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Die Gartenkunst — 5.1903

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Heinricy, Bruno: Grünbleibende Gehölze [2]
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Vogeler, Otto: Die Weiden, ihr Nutzen in ästhetischer und materieller Beziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0063

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DIE GARTENKUNST

V, 3

kleinen weifsmarmorierten Blättern. Als Vorpflanztrauch
mag schliefslich noch Evonymus nana Koopmannii, ein
etwa 60 cm hoch werdender Strauch mit hübscher, klein-
blättriger Belaubung erwähnt werden.
Wenig bekannt sind die so schönen und sehr harten
Rhododendron hirsutum und R. praecox: ersterer mit
seinen eirundlanzettlichen, behaarten Blättern und den
blafsroten, an langen Stielen in zahlreichen Doldentrauben
sitzenden Blüten, letzterer ein Bastard zwischen R. cilia-
tum X dahuricum, als buschiger und gedrungener, mit
langen, ovalen, lichtgrünen Blättern belaubter Strauch, der
seine zart rosafarbenen Blüten bereits im zeitigen Frühjahr
entfaltet. Beide Arten, welche bis 1 m hoch werden, lassen
sich mit Vorliebe zur Einzelpflanzung verwenden, da sie
zum Unterschied von Rhododendron ponticum-Arten und
ähnlichen ohne irgendwelche Winterdecke aushalten.
Ein sehr interessanter Strauch, der in diesem Jahre
trotz der anhaltenden Kälte das Laub noch unbeschädigt
behalten hat, ist Myricaria dahurica. Derselbe besitzt durch
seine zierliche Belaubung und die im Juli/August erschei-
nenden rötlichen Blütenrispen besonders als Einzelpflanze
einen hohen dekorativen Wert. Ohne irgendwelche Bedenken
können auch die bei uns heimischen Ginster mit ihren
schönen Varietäten als vollständig grünbleibend gepflanzt
werden. Genista germanica, G. sagittalis und G. depressa
etc., alle mit feinem Laub und zahlreichen gelben Blüten,
möchte ich besonders empfehlen.
Auch unter den Schlingpflanzen findet man einige
brauchbare, grünbleibende Gehölze, worunter aufser dem
allbekannten Efeu besonders Lonicera brachypoda er-
wähnt sei. Diese schöne Pflanze vereinigt in sich kräftigen
Wuchs, schöne reichliche Blüte von weifser, später gelb-
licher Färbung und bildet durch ihre schöne glänzend-
grüne Belaubung ein vorzügliches Material zum Bedecken
von Mauern, Hauswänden etc., sodafs ich dieselbe zum
Anpflanzen sehr empfehlen kann. Eine Form der letzteren.
Lonicera brachyp. fol. aur. reticulatis, mit gelbbunten, aber
kleineren, rundlichen Blättern, hat dieselben guten Eigen-
schaften wie die vorige, nur ist sie etwas schwach wüchsiger.
Zum Schlufs sei hier noch einiger grünbleibender
Pflanzen gedacht, die sich wegen ihres zwergigen Wuchses
besonders zur Randpflanzung von kleineren Gehölzgruppen,
zu Einfassungen und zur Bepflanzung von Felspartien
eignen. Andromeda floribunda mit ihren im April er-
scheinenden, in endständigen Rispen stehenden weifsen
Blüten und schöner lebhaft grüner Belaubung; Daphne
Cneorum und Daphne Cneorum major, erstere ein ca. 30 cm
hoher Strauch mit glänzenden länglichen, spatelförmigen
Blättern und den im Mai/Juni erscheinenden hellpurpur-
roten Blüten, die zu 6—8 Stück an der Spitze der Zweige
einen Kopf bilden, letztere, der Daphne Cneorum gleich,
nur in allen Teilen gröfser; Iberis sempervirens, ein etwa
fufshoher Strauch mit länglich-spatelförmigen, lederartigen
Blättern und weifsen Blütendolden, die von Mai bis Juli
erscheinen, sie bildet eine vorzügliche Einfassungspflanze.
Teucrium Chamaedrys, ein kleiner, niedlicher Halbstrauch
mit dunkler Belaubung und bis spät in den Herbst hinein
dauerndem Flor purpurner Blüten, Pentstemon Menziesii

