8. HEFT
ROBERT FORRER, EIN KALENDER FÜR KÖNIG MATTHIAS CORVINUS
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aber vielleicht meint der Künstler gar nicht die
Traube als Zielobjekt, sondern den Bären, der
oben auf die Ziellinie zutrottet; oder er will mit
seiner Kugel die „Zwillinge“ treffen, denn in jener
Zeit rechnen die Schützen ja noch mit sehr starkem
Bogenschufs (vgl. z.B. Z.f.h. W. Bd.i, Sixl S. 226).
Das Monatsbild des Juni führt einen Mäher
vor, der mit grofser Sense Korn schneidet (Abb. B).
In den Bordüren sieht man oben den trottenden
Bären, wie auf der Vorderseite, darunter wieder
einen knienden Büchsenschützen ganz ähnlich
dem der vorhergegangenen Seite, mit dem Unter-
schiede jedoch, dafs er diesmal von vorn darge-
stellt ist. Auch er zielt mit dicht an den Stangern
schäft angelegtem Gesicht — in Ermangelung
eines Hakens — und stützt das Ende des Stieles
wieder fest auf den Boden. Das Rohr ist dies-
mal ein wenig stärker, hat schwach 1 mm Durch-
messer, was einem Original von ca. 43/4 cm Stärke
und ca. ix/a cm Kaliber entspricht (die oben erwähnte
Wiener Bronzebüchse hat 1,6 cm Kaliber). Die
Rohrlänge beträgt 12 mm = ca. 60 cm (das heifst
sie ist jener Wiener Büchse nach verwandt), die
Länge des Stieles 21 mm, d. h. stark 1 m am Ori-
ginal. Der Stiel ist dünner gezeichnet als beim
vorangegangenen Bild und zu Dreivierteln ganz in
Gold gemalt; beide Beobachtungen vereint lassen
an einen bronzenen Stangenschaft denken nach
Art der Büchsen , mit gleichfalls metallenen, hier
eisernen Stielen („Thierbachfestschrift“ Fig.4, S.26,
jedoch ohne Ringgriff). Auch hier ist oberhalb
der dem Zündloch näher sitzenden Hand einer
jener Goldtupfen mit Schnörkeln zu sehen, die
Hand und Zündloch verbinden und an eine vom
Schützen gehaltene, aber ungenau wiedergegebene
brennende Lunte denken lassen.
Beide Schützen (Abb. 8 a, b) tragen keine
weitere Waffe, sind aber auffallend gleichartig
gekleidet: ein oben weites, in den Hüften sehr
anschliefsendes kurzes Wams, beide Male blau-
farben, enge Beinlinge, beim einen rot, beim
andern braun, die beidemal über und unter dem
Knie mit goldenen Querstreifen ausgezeichnet
sind, dazu lange Schnabelschuhe und Filzhut,
der beim einen Schützen grau, beim anderen braun
und hinten aüfgekrempelt ist, beide mit gol-
dener Schnur und goldenem Knopf geziert. Die
gleiche Uniformierung ist beachtenswert, beson-
ders auch im Hinblick darauf, dafs die zwei
Krummschwertträger der vorangegangenen Sei-
ten zwar von diesen Büchsenschützen im Gewand-
schnitt abweichen, aber untereinander wieder in
der Form der Kopfbedeckung und im Schnitt
ihrer Gewandung übereinstimmen.
Die Gegenseite des Junimonats zeigt als
dessen Sternbild den Krebs, rotfarben gemalt
in grüner Landschaft, diese mit zahlreichen Bur-
gen im Hintergründe, das Wasser im Vorder-
gründe lebhaft bewegt. In der rosengeschmückten
Bordüre sieht man in der oberen Ecke einen
grauen Affen auf einem Schemel in der damals
modischen Stellung mit hoch übergeschlagenem
Bein sitzen und sich in einem Rundspiegel be-
sehen. Unten ein Mann in Mipartitracht, der
Rock blau und rot gespalten, in brauner Mütze
mit seitlich herabhängendem Futter, in der Linken
einen grau gemalten Gegenstand haltend, der
Abb. B. Juni.
einen Beutel, Fisch oder Krebs, am ehesten
letzteren, darstellen soll, in der Rechten einen
Gegenstand stockartig vor sich auf den Boden
stützend, der im nächsten Bild auch vorkommt
und . auf den ich daher bei diesem zurückkommen
werde. ■' .
Im Monat Juli sieht man in der Monatsbild-
miniatur ein Schnitter mit gezähnter Sichel das
Korn, schneiden, darüber in der Zierborte wieder
den sitzenden und sich spiegelnden Affen, unten
wieder denselben Mann in Mipartitracht wie vorhin.
