dafs dieses, wenn
überhaupt je, doch sicher nicht so bald wieder als
Objekt wissenschaftlicher Untersuchung 'dienen
kann. Auch dürfte dieser Beitrag aus dem
Grunde willkommen sein, dafs über die vorliegende
Frage und die hierher gehörigen wertvollen Denk-
mäler auch in Rufsland noch nichts veröffentlicht
ist, und die bisher publizierten Kataloge euro-
päischer Sammlungen diesem Gegenstände so
gut wie gar keine Aufmerksamkeit schenken.
Es sei noch gestattet, unseren Ausführungen
einige wenige Worte über den vermutlichen Werde-
gang der Verzierungen an Panzerhemden im all-
gemeinen vorauszuschicken.
Darüber kann wohl kein Zweifel aufkommen,
dafs ursprünglich an den exponiertesten Stellen
des Maschenpanzers entsprechend angebrachte
Metallstücke verschiedener Gröfse und Konsistenz
in Gestalt vonPlatten, Plättchen,Scheiben,Spangen,
Buckeln, Knöpfen usw., besonders am Kragen und
auf der Brust, nicht sowohl als Zieraten gedacht
waren, sondern vor allem den Zweck verfolgten,
das immerhin nur-relativ hiebfeste Panzergeflecht
zu verstärken. Diese Voraussetzung durch Be-
lege eingehend zu begründen, würde hier zu weit
führen; naheliegend ist es. jedenfalls und läfst
sich weiterhin ungezwungen annehmen, dafs mit
Verlegung des Maschenpanzers unter die euro-
päische Platten- und Schienenrüstung und infolge
des Aufkommens anderer, wirksamerer Verstär-
kungen an orientalischen Panzerhemden, — man
denke an die durch das Ringgeflecht des Kragens
gezogenen Riemen, an die doppelte Lage des
Maschengeflechts über der Brust, an die kom-
pakte Schuppendecke der Jazeranringe und andere
mehr — dafs die früheren metallischen Verstär-
kungsstücke des Ringgeflechts entweder ganz
verschwanden oder, wenn beibehalten, doch nur

als gefälliger Schmuck angesehen uud daher auch
entsprechend verziert wurden. Zeitangaben lassen
sich natürlich für derartige Übergangsformen
schwer machen, doch glauben wir, dafs z. B. bei
den in Stadtrechnungen von Noyon des 14. Jahr-
hunderts erwähnten Panzerhemden die Messing-
rosetten bereits ■ vorwiegend, wenn nicht aus-
schliefslich dekorativen Charakter tragen: „Une
cotte de fer, ä la quelle y a au collet 4 rosettes
de laiton. Item une autre cotte ä 2 blouquettes
de laiton.1)
Dieselbe Bestimmung hatten, um konkrete
Fälle anzuführen, eiserne, kupferne und silberne
Scheiben und Köpfe an kaukasischen Panzer-
hemden, so z. B. an L. 38 der Eremitage-Samm-
lung, welches zehn eiserne Scheibchen mit je
einem erhaben gestanzten, sechsstrahligen Stern
(von denen jetzt nur zwei erhalten) aufwies, so-
wie zahlreiche andere Exemplare mit ähnlichen
Verzierungen am Halse, Schulterkragen, Brust
und Helmbrünne.
Ganz besondere Aufmerksamkeit aber bean-
spruchen ähnliche, auf das Ringgeflecht der Panzer-
hemden genietete oder auch aufgegossene Schei-
ben, die, obgleich an sichtbarster Stelle, und zwar
meist mitten auf der Brust angebracht, doch nicht
als Verzierung gedacht sind, oder doch erst in
zweiter Linie dekorativen Zwecken dienten. Solche
meist kreisrunde, massiv in Metall gegossene
Scheiben, in der Mehrzahl der Fälle mit unregel-
mäfsigen Rändern, tragen vertieft oder erhaben
geprägte Zeichen oder Inschriften und sind daher
für den Historiker von gröfstem Interesse, da sie
häufig direkt oder indirekt Herkunft und Alter
des Stückes beweisen.
Wie häufig derartige Zugehörigkeitszeichen
an orientalischen und russischen Panzerhemden
angebracht wurden, zeigt der Umstand, dafs laut
Inventar der Moskauer Rüstkammer2) an den da-
selbst gegenwärtig vorhandenen 94 Kettenpanzern
ursprünglich nicht weniger als 156 Metallscheiben
angebracht waren, von denen, trotz • starken Ab-
ganges, besonders anläfslich der grofsen Feuers-
brunst im Jahre 1737, noch immer 49 Scheiben

’) Gay, gloss. archöol. S. 451, s. v. Cotte.
2) Onncb MockobckoH OpyjKeüHOfi üaJiaTa. MocKBa 18.
(Inventar der Moskauer Rüstkammer.) Bände in Büchern
mit 500 phototypischen Tafeln.
 
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