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Die Gartenkunst — 5.1903

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50

DIE GARTENKUNST

v, ä

drei gleiche Teile zerschlug und an drei von ihm als gleich-
wertig bezeichnete Pläne verlieh, so dafs nun statt der ur-
sprünglichen drei Bewerber deren fünf prämiiert wurden.
Wir sind der Meinung, dafs hiermit ein böses Präcedens
geschaffen worden ist, welches leider von den Prämiierten ruhig
hingenommen worden sein mufs, da wir niemals von einem Proteste
etwas vernommen haben; das sonderbarste an der Sache aber
ist, dafs eine als hervorragendste Leistung bezeichnete Arbeit
zur Ausführung nicht empfohlen werden konnte, sondern unter
den drei gleichartigen mit prämiiert wurde. Hierin liegt ein
schreiender Widerspruch; selbst die hervorragendste Arbeit kann
in den Augen des Unbeteiligten doch nicht prämiiert werden,
wenn ihre Ausführung, auf das Gelände übertragen, als unaus-
führbar bezeichnet werden mufs. Auf jeden Fall ist hieraus zu ent-
nehmen dafs die Reflektanten immer besser tun, das betreffende
Terrain selbst in Augenschein zu nehmen. Nach diesem Vor-
gang aber schwebt jede Preisbewerbung in der Luft, jeder Art
von Willkür ist Tür und Tor geöffnet und in fachlichem
Interesse bleibt zu bedauern, dafs die heikle Angelegenheit
nicht auf dem Wege Rechtens zum Austrag gebracht worden
ist. Ausdrücklich aber wollen wir hinzufügen, dafs die damali-
gen Preisrichter nach bester persönlicher Überzeugung ge-
handelt haben, davon sind wir vollständig überzeugt; wir be-
zweifeln nur das Recht dazu.
Wir sind durchaus der Meinung, dafs bei einer Preisbe-
werbung zwischen gleichwertigen Plänen das Los zu entscheiden
hat. Den Bewerbern sind durch das erfolgte Ausschreiben die
Grenzen ihrer Berechtigung gezogen; ein ebenso berechtigtes
Verlangen aber ist, dafs auch das Preisgericht sich innerhalb
dieser Grenzen zu bewegen hat. Dafs sein gekrönter Entwurf
strikte zur Ausführung gelangt, das kann der Sieger nicht ver-
langen; im angezogenen Falle hat das Preisgericht sogar keine
der prämiierten Pläne für zur Ausführung geeignet erachtet,
sondern vorgezogen, mit Verwertung des gewonnenen Materials
den seiner Meinung nach nun wirklich für die Situation besten
Plan herzustellen. Wie weit ihm das gelungen, darüber haben
wir nichts verlauten hören; da aber auf der Welt der Nörgler
kein Ende ist, so wollen wir doch auf Grund eigener An-
schauung versichern, dafs eine geradezu musterhafte technische
Ausführung etwaige Schwächen dem Auge des Laien liebevoll
verbirgt. Um aber künftige Preisrichterirrungen ein für alle-
mal auszuschliefsen, wagen wir den Wunsch auszusprechen:
Dem Verein deutscher Gartenkünstler möge es gefallen, auf
seiner diesjährigen Tagung in München in knappster, nicht
anders zu deutender Wortstellung einen dahin gehenden Be-
schlufs zu fassen: dafs bei Preisaufgaben die Richter sowohl
wie die Bewerber hinsichtlich aller Rechte in die von dem
Wortlaut des Preisausschreibens gezogenen Grenzen gebannt sind!
Hermann Lüdtke.
Nachschrift der Redaktion: Nach § 11 der vom Verein
deutscher Gartenkünstler aufgestellten „Grundsätze für das Ver-
fahren bei öffentlichen Wettbewerbungen auf dem Gebiete der
Gartenkunst “ wird bestimmt, dafs in dem Falle, wo
die Preisrichter der Ansicht sind, dafs keine Arbeit des ersten
Preises würdig ist, es zulässig sein soll, die für Preise ausge-
setzte Gesamtsumme in anderer Verteilung zur Auszeichnung
der hervorragendsten Entwürfe zu verwenden. Ferner heilst
es ebenda in § 20a: „Ergibt sich in der Summe für zwei Arbeiten
dieselbe Zahl, so gehen die Preisrichter diese beiden Arbeiten
noch einmal durch, ergibt sich auch dann wieder dasselbe
Resultat, so soll das Los entscheiden.“ Hiernach dürften wohl
manche Bedenken des Herrn Lüdtke fallen, wenn auch bei
einer Revision der „Grundsätze“ seine Anregungen Berück-
sichtigung finden könnten.

