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Die Gartenkunst — 5.1903

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Unterrichtswesen
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198

DIE GARTENKUNST

V, 11

von Gramm-Burgsdorf, die Glückwünsche des Vereins für
das weitere Gedeihen der Gärtner-Lehranstalt zum Ausdruck
und überreichte darauf die Ehrendiplome des Vereins dem
Herrn Minister und Herrn Ministerialdirektor Dr. Thiel in dank-
barer Anerkennung ihres dem Gartenbau und seinen Bestre-
bungen entgegengebrachten Interesses und Wohlwollens.
Im Namen des Vereins deutscher Gartenkünstler hielt so-
dann Herr Stadt-Obergärtner Weils folgende Ansprache:
„Hochansehnliche Festversammlung!
Dank der liebenswürdigen Einladung des Kuratoriums ist
auch der Verein deutscher Gartenkünstler in der angenehmen
Lage, heute hier seine Glückwünsche darbringen zu können.
Wir sehen unsere liebe Wildparker Lehranstalt, als das unserm
Herzen am nächsten liegende Kleinod, an einem bedeutsamen
Wendepunkte ihres Daseins angelangt. Die Ausbreitung der
Gartenkunst in den letzten Jahrzehnten und die damit ver-
bundene Verallgemeinerung des Verständnisses für dieselbe er-
heischte in erster Linie eine entsprechende Ausbildung der-
jenigen, die einst berufen sein werden, zu Nutz und Frommen
unseres lieben Vaterlandes die Gartenkunst auszuüben, und so
ist es denn mit Freuden zu begrüfsen, dafs ein Teil des von
uns erstrebten heute zur Wirklichkeit wird. Dankbaren Herzens
begrüfsen wir infolgedessen das neue Heim und die neue Ge-
staltung. Möge die Lehranstalt stets fortschreiten auf dem
betretenen Pfade, um den immer mehr wachsenden Anforder-
ungen auf dem Gebiete unserer schönen Gartenkunst gerecht
zu werden. Möge sie die ihr anhaftende Überlieferung, als
vornehmste und edelste Pflegestätte der deutschen Gartenkunst
zu gelten, jederzeit als ihr teuerstes und sorgsamst zu pflegen-
des Juwel bewahren und behüten. Aus innigster Brust wünschen
wir, dafs unserer lieben Lehranstalt der heutige Ehrentag ein
'Segenstag werden möge, und dals dem Wollen sich das Voll-
bringen unmittelbar anreihe. In diesem Sinne rufe ich namens
des Vereins deutscher Gartenkünstler ihr herzlichst zu: Wachse,
blühe und gedeihe bis in die Ewigkeit!“
Den Schlufs der Wünsche für eine fernere gedeihliche und
dem deutschen Gartenbau zum Segen gereichende Entwicke-
lung der Lehranstalt bildete die Ansprache des Leiters des
königl. botanischen Gartens, Herrn Professor Engler, welcher
die Bereicherung der Lehrmittel betonte, welche der neuen
Lehranstalt durch die Beziehung zum botanischen Garten er-
wachse, und dem aufrichtigen Wunsche Ausdruck gab, dafs
diese Beziehung den Besuchern der Gärtner-Lehranstalt von
dauerndem Vorteile sein möge, und dafs durch die auf der
Anstalt ausgebildeten Gärtner das Interesse am botanischen
Garten in weitere Kreise getragen werden möge.
Die erhebende Feier endete mit dem Chorgesang, Grufs
an den deutschen Wald von Lendel, „Gegrüfset seist du mir,
o schöner Wald“, worauf noch durch eine Blitzlichtaufnahme
der historische Moment festgehalten wurde.
Hieran schlofs sich unter Leitung des Inspektors der An-
stalt eine Besichtigung der Anstaltsräume und der übrigen
teilweise noch nicht vollendeten Einrichtungen zum Zwecke
praktischer Demonstrationen. In allgemeinen Umrissen liefs
sich bereits die dereinstige Gestaltung des zur Anstalt gehörigen
Arbeitsfeldes von den Fenstern der Stockwerke aus übersehen.
Die Gewächshäuser und die Obstverwertungs-Station befinden
sich in nächster Nähe der Dienstwohnung des Inspektors. Vor
der Front des Lehrgebäudes befindet sich ein ansehnliches
Schmuckstück mit vertieftem Rasenparterre und bequemer Vor-
fahrt. In der weiteren Umgebung des stattlichen zweistöckigen
Baues breiten sich die Zieranlagen und das für gärtnerischen
Pflanzenbau, Obst- und Gemüsebau ausersehene Terrain und

