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W. M. SCHMID, PASSAUER WAFFENWESEN
VIII. BAND
probsthof einbezogen ist. Wohl aus dieser stam-
mend, befindet sich jetzt in der hl. Geistkirche
ein Glasgemälde von 1513, welches das Zunft-
wappen zeigt: Drei Gläfen in weifs auf rotem
Grund; die Form dieser Klingen entspricht etwa
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, so dafs
aus dieser Zeit auch das Wappen stammen mufs
(Abb. 1). Die Inschrift lautet:
„Von dem erbarn Hantberch der Kl Ingens chniit
und von den pruedern und Sbestern aus der löblichen
zech und pruederschaft der heiligen Junkfraiv Sand
Warbara ist das Glas gemacht ipip‘.
Abb. 1.
Glasgemälde der Klinger-
zunft von 1513 in der hl.
- Geistkirche in Passau.
Abb. 2.
Glasgemälde der Klinger-
zunft von 1513 in der hl.
Geistkirche in Passau.
Als Gegenstück ist die hl. Barbara darge-
stellt; darunter sind die zwei Vorgeher der Zunft
mit ihren Namens-Patronen Emmeran und Hie-
ronymus zu sehen (Abb. 2).
Die sachgemäfse Herstellung einer guten
Waffe setzt die Kenntnis von deren Führung
voraus; daher waren Meister und Gesellen in der
Handhabung von Hieb- und Stichwaffen wohl
bewandert und hatten auch das Recht, eine
„Wehr“ zu tragen, die nur auf der Zunftstube
abgelegt werden mufste; die Gewandtheit in der
Waffenführung wurde von den Gesellen zu Fast-
nacht in einem Schwertertanz auch öffentlich
gezeigt25). Mit den Bognern, Schützen und Platt-
nern waren die Kl. besonders geschätzte Glieder
der Stadt wehr. Ihre Vorgeher spielten in deren
Organisation eine besondere Rolle, indem' ihnen
als Hauptleuten der einzelnen Stadtviertel die
Kontrolle über die Bewachung der Tore, Türme
und Stadtmauern übertragen • war.
Gelegenheit zu ernsthafter Verteidigung der
Stadt war im 14. und 15. Jahrhundert reichlich
gegeben, da die häufigen Doppelkandidaturen
für den Bischofsstuhl meist einen Kampf um die
Stadt herbeiführten, wobei die Bürgerschaft in der
— allerdings stets vergeblichen — Hoffnung, die
Unabhängigkeit und Reichsfreiheit zu erwerben,
sich meist zu beiden feindlich verhielt. Sonst
zeigte sich die Zunft in feierlichem Aufzug und
Spalier bei den Einzugsfestlichkeiten der Bischöfe,
bei Besuchen von Kaisern und Königen und bei
der F'rohnleichnamsprozession.
Wenn auch die älteste Kl.-Ordnung von den
drei Gedingen, d. h. der Altstadt Passau, dem
Fischerdorf an der Ilz (Ilzstadt) und dem Dorf
jenseits der Innbrücke (Innstadt), spricht, so
sind die Kl. doch schon seit ältesten Zeiten in
der Innstadt ansässig gewesen. Dahin zog sie
vor allem die Ausnützung der Wasserkräfte des
Beiderbaches (Beider — Boitro = Bojodurum,
das alte kelto-römische Kastell), dann des Mühl-
und Haibaches; dort wurden Hämmer sowie
Schleif- und Poliermühlen neuerbaut oder schon
bestehende Lohstampf- und Walchmühlen dazu
umgeändert. Es wird zwar in dem sog. Neu-
markt, der 1209 durch Ummauerung zur Stadt
gezogen wurde, eine „Klingergasse“ (jetzt
kleine Klingergasse) genannt; urkundliche Nach-
richten aber zeigen, dafs dort im späteren Mittel-
alter nie mehr Klingenschmiede safsen. Eben weil
sie ihr Handwerk fast ausschliefslich in der Inn-
stadt betrieben (hauptsächlich in der Schmied-
gasse), waren sie gleich den dortigen Lederern,
Webern und Müllern dem Richter für diesen
Stadtteil, dem Probstrichter unterstellt.
Am Beider- und Mühlbach, unmittelbar bei
der Innvorstadt von Passau waren die Schwert-
schmiede weniger ansässig, sondern hauptsächlich
am Haibach, der ca. 2 km östlich Passau in die
Donau mündet. Er hat ein schwaches, kaum 3 m
breites Rinnsal; von der Mündung bis ca. 7 km
aufwärts wurden einst 21 Anlagen mit Wasser-
kraft betrieben, welche jetzt zusammen die öster-
reichische Ortschaft Haibach bilden. Davon sind
heute 1 Porzellanerdemühle, 7 Mahl- und Säge-
mühlen, 5 Hammerschmieden; 1 Lohstampf ist ein-
2S) Kreisarchiv Landshut, Hofratsprotokolle von 1537.