Das Preisausschreiben des VerschönerungsVereins
in Halle.
Zur Erlangung von Entwürfen für die gartenkünstlerische
Ausgestaltung des Kaiserplatzes zu Halle hat der dortige Ver-
schönerungsverein einen Wettbewerb ausgeschrieben und für
die beiden besten Arbeiten je einen Preis von 800 Mk. und
400 Mk. ausgesetzt. Die Gesamtsumme, die unter allen Um-
ständen zur Auszahlung gelangen soll, kann jedoch bei etwaigem
Mangel an preiswürdigen Entwürfen nach dem Ermessen des
Preisgerichts auch in anderer Verteilung zur Auszeichnung der
besten Arbeiten verwendet werden. Die ein wenig mehr als
1 '/q ha grolse Platzfläche Hegt inmitten eines vor kurzem für
die Bebauung aufgeschlossenen und zur Zeit bereits in der Be-
bauung begriffenen Geländes, das sich im Nordosten von Halle
unmittelbar an die Wuchererstrafse anlehnt und durch die
Kaiser- und Heinrichstrafse mit dem Stadtinnern in Verbindung
steht. In sehr geschickter Weise hat man im Bebauungsplan
den ehemaligen Hasenberg — den heutigen Kaiserplatz — als
Zentrum des neuen Stadtteils ausersehen, ihm eine kreisförmige
Gestalt gegeben und inmitten desselben auf der höchsten Stelle,
welche 10 m höher als die Kaiserstrafse liegt, die in Formen
der märkischen Backsteingotik erbaute Pauluskirche angeordnet,
während acht Strafsenzüge in radialer Richtung in den Platz
einmünden, wodurch der ganzen Anlage das Gepräge eines
ebenso wechselreichen wie interessanten Städtebildes aufgedrückt
wird. Dem Programm gemäfs sollen die Anlagen einen ein-
fachen, aber dem Bau der Kirche entsprechenden würdigen
Charakter haben. Dieses dürfte aber weniger durch die Wege-
führung, sondern hauptsächlich durch die Anordnung und die
Art des Aufbaues der Bepflanzungspartien zu erzielen sein. Die
Gewährleistung einer richtigen Beurteilung dieses — wohl
wichtigsten — Punktes ist aber leider sehr in Frage gestellt,
denn obwohl die Grundsätze des V. d. G. für das Verfahren
bei öffentlichen Wettbewerben als mafsgebend für das Aus-
schreiben hingestellt werden, hat man doch den Hauptsatz
derselben gar nicht berücksichtigt und in das Preisgericht nur
3 Fachleute und 4 Laien, von denen 3 Architekten sind, gewählt.
Im Interesse einer befriedigenden Lösung dieser Aufgabe, wie
mit Rücksicht auf die höchst interessante Arbeit ist eine der-
artige Ausserachtlassung, deren Beabsichtigung anzunehmen
man unwillkürlich geneigt sein kann, sehr bedauerlich, wird
aber auch für den nicht nach materiellem Gewinn strebenden
Gartenkünstler die Veranlassung sein, sich von dem in ideeller
Beziehung nicht befriedigenden Wettstreite fern zu halten. In
Bezug auf die Bestimmung, dafs die Neigung der vorzusehenden
Zufahrtsstrafse eine möglichst geringe sein soll, würde es viel-
leicht mit Rücksicht auf die Verschiedenheit dieses Begriffs
zweckmässiger gewesen sein, dafs eine Minimalgrenze des
Steigungsverhältnisses angegeben worden wäre. Nach der
Prämiierung sollen die eingegangenen Arbeiten acht Tage
öffentlich ausgestellt werden. Nicht unerwähnt sei ferner, dafs
die Deutsche Bauzeitung vom 7. Februar d. J. von diesem
Preisausschreiben Notiz nimmt und dabei bemerkt, dafs zu den
Gartenkünstlern sich auch die mit gartenkünstlerischen Ent-
würfen beschäftigten Architekten rechnen dürfen. Man sieht
hieraus, dafs in jenen Kreisen der Auswahl des Pflanzmaterials,
der Anordnung wie der Gruppierung nicht jene Wichtigkeit
beigemessen wird, die in Wirklichkeit dazu gehört, um der
Vorschrift in Bezug auf den beabsichtigten Charakter der Anlage
gebührend Rechnung zu tragen. Weits.
 
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