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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 8.1918-1920

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3./4. Heft
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Lenz, E.: Lucca und Sichelmarke
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https://doi.org/10.11588/diglit.44570#0095

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3., 4. HEFT_E. LENZ, LUCCA UND SICHELMARKE

75

gebrachte Marke eines Landsknechts-
schwertes (Abb. 25).



Abb. 24

Abb. 25

Die federförmige Marke auf der lucchesischen
Schaltern Bas. 348 (s. Abb. 14) findet bisher leider
keine Analogie unter den bekannten Meister-
zeichen, und was das Kreuz betrifft (s. Abb. 12, 13
und 15), so ist bei diesem, wie auch bei Anker,
Stern u. dgl. Darstellungen die Grenze zwischen
persönlichem Handzeichen und rein ornamentaler
Figur zu beweglich, um auf ihrer Anwendung
irgendwelche Schlüsse aufzubauem Wir müssen
uns also vorderhand mit der angeführten Aus-
beute begnügen und haben nur noch zum Schlufs
das in Verbindung mit Luccheser Stempeln am
häufigsten auftretende Zeichen, die glatte oder
gezahnte Bogenlinie, jetzt allgemein „Sichelmarke“
genannt, zu betrachten.
Entstehung und Entwickelung dieses Zeichens
sind noch so dunkel und eine erschöpfende Be-
handlung seiner Geschichte erfordert so vielseitige
Forschungen, dafs uns nicht in den Sinn kommen
kann, in dem Rahmen dieses kleinen Aufsatzes
eingehende Erörterungen über eine derartig
schwierige Frage vorbringen zu wollen. Es han-
delt sich hier nur um Schlufsfolgerungen auf
Grund des oben zusammengetragenen Materials,
soweit die angeführten Erscheinungen im Gebiete
der Luccheser Waffenindustrie auf die Geschichte
der Sichelmarke bezogen werden können.
Danach liefsen sich folgende Grundsätze auf-
stellen:
1. Soviel sich aus dem bisher zugänglichen,
dem Umfang nach allerdings sehr beschränkten
Material schliefsen läfst, hat die um das Ende des
i5.Jahrhdt. auf Luccheser Waffen sehr verbreitete,
gezahnte, sichelförmige Bogenlinie vorwiegend,
wenn nicht ausschliefslich dekorative Bedeutung.
2. Gegen ihren Charakter- als persönliche
Meistermarke, Werkstatt- oder Beschauzeichen
spricht auch der Umstand, dafs, wie allgemein,
so auch in dem einzigen Falle (vgl. Abb. 4), wo
zwei solcher Bogenlinien, aufserhalb der orna-
mentalen Komposition liegend, die selbständige
Bedeutung einer Markierung zu haben scheinen,
noch ein anderes, und zwar zweifellos als Meister-
marke anzusprechendes Schmiedezeichen einge-
schlagen ist.

3. Ob die gezahnte Bogenlinie auch vor Ende
des i5*Jahrhdt. rein dekorative Bedeutung hatte
und erst in der 2. Hälfte des 16. und imVerlauf des
17. Jahrhdt. den Charakter einer Vertriebs- oder
Reklamemarke annahm, oder aber in früherer Zeit
auf den Herstellungsort der Waffe Bezug hatte,
wie etwa der Passauer Wolf, bleibt dahingestellt.
Es mufs aber hier darauf hingewiesen werden,
dafs zu Beginn des 15. Jahrhdts. der Wappenmaler
der Codex Uffenbach in der Hamburger Stadtbiblio-
thek (um 1420) bei der Komposition eines Phan-
tasiewappens mit der Überschrift „Constantinopel


Abb. 26
die Stat“ durch Anbringung eines gezahnten,
bogenförmigen Zeichens, auf dem Klingenansatze
der drei Dolche offenbar den orientalischen Cha-
rakter der abgebildeten Waffen betonen wollte.
4. Die oben angeführten Daten, wenn richtig
gedeutet, ergeben Beziehungen der Luccheser
Waffenschmiede zu Mantua, Bologna, Ravenna
und Florenz, doch nicht den geringsten Berüh-
rungspunkt mit Genua, dessen Name doch 100
bis 150 Jahre später so häufig in Verbindung mit
der „Sichelmarke“ auftritt. Sollten wir nicht
voraussetzen dürfen, dafs die Seestadt mit ihrem
regen Exporthandel etwa dieselbe Rolle spielte
wie Damascus in der Geschichte der Damascener
Klingen?
 
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