daran anschliefsend der botanische Garten aus. Durch das ge-
räumige Vestibül gelangt man zu den Parterre-Räumen der
Lehranstalt, bestehend aus dem pflanzenphysiologischen und
chemischen Laboratorium, dem Hörsaal für die Naturwissen-
schaften, dem Lehrsaal I, dem Lesezimmer und der Bibliothek
und den Amtszimmern für den Rendanten und Dirigenten der
pflanzenphysiologischen Station. Im ersten Stockwerke be-
finden sich die beiden grofsen und hellen Zeichensäle, welche
mit verstellbaren Zeichentischen für jeden Zeichner ausgestattet
sind, ferner der Lehrsaal II und das Direktor- und Lehrer-
zimmer. Das zweite Stockwerk enthält den Saal für die Lehr-
mittel-Sammlungen und den dritten Lehrsaal, sowie die Wohn-
räume für die Geholfen und Lehrlinge der Anstalt. Im Souter-
rain sind Wirtschaftsräume, der Maschinenraum für die Heizung
und die elektrische Beleuchtung und die Wohnung für .den
Pförtner untergebracht.
Eine grofse Anzahl der Festteilnehmer nahm abends noch
an einem Festkommers teil, der von den Hörern der Lehr-
anstalt im Steglitzer Logen-Restaurant veranstaltet wurde.
K. Fritz, Potsdam.
Rede bei Eröffnung der königl. Gärtnerlehranstalt in
Dahlem am 6. Oktober 1903
gehalten vom Vorsitzenden des Kuratoriums der königl. Gärtner-
lehranstalt Ministerialdirektor Dr. Hugo Thiel.
Hochverehrte V ersammlung!
Erlauben Sie mir zuerst den hier erschienenen Vertretern
der hohen Staatsbehörden und der uns nahe stehenden Vereine
und Korporationen, sowie allen unseren Gönnern und Freunden
den herzlichsten Dank dafür auszusprechen, dals sie sich hier-
her bemüht haben, um den heutigen für unsere Anstalt so
wichtigen Tag mit uns zu feiern. Mit diesem Dank mufs ich
freilich die Bitte um Entschuldigung verbinden, dafs wir es
gewagt haben, Sie in ein noch so unfertiges Haus einzuladen:
allein solche Bauten wie die unserigen haben das mit Ausstel-
lungen aller Art gemein, dafs sie selten am Eröffnungstage
ganz fertig sind und dafs es kein besseres Mittel gibt, ihre
Fertigstellung zu beschleunigen, als wenn man etwas gewalt-
sam einen Termin festsetzt und auch trotz aller Bedenken
daran festhält. Was aber die noch unvollendeten gärtnerischen
Anlagen draufsen betrifft, so bedarf es da keiner Entschuldigung,
wir freuen uns im Gegenteil, dafs es den Besuchern dieser
Anstalt auf diese Weise möglich wird, den Verlauf dieser
Arbeiten zu beobachten und dabei wertvolle praktische Er-
fahrungen zu machen. Wir können ja solcher praktischen
Demonstration willen nicht jedes Jahr die Anlage umstürzen
und aufs neue damit beginnen, allein die nächsten Semester-
werden gern die Lücken der Bepflanzung des Anstaltsterrains
in den Kauf nehmen, wenn sie an den fortschreitenden Anlagen
so ausgezeichnete anderweitige Belehrung finden können. Wenn
aber die ganze Anlage einmal fertig dasteht und solches Beob-
achtungsmaterial nicht mehr bietet, dann hoffen wir in den
zahlreichen Neuanlagen der Staats-, Kommunalbehörden und
der Privat-Gartenbesitzer Berlins und seiner Umgebung reichen
Ersatz für das Studium solcher Ausführungsarbeiten zu finden.
Bei einem so wuchtigen Lebensabschnitte unserer Anstalt,
wie wir ihn heute feiern, geziemt es sich wTohl, einen kurzen
Rückblick auf die bisherige Geschichte der Anstalt zu werfen.
Sie wurde begründet im Jahr 1823 auf Vorschlag des grofsen
Gartenkünstlers Lenne und unter Mitwirkung des 1822 ins
Leben getretenen Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in
den preufsischen Staaten, dessen stetiger Anteilnahme an dem
Gedeihen der Anstalt wir uns bis heute erfreuen und hoffent-
 
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