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Die Gartenkunst — 5.1903

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Kirchner, Reinhold: Die perspektivische Darstellung von Gartenplänen
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Unterrichtswesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0218

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V, 11

DIE GARTENKUNST

197

errichtet, tatsächlich wird es daher niemals zu sehen
sein. Solchen Bildern aus halber Vogelperspektive, die
den mittelalterlichen oder chinesischen Schlachtenbildern
gleichen, spreche ich jeden praktischen Wert ab. Will
ich dem Auftraggeber einen Plan durch Bilder verständ-
licher machen, so darf ich ihm keine Konstruktionen von
einem idalen, in der Luft schwebenden Standpunkt aus
zeichnen, sondern nur solche, die er auch in Wirklichkeit
einmal zu sehen bekommen wird.
Dafs man auf einem einzelnen derartigen Bilde nicht
die ganze Anlage zeigen kann, ist klar, dazu sind mehrere
nötig. Alle Wege werden natürlich auf einem, nach
meiner Meinung richtig konstruiertem Bilde nicht, wie es
Herr H. für erwünscht hält, als Flächen erscheinen, haben
aber auch als solche dort nichts zu tun, dazu ist der
Plan da.
Ferner ist es nicht richtig, in ein perspektivisches
Bild sämtliche auf dem Plan vorhandenen Gehölzgruppen
und Einzelgehölze in der bekannten Manier der aufrecht-
stehenden Gruppen einzuzeichnen. Ein vorn stehender,
einzelner Baum verdeckt oft ganze dahinterliegende Ge-
hölzpartien, und die alleinige Aufgabe der Perspektive ist
es, die Wirklichkeit genau so wiederzugeben, wie sie sich
dem Auge des Beschauers zeigt.
In der beigegebenen Skizze habe ich das von Herrn
H. gewählte Bild mit der wirklichen Horizonthöhe von
I. 60 m konstruiert unter Beibehaltung genau desselben
Standpunktes und auch mit Benutzung der empfohlenen
Konstruktionsmanier, ohne aber damit sagen zu wollen,
dafs es nicht auch „mit dem bisherigen Verfahren zu
machen gewesen wäre“. Jedes einigermafsen geübte
Auge wird sofort erkennen, welche der beiden Skizzen
eine „genaue bildliche Darstellung des Plangrundrisses“ ist.
Ich hoffe in meinen Ausführungen genügend klar ge-
wesen zu sein und damit der Allgemeinheit genützt zu
haben. Falschen Zeichenmanieren mufs entgegen getreten
werden, ehe sie Zeit haben, sich einzubürgern. Zur Er-
läuterung des Plangrundrisses gibt es von künstlerischem
Standpunkte aus nur eins: eine der Wirklichkeit ent-
sprechende Ansicht. Vogelperspektive, ob halb oder ganz,
sollte ein überwundener Standpunkt sein.
R. Kirchner,
Obergärtner des zoolog. Gartens in Breslau.
Unterrichtswesen.
Die Einweihungsfeier der königlichen Gärtner-Lehranstalt
zu Dahlem bei Steglitz (früher Wildpark)
fand am 6. Oktober ds. Js., vormittags 11 Uhr, im festlich
dekorierten, grolsen Zeichensaal I des ersten Stockwerkes statt
in Gegenwart Sr. Exzellenz des Herrn Ministers für Landwirt-
schaft, Domänen und Forsten, Freiherrn von Podbielski und
anderer Vertreter dei’ königlichen Staats- etc. Behörden. Der
seitens des Kuratoriums und des Direktors der Lehranstalt,
Herrn königl. Hofgartendirektor Finte Im an n ergangenen Ein-

