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Die Gartenkunst — 5.1903

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Luedtke, Hermann: Zur Strassenbepflanzung in den Städten
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G.F.: Ulmus Gauyardii
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0023

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6

DIE GARTENKUNST

V, 1

den Nacken eines zum Riesen bestimmten Wildlings setzt
(es besteht dabei natürlich eine Art von Verwandtschaft
zwischen beiden), den Riesen zum Zwerge herabzudrücken;
den Riesen als Strafsenbaum aber sozusagen aus der Flasche
zu ernähren, das vermag sie nicht — dazu gehört immer
zusagender Boden; bei ungleichartiger Zusammensetzung
desselben wird sich auch ein ungleichartiges Wachstum
herausstellen und der Strafse damit ein eigentümliches
Gepräge aufgedrückt werden.
Nicht wenig kommt nach geschehener Pflanzung auf
die Pflege der Bäume an; diese dürfen die Städte nicht
aus der Hand geben, sie darf nur durch städtische Leute
ausgeübt werden, denn leider müssen wir sagen: soviel
Schaden Unholde den Bäumen durch Böswilligkeit, Kinder
durch mutwillige Spiele etc. zufügen können, ebensoviel
Schaden kann denselben aus allzuviel Liebe erwachsen,
wenn ihnen in unüberlegter Weise die besten Abfallstoffe
in einem Mafse zugeführt werden, welches sie nicht ver-
dauen können. Auch die Wahl der anzupflanzenden Bäume
mufs die Behörde treffen; überliefse man diese den an-
liegenden Besitzern, so könnte man leicht eine Art von
Musterkarte an Bäumen erblicken, da jede Rücksicht auf
gleichartige Entwickelung, Gestalt, Färbung etc. wegfiele.
Damit soll durchaus nicht gesagt sein, dafs man in der-
selben Strafse immer nur eine Baumart anpflanzen soll;
ganz gut kann man Bäume von ausgesprochen runder
Form mit solchen von mehr spitzer Form abwechseln
lassen, nur darf der Anblick ungeachtet der verschiedenen
Formen eine gewisse Regelmäfsigkeit nicht vermissen lassen.
Wie man nicht pflanzen soll, das kann man in älteren
Städten gelegentlieh sehen; am schärfsten aber tritt es
hervor, wenn bei Strafsen von ungleicher Breite ein
tückischer Zufall es fügt, dafs an der breitesten Stelle auf
der einen Seite niedrig bleibende Bäume, wie Kugelakazien,
stehen, während auf der gegenüberliegenden Seite stärkste
Baumarten, etwa Linden angepflanzt wurden.
Mafsgebend für die bei Bepflanzung einer Strafse zu
wählende Baumart bleibt immer die Breite derselben.
Nehmen wir z. B. eine einigermafsen belebte Strafse mit
einem Fahrdamm von 15—20 Meter Breite, an jeder Seite
einen Bürgersteig von 5 Meter Breite an, so haben wir eine
Gesamtbreite 25—30 Meter, und so erstaunlich es auf den
ersten Blick erscheinen mag: diese Breite ist für unsere
gröfseren heimischen Bäume zu ihrer vollkommenen Aus-
bildung nicht hinreichend. Betrachten wir z. B. unsere
heimische Linde; wo soll der Verkehr für den Fufsgänger
bleiben, wenn ein solcher Baum auch nur die Stärke von
1 Meter Durchmesser erreicht, und die Linde kann doch
bedeutend stärker werden?. Der Verkehr aber ist nicht
allein beengt durch die Stärke des Stammes; die breite
Krone wirkt nach schweren Regengüssen durch Tropfen
äufserst belästigend, die Rinnen sind kaum mehr in Ord-
nung zu halten und ob die mächtigen Wurzeln in einer
Zeit, in welcher der Schwindel auf vielen Feldern mensch-
licher Tätigkeit sich zum blühenden Gewerbe herausge-
bildet hat, nicht gar den Fundamenten gefährlich werden
können, das erscheint uns kaum zweifelhaft. Es stellt sich
also als notwendig heraus, nur der Breite der Strafsen ent-