Diesmal ist der Rock blau braun gespalten und
sind Mütze und Beinlinge schwarz^ Bei dieser wie
bei der vor angegangenen Vignette fällt die plumpe
bäuerliche Haltung auf, ebenso die breiten plum-.
pen Schnabelschuhe, die kurzen, unschönen Beine
mit stark vorgesetzten Knien, die schlecht sitzen-
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aber vielleicht meint der Künstler gar nicht die
Traube als Zielobjekt, sondern den Bären, der
oben auf die Ziellinie zutrottet; oder er will mit
seiner Kugel die „Zwillinge“ treffen, denn in jener
Zeit rechnen die Schützen ja noch mit sehr starkem
Bogenschufs (vgl. z.B. Z.f.h. W. Bd.i, Sixl S. 226).
Das Monatsbild des Juni führt einen Mäher
vor, der mit grofser Sense Korn schneidet (Abb. B).
In den Bordüren sieht man oben den trottenden
Bären, wie auf der Vorderseite, darunter wieder
einen knienden Büchsenschützen ganz ähnlich
dem der vorhergegangenen Seite, mit dem Unter-
schiede jedoch, dafs er diesmal von vorn darge-
stellt ist. Auch er zielt mit dicht an den Stangern
schäft angelegtem Gesicht — in Ermangelung
eines Hakens — und stützt das Ende des Stieles
wieder fest auf den Boden. Das Rohr ist dies-
mal ein wenig stärker, hat schwach 1 mm Durch-
messer, was einem Original von ca. 43/4 cm Stärke
und ca. ix/a cm Kaliber entspricht (die oben erwähnte
Wiener Bronzebüchse hat 1,6 cm Kaliber). Die
Rohrlänge beträgt 12 mm = ca. 60 cm (das heifst
sie ist jener Wiener Büchse nach verwandt), die
Länge des Stieles 21 mm, d. h. stark 1 m am Ori-
ginal. Der Stiel ist dünner gezeichnet als beim
vorangegangenen Bild und zu Dreivierteln ganz in
Gold gemalt; beide Beobachtungen vereint lassen
an einen bronzenen Stangenschaft denken nach
Art der Büchsen , mit gleichfalls metallenen, hier
eisernen Stielen („Thierbachfestschrift“ Fig.4, S.26,
jedoch ohne Ringgriff). Auch hier ist oberhalb
der dem Zündloch näher sitzenden Hand einer
jener Goldtupfen mit Schnörkeln zu sehen, die
Hand und Zündloch verbinden und an eine vom
Schützen gehaltene, aber ungenau wiedergegebene
brennende Lunte denken lassen.
Beide Schützen (Abb. 8 a, b) tragen keine
weitere Waffe, sind aber auffallend gleichartig
gekleidet: ein oben weites, in den Hüften sehr
anschliefsendes kurzes Wams, beide Male blau-
farben, enge Beinlinge, beim einen rot, beim
andern braun, die beidemal über und unter dem
Knie mit goldenen Querstreifen ausgezeichnet
sind, dazu lange Schnabelschuhe und Filzhut,
der beim einen Schützen grau, beim anderen braun
und hinten aüfgekrempelt ist, beide mit gol-
dener Schnur und goldenem Knopf geziert. Die
gleiche Uniformierung ist beachtenswert, beson-
ders auch im Hinblick darauf, dafs die zwei
Krummschwertträger der vorangegangenen Sei-
ten zwar von diesen Büchsenschützen im Gewand-
schnitt abweichen, aber untereinander wieder in
der Form der Kopfbedeckung und im Schnitt
ihrer Gewandung übereinstimmen.
Die Gegenseite des Junimonats zeigt als
dessen Sternbild den Krebs, rotfarben gemalt
in grüner Landschaft, diese mit zahlreichen Bur-
gen im Hintergründe, das Wasser im Vorder-
gründe lebhaft bewegt. In der rosengeschmückten
Bordüre sieht man in der oberen Ecke einen
grauen Affen auf einem Schemel in der damals
modischen Stellung mit hoch übergeschlagenem
Bein sitzen und sich in einem Rundspiegel be-
sehen. Unten ein Mann in Mipartitracht, der
Rock blau und rot gespalten, in brauner Mütze
mit seitlich herabhängendem Futter, in der Linken
einen grau gemalten Gegenstand haltend, der
Abb. B. Juni.
einen Beutel, Fisch oder Krebs, am ehesten
letzteren, darstellen soll, in der Rechten einen
Gegenstand stockartig vor sich auf den Boden
stützend, der im nächsten Bild auch vorkommt
und . auf den ich daher bei diesem zurückkommen
werde. ■' .
Im Monat Juli sieht man in der Monatsbild-
miniatur ein Schnitter mit gezähnter Sichel das
Korn, schneiden, darüber in der Zierborte wieder
den sitzenden und sich spiegelnden Affen, unten
wieder denselben Mann in Mipartitracht wie vorhin.
Diesmal ist der Rock blau braun gespalten und
sind Mütze und Beinlinge schwarz^ Bei dieser wie
bei der vor angegangenen Vignette fällt die plumpe
bäuerliche Haltung auf, ebenso die breiten plum-.
pen Schnabelschuhe, die kurzen, unschönen Beine
mit stark vorgesetzten Knien, die schlecht sitzen-
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