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Die Gartenkunst — 5.1903

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Bertram, Max: Die Parkanlage zu Sibyllenort, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0012

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2

DIE GARTENKUNST

V, 1

Die Absicht, hierin Wandel zu schaffen, bedurfte je-
doch bis zur vollständigen Reife mehrere Jahre. Zum
ersten Male geschieht ihrer Erwähnung in einem Briete
des herzoglichen Hofmarschalls von Bülow, dat. Braun-
schweig den 9. Januar 1844, an den Vorsitzenden der
herzoglichen Kammer — der ehemaligen Verwaltungs-
behörde für die zum Fürstentum Öls gehörigen und die
eigentümlichen Güter des Herzogs — den Kammerpräsidenten
von Keltsch. Dieser Brief lautet:
„Könnte die Umgegend von Sibyllenort ebenfalls
recht bald aufgenommen werden, so würde es mir sehr
wünschenswert sein, dadurch eine Übersicht der Teile
zu erhalten, welche sich eigneten, mit dem Garten, wenn
auch nur par distance, in Verbindung gebracht zu
werden, jedoch einen Park zu schaffen (denn die Kosten
solcher Anlagen sind mir wohl bekannt) ist weder meine
Absicht noch mein Wunsch — allein in der Umgebung-
hübsche Punkte verschönern, Baumgruppen hervor-
zuheben, das versteckte Schöne dem Auge zeigen etc.
c’est ä dire eine Gegend verschönern — das wird keine
Kosten verursachen.“
Dieser Anregung zufolge -wurde von der herzoglichen
Kammer ein Situationsplan vorgelegt und darauf bereits
unter dem 26. Februar desselben Jahres die Vornahme
einiger Veränderungen in dem Schlofsgarten angeordnet,
die Ausführung aber dem herzoglichen Schlofsaufseher
Gerloff aus Braunschweig übertragen. Welcher Art diese
waren, ist aus den Akten nicht recht ersichtlich, doch
lassen verschiedene Schreiben annehmen, dafs sie neben
der Erweiterung des (inneren) Parkes nach Osten zu,
hauptsächlich die Vergrösserung des Teiches, Anlage von
Promenaden, neue Anpflanzungen und Ergänzungen bau-
licher Sachen in der Orangerie, welche ausserhalb des
eigentlichen Schlofsterrains nördlich davon (im jetzigen
Dominial-Gehöfte) lag, überdies aber die Herstellung einer
Terrasse betrafen. Letztere befand sich an der Nordseite
des Schlosses, ist jedoch bei den späteren Umbauten wieder
beseitigt worden.
In der zweiten Hälfte der 40er Jahre hat die Herstellung
der parkartigen Anlagen in der Umgebung des Schlosses
nur geringe Fortschritte gemacht. Anscheinend be-
schränkte man sich, ohne planmäfsig vorzugehen, auf ge-
ringfügige Arbeiten im Sinne der vom Hofmarschall von
Bülow angezeigten Richtung, vermied also den Aufwand
beträchtlicher Kosten. Energisch ging man erst zu Werke,
als (am 27. Juli 1850) der Herzog persönlich dem Kammer-
präsidenten von Keltsch über die Ausführung von weiteren
Baulichkeiten und Parkanlagen Anweisungen erteilte,
denen zufolge in Erwägung zu ziehen war: „wie weit und
in welchen Linien nach den 3 verschiedenen Seiten hin
(Ost, Süd und West) der Park erweitert werden soll,“ wo-
bei die Verlegung von Wegen und die Herbeiführung eines
reichlichen Wasserzuflusses zu dem Schlofsteich mit ins
Auge zu fassen war. Hierauf entwarf der Schlofsgärtner
Gillert in Sibyllenort einen Plan, der auch genehmigt
wurde, zu dessen Ausführung aber, zweifellos auf direkten
Befehl des Herzogs, der Planteur Ebert aus Braunschweig
mit herangezogen werden sollte.