sprechende Bäume zur Bepflanzung zu wählen, und da
kann man zum Tröste aussprechen: was der Mensch ernst-
lich sucht, das findet er auch gewöhnlich. Man denke
nur an die Teppichbeete. Ein unscheinbares, gelbliches Pflänz-
chen gab den Anstofs, sich nach mehr buntblättrigen Pflanzen
umzusehen, und jetzt sehen wir diese öde Pracht in ihrer
Überladenheit die schönsten Rasenplätze verunstalten. Wir
bezeichnen dieselben ausdrücklich als eine öde Pracht, weil
sie, gut gehalten, heute aussehen wie gestern und morgen
wie heute. Der Blumenfreund kann kein weiteres Ent-
wickeln an ihnen verfolgen, von Blatt zu Blatt, von der
Knospe zur Blüte; sie bleiben eben unverändert. Dies
auf unsere Bäume angewandt, heifst: Wir finden auch das
entsprechende Pflanzmaterial für schmälere Strafsen, die
zahlreiche Familie der Schmetterlingsblütler, das ebenfalls
zahlreiche Geschlecht der Kirschblütler etc. stellen eine
reiche, hübsche Auswahl geeigneten Materials zur Ver-
fügung, und wenn diese schwächeren Gehölze auch keinen
starken Schatten spenden können, der Genufs, den sie ge-
währen, sozusagen ein mehr homöopathischer ist: es ist doch
immer wohltuender, als das blofse Pflaster. Die Riesen-
bäume aber wollen wir den Staatsstrafsen unserer Grofs-
städte für grofse Aufzüge, riesigen Verkehr etc. in einer
Breite von mindestens 60—80 Metern überweisen. Eine der-
artige Breite kann, gut eingeteilt, den grofsen Bäumen neben
einem entsprechenden Rasenteppich Raum genug, unge-
fährdeten Standort und unbehinderte Pflege sichern, ohne
dafs der Verkehr behelligt wird. Lüdtke.

Ulmus Gauyardii.
(Mit einer Abbildung.)
Vor nun 3 Jahren wurde an anderer Stelle eine Liste
der für Deutschland geeigneten Strafsenbäume veröffent-
licht, doch sind meiner Ansicht nach 75 Prozent derselben
nur unter ganz besonders günstigen Umständen brauchbar,
da ein guter Allee- und Strafsenbaum in unserem Klima
eine Menge Eigenschaften besitzen mufs, welche nur sehr
wenigen Sorten beschieden worden ist.
In erster Linie mufs derselbe unempfindlich gegen
Zug- und Stofswinde sein, einen steifen Stamm besitzen,
das Laub möglichst lange halten, nicht zu breit in der
Krone werden, total winterhart sein, auch event. starken
Schnitt vertragen, nicht empfindlich in Bezug auf Boden-
verhältnisse sein und ein Verpflanzen gut vertragen, d. h.
nach dem Verpflanzen bald freudig weiter wachsen.
Diese Eigenschaften sind nur ziemlich selten vereinigt zu
finden und treffen wohl nur meistens bei guten Linden- und
Ulmensorten zu. Namentlich die holländische Ulme (hier
in den 50er Jahren unter americana verbreitet) ist ein aus-
gezeichneter Baum für alle Verhältnisse und schlägt selten
fehl, nur wird dieselbe für viele Strafsen reichlich breit in
der Krone.
Dies ist bei der oben genannten Sorte nicht der Fall,
da die Seitenzweige das Bestreben haben, mehr aufrecht
zu wachsen. Es wird diese Sorte daher auch in Strafsen
verwandt werden können, wo der Raum begrenzt ist. Viele
Ulmensorten, wie campestris, montana, namentlich vegeta.
 
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