Scouleri, ein kleiner Strauch aus Nordamerika mit im
Mai/Juni erscheinenden lilafarbenen Blüten besetzt; Leuco-
thoe axillaris, ein kleiner Strauch mit überhängenden
Zweigen, mit immergrünen, lanzettlichen Blättern und
dem im Mai beginnenden Flor hübscher kleiner, weifser
Blütentrauben.
Mit dieser Auswahl glaube ich Ihnen für die ver-
schiedensten Verwendungsarten willkommenes Material
zur Veranschaulichung vorgelegt zu haben, das nicht nur
im Sommer, sondern auch im Winter unseren Gärten
durch seine grünbleibende Belaubung zur Zierde gereicht.

Die Weiden, ihr Nutzen in ästhetischer und materieller
Beziehung.
Vortrag, gehalten in der Sitzung des Vereins
Deutscher Gartenkünstler in Berlin am 8. Dezember 1902 von
Otto Vogeler-Charlottenburg.
Viele werden beim Lesen der heutigen Tagesordnung
den Kopf geschüttelt haben, dafs jemand über diese
Proletarier unter unseren Gehölzen einen Vortrag halten
will. Wie oft hört man nichtachtend den Ausspruch: Es
sind nur Weiden! Und doch sind es mit die nützlichsten
Gehölze und werden mit Recht ihres, dem Menschen in
der nördlich gemäfsigten Zone bietenden Nutzens wegen
mit den Palmen der Tropen verglichen. Ich will Ihnen
keine botanische Abhandlung halten, ich will nur darauf
hinweisen, dafs die Nomenklatur der Weiden heute noch
so im argen liegt wie vor 40 Jahren. Es haben die ver-
schiedensten Botaniker versucht, hier Ordnung zu schaffen.
Karl Koch hatte schon im Jahre 1828 sich abgemüht
und hat 48 Arten bestimmt. In den Jahren 1865/66 be-
stimmte Wimmer (der beste Weidenkenner seiner Zeit)
35 Spezies und 72 Blendlinge mit vielen Formen. Dies
liefs Karl Koch nicht ruhen. Er machte sich 1867 noch-
mals über die Weiden her. Ich führte zu der Zeit das
Arboretum des hiesigen botanischen Gartens und bekam
dadurch viel Arbeit. Es war nämlich üblich, dafs. wenn
ein Botaniker einer Pflanze einen neuen Namen gab, er
auf dem Etikette den Namen durchstrich und den neuen
Namen auf die Rückseite des Etikettes aufschrieb unter
Beifügung seines Namens als Autor. Nun mufste die
Etikette erneuert werden und zwar mufsten sämtliche
Speziesnamen nebst Autoren als Synonyme untereinander
geschrieben werden; so stand dann mitunter bei manchem
Weidenstrauch eine ansehnliche Staudenetikette. Es haben
dann viele Botaniker des In- und des Auslandes versucht,
hier Ordnung zu schaffen, aber alle Mühe scheiterte an
der grofsen Neigung der Weiden zur Hybridisation und
Bastardierung und Endlicher bezeichnet die Weiden
treffend als botanicorum crux et scandalum (der Botaniker
Kreuz und Ärgernis). So finden wir denn heute noch in
den Preisverzeichnissen der Baumschulen Bezeichnungen
wie Salix cinerea X viminalis, viminalis X purpurea u. a.
Uns Gartenkünstlern sind sie aber weder Kreuz noch
Ärgernis, sondern recht brauchbare und nützliche Gehölze.
Betrachten wir daher einmal ihren ästhetischen Nutzen,
der uns am nächsten liegt. Sprechen wir in dieser Be-
 
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