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Die Gartenkunst — 5.1903

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Glogau, Arthur: Landesverschönerung
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Chasté, Emil: Ein Mahnwort zur Erhaltung deutscher Pflanzensammlungen und Gärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0121

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98

DIE GARTENKUNST

V, 6

wechslungsreich gestalten. Oder dürfte es so schwierig
sein, die Waldwege und Landstrafsen auch mit Rücksicht auf
die Landesverschönerung anzulegen und dementsprechend
auch die Landschaft gartenkünstlerisch zu behandeln ?
Dabei bedarf es keineswegs eines Enteignungsver-
fahrens. Es ist durchaus nicht notwendig, dafs die so zu
behandelnden Waldungen staatlich sind; auch der Privat-
besitzer oder die Gemeinde wird sich der Öffnung seiner
Besitzungen für den gröfseren Verkehr nicht zu abgeneigt
zeigen, da der regere Verkehr auch bedeutende Vorteile
mit sich bringt. — Wir haben es ja nie mit kleinen Ver-
hältnissen zu tun bei der Landesverschönerung. Wir ar-
beiten nicht mit nach Quadratmetern zu berechnenden
Flächen, sondern mit Hektaren, mit Quadratkilometern.
Wir wollen keine Zerstückelung des Grundbesitzes in
kleine Parzellen. Wir wollen nur eine solche Ausnutzung
der Flächen, die sich „nicht nur auf rücksichtslose
Ausbeutung zu materiellem Gewinn“ beschränkt,
sondern auch bei dem gröfstmöglichsten materiellen Ge-
winn die Pflege der Landesverschönerung bewufst
verfolgt.
In Ansehung der Richtigkeit der angeregten Frage
drängt sich der Wunsch auf, dafs unsere angesehensten
Gartenkünstler sich veranlafst fühlen möchten, ihre Mei-
nungen, ihre Hoffnungen und Bedenken auszusprechen.
Ebenso wie wir schon jetzt den warmen Befürwortern der
Idee, den Anregungen von Schoch, Trip, Wilhelm
Bode u. s. w. dankbar sind, so wird die Gesamtheit der
Gartenkünstler daran profitieren, wenn recht viele Meinungen
geäufsert werden. Wie schon vorher erwähnt, wird die
Erörterung dieser Frage indirekt uns der Hochschulfrage
wieder zerführen, aber es schadet doch nichts, die letztere
ist doch noch nicht als gelöst zu betrachten.
Wilhelm Bode war vorher genannt, aber es scheint,
dafs ein grofser Teil Berufsgenossen diesen Mann kaum
dem Namen nach kennt, und doch sind wir diesem
hervorragenden Philanthropen aus Weimar zu Dank ver-
pflichtet. Er ist nicht allein der Theoretiker in dem Anti-
alkoholkampf, sondern er ist besonders bemüht, praktisch
durchführbare Ideen mitzuteilen, wie dem übermäfsigen
Alkoholgenufs gesteuert werden kann. Wie er gerade der
Idee der Landesverschönerung mit Begeisterung huldigt,
beweisen folgende Ausführungen, die den Nagel auf den
Kopf treffen und als Programm gelten können: „Und wo
man W7ald hat, verlangt man von den Forstverwaltern,
dafs sie auch mit Geschmack ihn pflegen. Selbst den viel-
besungenen deutschen Wald haben ja die rechnenden
Ertragsspekulanten oft langweilig und häfslich zu machen
verstanden. Keine Gemeinde sollte in ihrem Walde einen
Forstverwalter dulden, der nicht für einzelne schöne Baum-
gruppen, für Waldwiesen, für Aussichtsplätze sorgt, der
nicht dem Rande der Wälder schöne Konturen gibt, nicht
einzelne Bäume heranzuziehen weifs, an deren Schönheit
zehn Generationen ihre Freude haben müssen. Aber auch
der Staat sollte die Oberförster fortjagen, die den Wald
bewirtschaften wie eine Rübenbreite. Poesie und Schön-
heit sind durchaus unentbehrliche Dinge; wenn der Mensch
sie da nicht findet, wo sie von Natur sein sollen, so sucht

er sie in ungesunden Vergnügungen, im berauschenden
Trank. Zu den allerbesten Mitteln gegen den Alkoholismus
gehört es, den Leuten die Schönheit der Natur nahe zu
bringen.“
Darum noch einmal die Bitte: Gartenkünstler und zu-
nächst ihr berufenen Vertreter derselben, Vorstand des
deutschen Gartenkünstler-Vereins, nehmen Sie sich der
Sache an! Sie ist würdig, ernste Männer zur Mitarbeit
zu veranlassen. Die Sache ist von höchster Bedeutung
für das allgemeine Wohl aus sozialpolitischen Gründen,
vom idealen Gesichtspunkte aus betrachtet und — last not
least — für unser eigenes Lebensinteresse.


Ein Malinwort zur Erhaltung-
deutscher Pflauzensanimlungen und Gärten.
Von Emil Chaste.
(Mit einer Abbildung.)
Wir befinden uns in einer gar schnelllebigen Zeitepoche.
Das Zeitalter der Entwickelung des Dampfes hat seinen
Höhepunkt erreicht und begonnen, dem elektrischen Funken
zu weichen, und der nimmer ruhende Geist des Menschen
zeitigt morgen Erfindungen auf allen Gebieten, die wir
heute und gestern kaum zu träumen gewagt.
Wir begrüfsen freudig diese Fortschritte und machen
sie uns zu eigen, sollen, dürfen wir aber in der Begeisterung
über unser Können in diesem Werden in Permanenz ver-
gessen des Vergangenen? Ist nicht heute mehr denn je
ein Mahn wort angebracht: „Erhalten wir dem Volke seine
Ideale!“
Und wahrlich, unsere edle Gartenkunst ist weit mehr
als ihre anderen Schwestern unter den formgebenden
Künsten geeignet, dem deutschen Volke seine Ideale wieder-
zugeben, zu erhalten!
In den Jahren vor und nach dem grofsen Kriege von
1870/71, da unser Volk sich mit seinem Denken und Wollen
zur Selbständigkeit gefestigt, da entstand, begünstigt
durch das Anwachsen eines noch gesunden Wohlstandes,
unter den Begüterten ein Wetteifern zur Verschönerung
ihres Heims und dessen Umgebung. Es gehörte zum guten
Ton das Besitztum einer wohlgepflegten Gartenanlage, und
über diesen Rahmen hinaus begannen deren Liebhaber
Pflanzensammlungen anzulegen, teils bestehend in dendro-
logischen Schätzen, d. h. Anschaffung und Akklimatisierung
von Gehölzen aller Art, oder sie gaben ausländischen Pflanzen
mittelst Gewächshausbauten die Heimat der Tropen wieder.
Und dem minder Bemittelten des Ortes oder den die
Städte besuchenden Fremden wurden diese Anlagen, diese
Pflanzenschätze teils zeitweise, teils dauernd zur Besichtigung
zugängig gemacht. — Da hörte man noch bei einer An-
frage nach den Sehenswürdigkeiten des zu besuchenden
Ortes die Worte: „Haben Sie denn schon den Garten, die
Gewächshäuser des Herrn X. oder Y. gesehen ? Die müssen
Sie anschauen, versäumen Sie das ja nicht!“
Und heute? Gewifs werden auch heute noch der-
gleichen Anlagen geschaffen und die Verwaltungen der
 
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