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Die Gartenkunst — 5.1903

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Sprenger, C.: Die Gärten von Aranjuez, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0017

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4

DIE GARTENKUNST

V, 1


Partie aus den Glacisanlagen an der Friedrichstrafse in Erfurt. Originalaufnahme für „Die Gartenkunst“.

abermals nach Norden fliefsend, teilweise umarmt und
durchströmt.
Alle Gärten zusammen bedecken ein ungeheueres Stück
Kulturboden, das nun weltverloren, nutzlos daliegt, obwohl
es einst ungezählte Millionen verschlang, an denen der
Schweifs eines arbeitsamen Volkes hing. Im Osten der
Jardin del Principe, von Karl IV. stammend; daranstofsend
der berühmte Jardin de Isla, im weiten Kreise von wald-
artigem Parke umgeben, welcher von prachtvollen Alleen
durchzogen ist. Heute überschreitet die Bahn den Tajo und
kühn hat sich die Station mitten hineingelegt in diese
Waldeinsamkeit, die einst von schönen Frauen und Höf-
lingen wimmelte. Aranjuez mufs in der Tat im Frühlinge
ein irdisches Paradies sein, mufs es doppelt sein für den
von Madrid oder sonst wo aus der castilischen Riesensteppe
stammenden Menschen. Wenn die unzähligen Nachtigallen,
von denen alle spanischen Dichter singen, schlagen und
alles grünt und blühet, mag es sich schön ergehen an
diesen Ufern des Tajo. Eben jetzt aber wandelte ich durch
den spätherbstlichen Park, das Laub bedeckte alles Erd-
reich und es fehlt nur noch ein Sturm oder der erste Frost,
um den Rest desselben von den Bäumen zu kehren.
Aus der mit doppelten Prachtplatanen-Reihen besetzten
Calle del Principe oder der Calle de las Infantas kommend,
betritt man zunächst das Parterre de Palacio. Dieser

Parterregarten sowie der vor dem Schlosse liegende Jardin
de las Estatuas auf der Südseite des Schlosses ist eine
völlig schattenlose Anlage Lenötreschen Systems, mit
Statuen und Büsten römischer Herrscher, schönen Fon-
tänen und Marmorvasen. Eine stolze Reihe pyramidal
wachsender Magnolia grandiflora, reicher Rosenflor, auch
jetzt im November nicht ganz verblafst, und zahlreiche
Buxus-Spielereien zeichnen diese Gärten aus. Die Buxus-
bilder stellen Wappen, Lilien, Rosen oder Namenszüge dar
und sind so angelegt, dafs die Herrscher dieselben aus den
Fenstern des Schlosses gleichsam aus der Vogelschau be-
wundern könnten. Diese Spielereien oder Teppiche, wie
man sie nennen möchte, sind jetzt sehr vernachlässigt, oft
ineinander gewachsen und noch schwer erkenntlich, doch
werden sie noch alljährlich einmal beschnitten und mit Laub-
erde gedüngt. Als ich, in den verlassenen, einsamen Wandel-
pfaden spazierend, diesen seltsamen und im heutigen
Gartenbau glücklich überwundenen Buxusbildern und deren
Bedeutung für jene Zeiten nachdachte, wurde ich uner-
wartet durch das Erscheinen dreier Dromedare überrascht,
die auf ihren Rücken alte Lauberde in weiten Sattelkörben
herbeiführten, um die Rasen in den Ecken und an den
Rändern der Buxusbildnereien zu düngen. Diese exotischen
Kamele wurden dem jungen Könige von Spanien, Alfonso
XIII., vom Sultan von Marokko zum Geschenke gemacht
 
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