W. M. SCHMID, PASSAUER WAFFENWESEN
VIII. BAND
probsthof einbezogen ist. Wohl aus dieser stam-
mend, befindet sich jetzt in der hl. Geistkirche
ein Glasgemälde von 1513, welches das Zunft-
wappen zeigt: Drei Gläfen in weifs auf rotem
Grund; die Form dieser Klingen entspricht etwa
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, so dafs
aus dieser Zeit auch das Wappen stammen mufs
(Abb. 1). Die Inschrift lautet:
„Von dem erbarn Hantberch der Kl Ingens chniit
und von den pruedern und Sbestern aus der löblichen
zech und pruederschaft der heiligen Junkfraiv Sand
Warbara ist das Glas gemacht ipip‘.
Abb. 1.
Glasgemälde der Klinger-
zunft von 1513 in der hl.
- Geistkirche in Passau.
Abb. 2.
Glasgemälde der Klinger-
zunft von 1513 in der hl.
Geistkirche in Passau.
Als Gegenstück ist die hl. Barbara darge-
stellt; darunter sind die zwei Vorgeher der Zunft
mit ihren Namens-Patronen Emmeran und Hie-
ronymus zu sehen (Abb. 2).
Die sachgemäfse Herstellung einer guten
Waffe setzt die Kenntnis von deren Führung
voraus; daher waren Meister und Gesellen in der
Handhabung von Hieb- und Stichwaffen wohl
bewandert und hatten auch das Recht, eine
„Wehr“ zu tragen, die nur auf der Zunftstube
abgelegt werden mufste; die Gewandtheit in der
Waffenführung wurde von den Gesellen zu Fast-
nacht in einem Schwertertanz auch öffentlich
gezeigt25). Mit den Bognern, Schützen und Platt-
nern waren die Kl. besonders geschätzte Glieder
der Stadt wehr. Ihre Vorgeher spielten in deren
Organisation eine besondere Rolle, indem' ihnen
als Hauptleuten der einzelnen Stadtviertel die
Kontrolle über die Bewachung der Tore, Türme
und Stadtmauern übertragen • war.
Gelegenheit zu ernsthafter Verteidigung der
Stadt war im 14. und 15. Jahrhundert reichlich
gegeben, da die häufigen Doppelkandidaturen
für den Bischofsstuhl meist einen Kampf um die
Stadt herbeiführten, wobei die Bürgerschaft in der
— allerdings stets vergeblichen — Hoffnung, die
Unabhängigkeit und Reichsfreiheit zu erwerben,
sich meist zu beiden feindlich verhielt. Sonst
zeigte sich die Zunft in feierlichem Aufzug und
Spalier bei den Einzugsfestlichkeiten der Bischöfe,
bei Besuchen von Kaisern und Königen und bei
der F'rohnleichnamsprozession.
Wenn auch die älteste Kl.-Ordnung von den
drei Gedingen, d. h. der Altstadt Passau, dem
Fischerdorf an der Ilz (Ilzstadt) und dem Dorf
jenseits der Innbrücke (Innstadt), spricht, so
sind die Kl. doch schon seit ältesten Zeiten in
der Innstadt ansässig gewesen. Dahin zog sie
vor allem die Ausnützung der Wasserkräfte des
Beiderbaches (Beider — Boitro = Bojodurum,
das alte kelto-römische Kastell), dann des Mühl-
und Haibaches; dort wurden Hämmer sowie
Schleif- und Poliermühlen neuerbaut oder schon
bestehende Lohstampf- und Walchmühlen dazu
umgeändert. Es wird zwar in dem sog. Neu-
markt, der 1209 durch Ummauerung zur Stadt
gezogen wurde, eine „Klingergasse“ (jetzt
kleine Klingergasse) genannt; urkundliche Nach-
richten aber zeigen, dafs dort im späteren Mittel-
alter nie mehr Klingenschmiede safsen. Eben weil
sie ihr Handwerk fast ausschliefslich in der Inn-
stadt betrieben (hauptsächlich in der Schmied-
gasse), waren sie gleich den dortigen Lederern,
Webern und Müllern dem Richter für diesen
Stadtteil, dem Probstrichter unterstellt.
Am Beider- und Mühlbach, unmittelbar bei
der Innvorstadt von Passau waren die Schwert-
schmiede weniger ansässig, sondern hauptsächlich
am Haibach, der ca. 2 km östlich Passau in die
Donau mündet. Er hat ein schwaches, kaum 3 m
breites Rinnsal; von der Mündung bis ca. 7 km
aufwärts wurden einst 21 Anlagen mit Wasser-
kraft betrieben, welche jetzt zusammen die öster-
reichische Ortschaft Haibach bilden. Davon sind
heute 1 Porzellanerdemühle, 7 Mahl- und Säge-
mühlen, 5 Hammerschmieden; 1 Lohstampf ist ein-
2S) Kreisarchiv Landshut, Hofratsprotokolle von 1537.