Tatsächlich sind nun im Jahre 1852 die fraglichen
Arbeiten in umfassender Weise in Angriff genommen
worden, doch hatte der mittlerweile eingetroffene Ebert
nicht den Gillertschen Plan zu Grunde gelegt, sondern ver-
langte, unbekümmert um frühere Anordnungen, die Auf-
stellung eines neuen Planes lediglich nach seinen An-
schauungen. Es wurde dann auch nach Eberts „Ansicht“
— nicht von ihm selbst, „da er des Schreibens und
Zeichnens nicht recht kundig gewesen sein soll“
— ein solcher ausgearbeitet, der Höchsterseits mit der Be-
stimmung Annahme fand, „dafs die Arbeiten im östlichen
Teile noch im Spätherbst des Jahres 1853, solange als es
die Witterung erlaubt, fortzusetzen sind, und die Her-
stellung der Rasenflächen nebst den nötigen Anpflanzungen
vor, d. h. südlich von dem Schlosse, vorzubereiten ist, da-
gegen auf die projektierten gröfseren Wasserpartien ver-
zichtet werden soll, wenn sich die Schwierigkeiten, die
diesem Projekt entgegentreten, nicht leicht beseitigen
lassen“. Das letztere mufste, um dies sogleich zu be-
merken, tatsächlich aufgegeben werden; es zielte nämlich
auf eine Verbindung des „Dobrischauer Grofsteich“ mit
dem Schenske-Teich ab — ersterer liegt ca. 2 km östlich,
letzterer ca. 4 km westlich von Sibyllenort — und zwar
durch einen breiten schiffbaren Kanal, welcher erst-
genannten Teich mit dem zwischen diesem und dem
Schlosse gelegenen Egelteich, ferner letzteren mit dem
inneren Schlofsteich verbinden und alsdann in genau
westlicher Richtung verlaufend, nach dem Schenske-Teich
führen sollte. Die Untersuchung über die Ausführbarkeit
dieses Projekts wurde mit besonderem Eifer betrieben, und
dasselbe erst dann endgültig fallen gelassen, als der
Wasserbauinspektor Martins aus Breslau in einem aus-
führlichen Gutachten die aufserordentlichen Schwierigkeiten
nachgewiesen hatte, welche sich diesem Kanalbau entgegen-
stellten. Diesen Wasseranlagen ist auch der Bau einer
Zugbrücke, über welche der Donatschiner Weg führt, zu-
zuschreiben, da wohl beabsichtigt war, die Teiche und
Kanäle mit Segelbooten zu befahren.
Der nach Eberts Ansicht ausgearbeitete Plan hat
durch den Einflufs des mehrgenannten Kammer-Präsidenten
von Keltsch, eines äufserst gewandten und umsichtigen
Beamten, mancherlei Änderungen und Ergänzungen er-
fahren. Immerhin ist jenem das Verdienst zuzusprechen,
zuerst ein klares Bild vorgezeichnet zu haben, nach
welchem die Umwandlung der einförmigen Umgebung des
Schlosses in eine landschaftlich anmutige Gegend ge-
schehen konnte. Die Ausführung, die Ebert persönlich
leitete und mit verschiedenen Umgestaltungen im inneren
Park verbunden war, hat natürlich mehrere Jahre und
ansehnlichen Geldaufwand erfordert. Zeitweise waren
500-600 Arbeiter beschäftigt, deren Tagelohn, beiläufig
erwähnt, 6 Sgr. 6 Pf. (= 78 Pf. damaliger preufsischer und
= 65 Pf. jetziger deutscher Währung) pro Mann betrug.
Die Arbeiten erstreckten sich über eine Fläche von un-
gefähr 150 ha und bestanden zur Hauptsache aus der
schon oben erwähnten Verbindung des inneren und
äufseren Schlofsteiches und des Egel-Teiches, die zusammen
etwa 5 ha umfafst haben mögen, zu einem Teiche, dem
 
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