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Die Gartenkunst — 5.1903

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Verschiedene Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0071

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52

DIE GARTENKUNST

V, 8

Verschiedene Mitteilungen.
Gehört die „Landschaftsgärtnerei“ zu den Gewerben
im Sinne der Gewerbeordnung? Diese Frage beschäftigte
vor kurzem das Berliner Gewerbegericht. Die VII.
Kammer, unter Vorsitz des Gewerberichters Dr. Gerth, bejahte
nach längeren Darlegungen und Auseinandersetzungen die auf-
geworfene Frage. Über den prinzipiell interessanten Fall teilt
die „Volksztg.“ folgendes mit:
Drei Landschaftsgärtnereigehilfen hatten gegen die Firma
Glum & Hoeltz, Gartenarchitekten und Landschaftsgärtnerei-
unternehmer, wegen kündigungsloser Entlassung Klage erhoben;
zwei der Gehilfen forderten eine Lohnentschädigung je für
14 Tage, der dritte, welcher als Obergärtner tätig war, stützte
sich auf § 133 a der Gewerbeordnung, wonach ihm die Eigen-
schaft eines „Werkführers“ und deshalb sechswöchige Kündigung
zukomme. Über die Art des Landschaftsgärtnereibetriebes der
Beklagten führten die Kläger folgendes aus: Die Firma be-
schäftigt sich gewerbsmäfsig mit der sogenannten Gartenarchitek-
tur und Landschaftsgärtnerei; sie übernimmt im Wege des Werk-
vertrages (§§ 631 ff. des Bürg. Ges.-Buches) das Entwerfen und
Zeichnen von Plänen, nach denen später Gartenanlagen (Parks,
landschaftliche Zier- und Lustgärten, Vorgärten von Wohn-
häusern) sowohl in gröfserem wie auch in kleinerem Umfange
neu hergestellt oder umgeändert werden. Die Firma führt
solche Anlagen auch selbst aus und zwar ebenfalls im Wege von
Werkverträgen. Aufserdem übernimmt sie im Wege des Werk-
vertrages das dauernde und zeitweise Instandsetzen solcher An-
lagen. Zur Ausführung ihrer Aufträge und Unternehmungen
beschäftigt die Firma vornehmlich gelernte Kunst- und Land-
schaftsgärtner als Gehilfen (bezw. „Gesellen“). Bei grölseren
Anlagen wird in der Regel ein Obergärtner als technischer
Leiter oder Werkführer (Werkmeister) beschäftigt. Die Mate-
rialien, welche die Firma zur Herstellung der von ihr bewirkten
Anlagen benötigt (Bäume, Sträucher u. s. w.; Kies, Zement,
Bau- und Feldsteine u. s. w., welche letztgenannte für tiefbau-
technische Anlagen, wie Teiche, Hügel, Wege, Felspartien,
Grotten und dergleichen Verwendung finden), kauft die Firma
teils selbst ein, teils werden sie ihr von ihren Auftraggebern,
für die sie das Werk „Ziergartenanlage“ herstellen oder unter-
halten bezw. renovieren, geliefert. Der Betrieb gleiche also fast
in jeder Beziehung demjenigen eines Bauunternehmers.
Die beklagte Firma erkannte die gegebene Charakterisierung
ihres Betriebes als richtig an, behauptete aber dennoch, er sei
als gewerblicher im Sinne der Gewerbeordnung nicht anzu-
sehen, da der Gartenbau nach den Motiven zu § 6 der Gewerbe-
ordnung dem Ackerbau, das ist der Landwirtschaft, analog
zu behandeln sei. Auch habe sie ihre Angestellten bei der land-
end forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft in Unfallsachen
versichern müssen.
Das Gewerbegericht trat jedoch, wie eingangs schon bemerkt,
den Ausführungen der Kläger bei und erkannte sich als sach-
lich zuständig. Die Bestimmungen des Unfallversicherungs-
gesetzes könnten schon deswegen an dem Charakter eines
Gärtnereibetriebes nichts ändern, da in Unfallsachen alle
Gärtnereien, selbst die Handelsgärtnereien der landwirt-
schaftlichen Berufsgenossenschaft zugeteilt seien. — In der
Klagesache selbst kam nach längeren Verhandlungen schliel's-
lich ein Vergleich zustande, wonach die Firma dem Obergärtner
20 Mark und den beiden Gehilfen je 16 Mark als Lohnent-
schädigung zu zahlen sich bereit erklärte und die Kläger ihre
weiteren Ansprüche fallen liessen.
Die hier von dem Berliner Gewerbegericht den Land-