ladungen, waren hochgestellte Förderer des Gartenbaues und
Freunde der Lehranstalt, hervorragende Persönlichkeiten auf
dem Gebiete des Gartenbaues und der Gartenkunst und viele
ehemalige Schüler der Lehranstalt gefolgt. Pünktlich um
11 Uhr erschien der Herr Minister im Festsaal, geleitet vom
Inspektor der Anstalt, königl. Gartenbaudirektor Echtermeyer,
worauf das Potsdamer Seidelquartett mit dem Gesänge des
100. Psalmes „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ die Feier ein-
leitete. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Wirklicher Geheimer
Ober-Regierungsrat und Ministerialdirektor Dr. Thiel, hielt die
Festrede,*) worauf der königl. Hofgartendirektor Herr Fintel-
mann namens der Lehranstalt Dankesworte an die durch den
Herrn Minister vertretene Staatsregierung für die reichen zur
Verfügung gestellten Mittel und das der Anstalt entgegen-
gebrachte Interesse richtete. Er gelobte, dafs Leiter und Lehrer
der Anstalt stets gewissenhaft ihre Pflicht und Schuldigkeit
erfüllen werden, um auch auf der neuen Anstalt tüchtige
Männer heranzubilden, welche befähigt seien, den höchsten
Anforderungen zu genügen. Wenn schon aus den bisherigen,,
viel bescheideneren Verhältnissen hochangesehene Garten-
künstler, welche durch ihre Schöpfungen sich ein bleibendes
Denkmal setzten, hervorgegangen seien, so erwarte man dies
in noch höherem Mafse bei der mit so viel reicheren Lehr-
mitteln und geeigneteren Lehrräumen ausgestatteten neuen
Anstalt. Immer höhere Ziele' zu erstreben, um das denkbar
Vollkommenste zu erreichen, sei der feste Vorsatz der Leitung
und des Lehrkörpers der Anstalt, getreu dem Worte:
„Besser machen, besser werden,
Sei stets unsere Lust auf Erden.“
In kraftvollen zündenden Worten sprach darauf dei- Herr
Minister den Wunsch und die Erwartung aus, dafs der alte
Geist dei' Potsdamer Schule auch in die neuen Räume einziehe,
dafs die Förderer der Gartenkunst und die Vereine und Korpo-
rationen ihr für die Entwickelung und den Ausbau der Anstalt
entgegengebrachtes Interesse auch auf die neue Anstalt über-
tragen mögen und dafs aus der Anstalt nur arbeitsfreudige, in
ihrem Berufe tüchtige Männer, die das Herz auf dem rechten
Fleck haben, und angesehene und nützliche Mitglieder einer
besseren Gesellschaft und Männer mit königstreuer Gesinnung
hervorgehen, die sich bewufst seien, was die Staatsregierung
für sie getan habe und die sich der für ihre Ausbildung dar-
gebrachten Opfer und des Vertrauens, welches man in sie
setze, stets würdig erweisen würden. Zum Zeichen der An-
teilnahme Sr. Majestät des Kaisers und Königs an der heutigen
Einweihungsfeier der königl. Gärtner-Lehranstalt habe Se. Maje-
stät Allergnädigst geruht, mehreren um die Anstalt verdienten
Herren folgende Auszeichnungen zu verleihen:
Dem königl. Hofgartendirektor Fintelmann den Kronen-
orden III. Klasse, dem königl. Gartenbaudirektor und Inspektor
der Anstalt Echtermeyer den Kronenorden IV. Klasse, dem
bisherigen Lehrer der Gartenkunst, jetzigen Stadt-Gartendirektor
Encke in Köln a. Rh. den Kronenorden IV. Klasse, dem bis-
herigen Hausarzt der Anstalt, Geheimen Sanitätsrat Dr. Haus-
mann und dem ausscheidenden Lehrer der Naturwissenschaften,
Realschuldirektor Schulz zu Potsdam den roten Adlerorden
IV. Klasse. Der Herr Minister schlofs mit einem begeistert
aufgenommenen dreimaligen Hurra auf Se. Majestät.
Nachdem hierauf der Männerchor das treue deutsche Herz
„Ich kenn’ einen seltnen Edelstein“ vorgetragen hatte, brachte
der Vorsitzende des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues,
in den königlich-preufsischen Staaten, Se. Exzellenz Freiherr
*) Diese ist weiter unten besonders abgedruckt worden.
D. Red.
 
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