Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 5.1903

DOI Artikel:
Sprenger, C.: Straßenpflanzung in Barcelona
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0025

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8

DIE GARTENKUNST

V, 1

pflanzt. Ja nicht genug, selbst die kleineren Plätze, ein-
geengt zwischen Häuserblöcken, tragen Palmengärtchen,
die mit hohen Platanen umgeben sind, deren Zweige bis
in den 2. Stock der Häuser reichen! Da sich aber die
Hospitäler, wie ich aus guter Quelle weifs, mit derartig
Erkrankten niemals befafsten und im allgemeinen wenig
Bewohner zählen, des gesunden Klimas und des guten
Trinkwassers wegen, so mufs ich unbedingt annehmen,
dafs jene Notiz eine frisch gebackene Ente oder reine Er-
findung irgend eines pekuniär interessierten oder auch
lustigen Menschen war. Und diese Platanen! Welche
Pracht! Nun im November fällt mir ihr fahles Laub zu
Füfsen, aber noch wartet des goldenen Herbstes Schönheit
der Sturm, um den Rest zu Boden zu kehren. Alle
Strafsen der Neustadt bis dicht an den Hafen hinab, alle
breiten Avenuen resp. Ramblas sind mit 2 oder 4 Reihen
dieser prachtvoll gezogenen und kultivierten Platanen be-
pflanzt. Allein die prächtige Rambla, die Hauptstrafse der
alten Stadt, ist in ihrer ganzen Länge von 1200 Metern
vom Hafen nahe des Prachtdenkmals Cristof Columbus
bis zur schönen Plaza de Cataluna mit einer doppelten
Platanenreihe besetzt. Ich schätze nach oberflächer
Übersicht die Platanen, welche das weite Tal in dem
von hohen Bergen umrahmten Barcelona mit allen seinen
die Höhen hinaufkletternden Vororten d. h. dessen Strafse
beschatten, auf mehr als eine halbe Million. Sie sind in
den Reihen meist auf 14—15 Meter Abstand gepflanzt. Es
sind nur tadellose junge schlanke Bäume der orientalis
verwendet. Diese werden beim Pflanzen auf genau 6 m
gekappt und dort erst darf die Kronenhöhe aufangen. Sie
werden zeitweise an den Spitzen gekappt resp. eingekürzt
und es folgt eine sehr schöne Kronenbildung. Alle Stämme
sind lotrecht, gerade und gesund, und wo immer ich mich
am Ende einer solchen Baumreihe aufstelle und visiere,
nirgends drängt ein Stamm aus der Linie. Wie eine
Kompagnie oder deren viele Grenadiere stehen die Bäume,
an denen auch der schneidigste Offizier nimmer etwas
auszusetzen hätte. Das ist schön und zeugt von Kultur,
von Geschmack und Verstand. Das pafst zu den Häuser-
reihen einer Grofsstadt und das ist eine Zierde. So sorg-
fältig arbeitet der stolze und selbstbewufste Catalane überall
und ist doch verleumdet. — Barcelona liegt in einer rings
von Bergen umschlossenen hügeligen oder welligen, etwa
10 Kilometer langen und 6 Kilometer breiten Ebene, die
ganz mit Dörfern, Gehöften, Eremitas, Torres, Palästen und
Villen, Fabriken etc. übersäet und von einer schönen breiten
Strafse durchquert ist. Am Meere ist der Boden meist
reiner Sand, sicher der Untergrund überall Sand, land-
einwärts ist er angeschwemmter sandiger Lehm und Humus.
So istBarcelona selber meist auf festlagernder Sandschicht ge-
baut und viele Strafsen sind mit Holz gepflastert. Daher
kommt es, dafs die Alleebäume, welche man verwendet
und die man praktisch bewässert und reich düngt, so vor-
züglich gedeihen. Ihre Wurzeln dringen sehr tief in den
Boden und es mangelt denselben niemals an Feuchtigkeit.
Ich notierte aufser Platanus orientalis folgende Allee-
bäume: Phoenix dactylifera, Populus alba, Populus balsa-
mifera, Magnolia grandiflora, Aesculus rubicunda, Tilia