schaftsgärtnern gegenüber eingenommene Stellungnahme, wo-
nach diese als Gewerbetreibende bezw. gewerbliche Ge-
hilfen anzuerkennen seien, ist für die Angehörigen dieses
Berufsstandes deshalb von besonderer Bedeutung, weil die
meisten anderen Gerichte bisher einen anderen Standpunkt ein-
genommen haben. So erklärten zum Beispiel die Gewerbe-
gerichte zu Mannheim und Recklinghausen die Land-
schaftsgärtnergehilfen als landwirtschaftliche Arbeiter,
während das Amtsgericht II und das Landgericht 11
Berlin dieselben Gehilfen als „Künstler“, die Landschafts-
gärtnerei als „bildende Kunst“ behandelt haben.
Die Landschaftsgärtner Berlins fafsten am 5. Februar in
ihrer Generalversammlung einstimmig den Beschlufs, in eine
Lohnbewegung einzutreten. Ihre Hauptforderungen sind
ein Minimalstundenlohn von 50 Pfg. (bisher 40 Pfg.), bei zehn-
stündiger täglicher Arbeitszeit. Überstunden und Sonntags-
arbeit 15 Pfg. Zuschlag die Stunde. Fahrgeldvergütung; Schutz-
vorrichtungen gegen Witterungseinflüsse; Handwerkszeug ist
vom Arbeitgeber zu liefern; Lohnauszahlung hat während der
Arbeitszeit zu erfolgen und darf nicht in Schankwirtschaften
vorgenommen werden u. s. w. Da der „Verband der gewerbe-
treibenden Landschaftsgärtner Berlin“ jede Verhandlung mit
der Gehilfenvertretung abgelehnt hat, so ist ein Streik sehr
wahrscheinlich.
Mit dem geplanten Umbau des Ratskellers in Berlin
sollen der „Nationalztg.“ zufolge vor der Hauptfront des Rat-
hauses in der Königstrafse vor dem Ratskeller G artenanlagen
geschaffen werden, die im Sommer für die Zwecke des Restau-
rants dienen könen. Diese Anlagen sollen aus mit Ziersträuchern
versehenen Rasenplätzen bestehen, über die ein grofses Zelt-
dach gespannt wird, und es soll dafür Sorge getragen werden,
dafs die Anlage einem dem Rathause durchaus würdigen Cha-
rakter erhält. Von der Königstrafse aus werden zwei neue
Eingänge zum Ratskeller führen, von denen der eine nach dem
Bierrestaurant, der andere nach den Weinstuben leitet; doch’
bleiben die bisherigen Eingänge in der Juden- und Spandauer-
strafse gleichfalls bestehen. Die Renovierungen im Ratskeller
selbst werden recht umfangreich sein. Vor allem ist das Be-
streben darauf gerichtet, den Räumen mehr Luft und Licht
zuzuführen. Zu diesem Zweck wird anschliefsend an die er-
wähnten Anlagen in der Königstrafse dort der Lichtschacht er-
weitert und dadurch die Fenster vergröfsert werden. Auch die
innere Ausstattung des Ratskellers wird dem Geschmack der
Zeit entsprechend verschönert.
Für die neueinverleibten westlichen Vororte Dresdens
soll dem „Leipz. Tagebl.“ zufolge demnächst ein grofser
Volkspark geschaffen werden, da die dortige Gegend sehr
arm an Waldbeständen ist. Der Plan soll dem nächsten Land-
tage unterbreitet werden. Aufserdem hat auch die Stadt-
gemeinde die Förderung der Angelegenheit zugesagt und in
dem der Einverleibung zu Grunde liegenden Ortsgesetz u. a.
folgende Bestimmung aufgenommen: „Den Plan der Schaffung
eines Volksparkes für die westlichen Vororte wird der Rat. so
viel an ihm ist, tunlichst fördern.“ Dresden würde dann drei
grofse parkähnliche Gärten besitzen: den König!. Grofsen Garten,
den König Albert-Park am Eingänge der Dresdener Heide und
den geplanten neuen Westendpark.
Die Unterhaltung der städtischen Kuranlage in Wies-
baden wird bisher von einer Privatfirma für 34 000 Mark jähr-
lich besorgt. Diese soll dabei angeblich einen Reinverdienst
von 15 000 Mark haben. Der Kurverein beschlofs nun, die
Kündigung dieses langjährigen Vertrages und Übernahme der
Anlagen in städtische Regie, eventuell unter Anstellung eines
besonderen Garten direkte rs zu beantragen. „Frkft. Ztg.“
 
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