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Die Gartenkunst — 5.1903

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Bertram, Max: Die Parkanlagen zu Sibyllenort, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0110

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V, 6

DIE GARTENKUNST

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Deutsche Gärten in Wort und Bild.

Die Parkanlagen zu Sibyllenort.
Bearbeitet von M. Bertram, kgl. sächs. Gartenbau direkter in
Dresden-Blasewitz.
(Fortsetzung und Schilds.)
(Hierzu 3 Zeichnungen.)
Die weiteren Umgestaltungen des inneren Parkes gingen
Schritt für Schritt vorwärts. Ganz abgesehen von den
notwendigen Ausholzungen, wie sie in jedem Parke all-
jährlich erforderlich sind, wurden umfängliche Kahlschläge
gemacht, um grölsere und weitere Durchsichten und Rasen-
flächen zu erhalten, oder hervorragend schöne Baumexem-
plare freizulegen. In welchem Umfange die Ausholzungen
erfolgten, kann man sich unter Zuhilfenahme des Mafsstabes
aus der anliegenden Zeichnung vergegenwärtigen, woselbst
die beseitigten Gehölzmassen und Bäume durch Schraffierung
und punktierte Umlinien kenntlich gemacht sind; ebenso
sind die beseitigten oder verlegten Wege punktiert.
Nachdem der Schlofshof in seiner Umgestaltung voll-
endet war und diese Anlage den ungeteilten Beifall der
Allerhöchsten Herrschaften gefunden, gab ein unbedeutender
Umstand Anlafs, auch vor dem nördlichen Schlofsmittelbau
Änderungen herbeizuführen. Vor der Terrasse daselbst
befand sich früher ein eigenartiges Schmuckstück, eine
sogenannte Blumenfontäne, die Sorge des aufserordentlich
fleifsigen und rastlos tätigen Hofgärtners. Es war ein
glockenförmiger Etagenbau, aus nicht zu starkem Rund-
eisen hergestellt, welcher im Kern mit Brettern etagen-
förmig versehen war, auf welche dann in Moos eingefütterte
Sommerblumen gebettet wurden. Die aufsen in den Erd-
boden eingeführten Eisenstäbe waren mit Schlinggewächsen
umrankt und stellten die niederfallenden Wasserstrahlen
dar. Der ganze Aufbau hatte einen Durchmesser von etwa
8 m und eine Höhe von 3—4 m. Durch die Länge der
Zeit war das eigenartige Bauwerk hinfällig geworden und
nicht mehr benutzbar. Die notwendige Folge war die voll-
ständige Umgestaltung dieses Schmuckplatzes und zwar
zunächst in der engbegrenzten Form, soweit wie der dem
Schlosse zunächst liegende Teil von dem ovalen Wege
oben begrenzt wurde,. Die Genehmigung, den Weg bei
dieser Gelegenheit vielleicht ganz zu beseitigen, konnte
nicht erreicht werden. (Siehe die Zeichnung Schmuck-
stück an der Nordseite des Schlosses.) Auf der Zeichnung
sind auch aufserdem mit punktierten Linien die früheren
Pflanzungen und Wegeanlagen kenntlich gemacht.
Der Schmuckplatz selbst mufste aber nach wie vor
von Sträuchern gedockt nach aufsen abgeschlossen bleiben,
jedoch wurden im nächsten Jahre schon schüchterne Ver-
suche gewagt, links nach dem Wasser und rechts nach
den herrlichen Einzelbäumen die Gehölzwände zu öffnen
und zwar mit bestem Erfolge, so dafs nunmehr in den
übrigen Teilen des inneren Parkes das Öffnen der Aus-
sichten und Freilegen der einzelnen hervorragend schönen
Baumexemplare von Blutbuchen, Platanen, Nodmannien,
Linden, Eichen etc. ohne gröfsero Bedenken erfolgen konnte.

Die so geschaffenen Blicke über die grofsen ruhigen
Rasenbahnen nach dem Schlosse (siehe Heft 4 Abbildung),
andererseits von dem Schlosse nach dem Wasser, der
Fontäne in demselben, oder die Blicke in den äufseren
Park fordern heut die Bewunderung der Besucher von
Sibyllenort heraus.
Die Wegeanlagen bedurften in ihrer Führung einer
Vereinfachung, einige fielen ganz fort; auch wurden mehrere
in diesen Wegezügen befindliche maulwurfshügelförmige
Bodenerhebungen beseitigt, und so auch nach dieser Hinsicht
Klarheit und Ruhe geschaffen.
Die gar nicht übele Orangerie von Sibyllenort, das
früher unvermeidlich notwendige Attribut eines jeden vor-
nehmen Herrschaftssitzes, hatte wenig Wert und Genufs für
die königlichen Herrschaften. Die Temperaturverhältnisse
im Frühjahre brachten es mit sich, dafs die Orangen erst
Ende Mai resp. Anfang Juni auf ihren Standort vor dem
„Grofsen Kalthause“ (früherOrangenhaus) Aufstellung fanden,
bis dahin sahen die Herrschaften, welche am 1. April jeden
Jahres zu längerem Aufenthalt eintrafen, auf den öden
Sand platz von bald 2000 qm Flächenraum. Die punktierte
Linie in der Zeichnung Rosengarten begrenzt diese Fläche.
Die durch das Herausräumen der Orangenbäume verursachte
Unruhe berührte die Herrschaften ebenfalls nicht gerade
angenehm. Ebenso war es im Herbst Oktober-November.
Bestimmend für das Aufgeben der Orangerie wurde
aber schliefslich der Umstand, dafs es an Platz mangelte,
um die in guter Kultur befindlichen Dekorationspflanzen
(darunter sehr viele hübsche Neuholländer), welche in be-
deutenden Massen zur Innen- und Aufsendekoration des
Schlosses notwendig waren, weiterhin noch im Winter
unterzubringen. Es war aber nicht leicht, für die 34 Stück
meist sehr schönen starken Orangenbäume von 3 — 4 m
Höhe mit gesunden Stämmen geeignete Unterkunft zu
finden, wenigstens nicht in Schlesien. Schliefslich erhielt
aber doch die Orangerie eine würdige Stätte, indem sie
den königlichen Hofgärten zu Sanssouci übereignet wurde,
wo sie auf den berühmten Terrassen vor dem historischen
Schlosse Friedrichs des Grofsen Aufstellung fand und nicht
wenig zur Vervollständigung des Bestandes der dortigen
Orangerie beitrugen. Am 9. Oktober 1894 übernahm der
damalige kgl. Preufsische Hofgartendirektor Vetter von
Sanssouci die Orangen und überführte sie dorthin.
Auf dem Platz vor dem grofsen Kalthause erstand nun ein
Rosengarten. In dem Schreiben, welches die Genehmigung
zur Ausführung der Anlage des Rosariums dem Ver-
fasser erteilte, hiefs es unter anderem: Den königlichen
Majestäten haben sowohl die bereits ausgeführten Arbeiten,
wie auch speziell das Projekt der Neuanlage vor dem
grofsen Kalthause „gut“ gefallen. Ihre Majestäten freuen
sich aufserordentlich auf die Vollendung des Projektes. —
Die beigegebene Zeichnung dürfte die weiteren Erläuterungen
geben. Die bandförmigen Beete, in welchen die hoch-
stämmigen Rosen Aufnahme fanden, waren im Grunde
meist mit wurzelechten Rosen oder Heliotrop bepflanzt.
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