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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Pauli, Gustav: Neues aus Dresden, [1]
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Schönaich, Gustav: Die Münchener Secession in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0155

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Neues aus Dresden. — Die Münchener Secession in Wien von Gustav Schoenaich

wollen wir hoffen, daß Schneider seine bedeutende zeich-
nerische Begabung den graphischen Künsten zuwende.
Man braucht kein Prophet zu sein, um zu behaupten, daß
ihm hier große Erfolge gewiß wären.

Das Schicksal gefällt sich zuweilen darin, recht un-
gleiche Wesen in enge Verbindung mit einander zu bringen.
Das einfache kleine Atelier Schneiders wurde geteilt von
einem Freunde, der ihm nur darin glich, daß auch er
jung war, an Glücksgütern arm, aber an Gaben reich.
Richard Müller ist kein Phantasiemaler, seine Be-
gabung liegt auf einem ganz anderen Gebiet. Aus dem
zoologischen Garten hat er eine Reihe von frisch skizzierten
Tierporträts mitgebracht, lebhaft, naturwahr, mit jenem
leisen Anflug von Komik, den ein sprechendes Bildnis
fast immer hat. Da war ein Elefant, ein Strauß, eine

NS

Giraffe und anderes mehr. Daneben dann aber auch
sehr respektable Porträtstudien nach alten Männlein und
Weiblein aus dem Arbeiterstande.

In der speziell malerischen Veranlagung scheint er
seinem Gefährten Schneider entschieden überlegen zu sein.
Auf der Secessionistenausstellung in Dresden befindet
sich von ihm gegenwärtig die Kreidestudie eines Pro-
menadenweges, die eines Liebermann nicht unwürdig
wäre, und dicht daneben hängt eine vortreffliche kleine
Ölstudie eines Malers in seinem Atelier. Wir wollen
dem jungen Künstler von Herzen wünschen, daß der rauhe
Waffendienst, dem er zur Zeit obliegen muß, ihm nicht Auge
und Hand abstumpfen möge, daß er vielmehr dereinst, wenn
er den bunten Rock an den Nagel gehängt hat, da fort-
fahren könne, wo er gestern stehen geblieben ist.

Louli.

Die Münchener Secession
in Wien.

von Gustav Schoenaich.

wären also die Kunstrevolutionäre
aus der stammverwandten Hauptstadt
Bayerns in die freundlichen und lichten Säle
unseres Künstlerhauses eingezogen. Die gün-
stige Gestaltung seiner Räume gestattete den
Gästen die humanen Prinzipien, welche sie
in ihrem eigenen Ausstellungsräume in
München für die Verteilung der Objekte,
ebenso vorteilhaft für die letzteren wie für
die Beschauer zur Geltung gebracht, auch in
Wien zur vollen Durchführung zu bringen.
Der neue Geist vermag verständlich, nicht
übertäubt von einem maßlosen Stimmgewirre,
zum Beschauer zu sprechen. Die Strebenden
und Lernbedürftigen unserer künstlerischen
Jugend, denen nicht leicht Gelegenheit ge-
boten ist, sich durch Reisen mit den Kunst-
strömungen im Auslande vertraut zu machen,
haben den Einzug der Secession mit einer
gewissen Leidenschaft erwartet und begrüßt,
das große Publikum, dem widersprechende
Zeitungsberichte vielfach die unklarsten Vor-
stellungen über diese Bestrebungen eingepflanzt
hatten, war durch Neugierde erregt. Schon
seit langer Zeit dürften in Wien nicht in so
weiten Kreisen aufgeregte Debatten über
Malerei und bildende Kunst geführt worden
sein. Im allgemeinen kam man dem Unter-
nehmen mit großer Sympathie entgegen und
überdies wirkte der Besuch des Kaisers am
Eröffnungstage um so belebender für das
Unternehmen, als von dieser höchsten Stelle
der Ausstellung und den sie vertretenden
Künstlern das eingehendste Interesse entgegen-
gebracht wurde. Die Münchener find zur
rechten Zeit auf dem Plan erschienen. Schon
seit längerer Zeit gärt es in unseren
Künstlerkreisen. Es hat sich ihrer eine ge-
wisse Nervosität bemächtigt, deren Entstehung

Christus ;um Volke redend, von Alexander Schneider.
 
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