argentea, besonders schön im Parke hier, und Ligustrum
japonicum fol. aur. var.
Dicht am Hafen, den Meeresstürmen ausgesetzt, vom
Columbus-Denkmal bis zum Marquis Lopez ist eine der
schönsten Dattelpalmen-Alleen Europas. Die Bäume stehen
einander vis-ä-vis auf 15 m Abstand, im ganzen 220 tadel-
lose schlanke Stämme. Sie werden, reich gedüngt und
bewässert, und um die sich über der Erde am Stamme
bildenden Wurzeln ist. eine ovale Mulde fetter gelber
Lettenerde etwa 1/2 —1 m hoch gelegt, welche von diesen
Saugwurzeln völlig durchzogen erscheint. Alles ist sehr
sauber gehalten. Palmenreich ist die ganze Stadt. Alle
Rondas, kleine Plätze tragen Palmen und Blumen und sind
gewöhnlich von einer Reihe hoher Platanen umgeben und
beschattet. Am meisten Phoenix, Livistonea australis, La-
tania, Washingtonia. Dazu Gycus revoluta, Phormium
tenax und Yucca. Seltener bunte Agaven.
Der Riesen-Park, el Parque y Jardines de la Ciudadela,
erstreckt sich mit seinen meist sehr breiten Baumgängen,
schönen Blumenparterres, zahlreichen schönen Gebäuden
und Wasserbecken, Felspartien und Wassern über einen
Flächenraum von ca. 40 Hektaren. Ein Reiterstandbild des
General Prim und eine prächtige Nachbildung des be-
rühmten Montserrat sind bemerkenswert. Nahe dem
Haupteingange liegt ein hohes schönes Palmenhaus „Um-
bracolo“ ohne Scheiben, nur mit schmalen Holzleisten be-
deckt, architektonisch ernst, aber erhaben und schön.
Daneben ein Pflanzenhaus „Invernaculo“. Etwas weiter
an der schönen Linden-Allee — „Poseo de los Tilos“^—
giebt es wundervolle Bananenhaine ganz im Freien in
dichten Beständen, echt tropisch. Es sind Musa paradisiaca
von besonders robuster Form, deren Früchte hier reifen,
wahrscheinlich eine harte Form irgend einer Bergkolonie
der früheren Besitzungen Spaniens. Diese Bananengruppen,
die eine Sehenswürdigkeit bilden, werden reich gedüngt
und bewässert und sind wie alle Blumenparterres und
Palmen auf 1 m erhöht aufgetragene Walderde gebettet.
Weil überall Sand oder doch wenig fruchtbares Erd-
reich vorhanden war, hat man alle derartigen Pflanzungen,
Palmen, Blumenparterres, Teppichbeete, Magnolia grandi-
flora etc. auf angetragene, oft bis 2 m über die Wandel-
Alleen und Pfade erhöhte schwarze Erdpartien gepflanzt.
Das erinnert namentlich betreff' der Teppiche und Blumen-
gruppen an Nord-Amerika. Die Seiten solcher Erdrücken
werden abgeschrägt und mit Sedum, Sempervivum von den
Canaren, Mesembrianthemen oder auch Epheu begrünt.
Die Fläche wird muldenförmig gehalten, damit das Wasser
des Sommers nicht abfliefsen kann. Die Mulden sind
grüner Rasen, auf dem die abermals erhöhten Teppiche
resp. Blumengruppen liegen und sich dem Beschauer sehr
schön präsentieren. Die Mitte ist meist von einer Palme
eingenommen. Dazwischen im grünen Rasen schöne
Einzelpflanzen. — Auch die schönen Alleen der Silberlinde
sind beachtenswert. Der Baum scheint sich hier sehr
wohl zu fühlen, im reinen Sande, aber bei guter Düngung
und Bewässerung. Diese ist bei allen Alleebäumen, be-
sonders aber bei den viel Wasser bedürftigen Dattelpalmen
eigenartig und nachahmenswert. Die Phoenix am Denkmal
 
Annotationen