Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 5.1903

DOI Artikel:
Bertram, Max: Die Parkanlagen zu Sibyllenort, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0075

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
56

DIE GARTENKUNST

V, 4

nächsten Umgebung des Schlosses aus den Jahren 1685 bis
1792 kennen zu lernen. Aus vorhandenen Kupferstichen
. der vier verschiedenen Schlofsansichten ist die Zeichnung
der alten Umgebung des Schlosses Seite 41 rekonstruiert
worden, wie sie auch noch im Jahre 1805 gewesen sein mag.
Dafs die frühere Anlage des inneren Parkes vom Jahre
1685—92 zweifelsohne im französischen Stile, wie schon
auf Seite 1 angedeutet, ausgeführt war, beweisen die noch
heute vorhandenen Überreste von Alleen in der Achse des
Mittelbaues a b über den heutigen Schmuckplatz nördlich
vom Schlosse hinweg; desgleichen das noch vorhandene
Stück einer Allee in der Verlängerung des westlichen
Kanals cd. Ebenso sind seinerzeit in der Verlängerung
des östlichen Kanals e f bei Umgestaltung des hinteren
Parkteiles Weifsbuchen mit allee- odei1 heckenartigem
Stande beseitigt worden. Auch sind heute noch die Über-
reste der Querallee gh und der von alten Weifsbuchen
umgebene Platz P vorhanden. Die vor dem Schlosse
1792—1805 erbauten Kavalier-, Theater- und Wirtschafts-
gebäude (A, B, C, D) sind sehr schlicht in der Fassade
gewesen und hat es den Anschein, wenigstens den hinter-
lassenen Ansichten dieser Gebäude nach, dafs auch die
Gartenanlagen jener Zeit nicht besonders luxuriöse ge-
wesen sein können. Nicht einmal regelmäfsig abgegrenzte
Wege hat man aus den Zeichnungen ermitteln können.
Der mittlere Teil des Schlofshofes, zwischen den beiden
Wirtschaftsgebäuden, war damals schon mit starken
Lindenbäumen bestanden, die z. T. heute noch den Schlofs-
hof schmücken. Die Kanäle waren teilweise mit ge-
schnittenen Weifsbuchenpyramiden eingefafst, aufserdem
standen östlich im inneren Hof noch unregelmäfsig kleine
Bäume und Gehölze verstreut. Die erwähnten Neben-
gebäude A, B, C, D standen kaum ein halbes Jahrhundert
und mufsten allmählich dem Neubau des Schlosses weichen.
Sehr sorgfältig scheint man mit der Herstellung der
Gartenanlagen bei den Um- und Neubauten von 1850 bis
, 1860 nicht zu Werke gegangen zu sein, denn der Ver-
fasser hat bei der 1893 erfolgten vollständigen Neu-
anlage des Schlofshofes nur 10 cm unter den alten
Rasenflächen die Fundamente der Wirtschaftsgebäude
vorgefunden und ausheben müssen. Die Kanäle sind mit
den gewonnenen Grundmassen des Schlofs-Neubaues zu-
geschüttet worden. Der damaligen Zeit angemessen hat
der „Planteur Ebert“ jede Regelmäfsigkeit der alten An-
lage beseitigt und nur die besten Alleen notgedrungen
erhalten, z. B. war auch die Mittelallee vor der Nordfront
des Schlosses vollständig zugepflanzt und umpflanzt, worauf
wir später noch zurückkommen.
Im Schlofshofe befand sich nach Eberts Anlage in der
Mitte ein herzförmig begrenzter Platz (Zeichnung: Schlofs-
hof von Sibyllenort). Desgleichen war auch bei den seit-
lichen Teilen jede Regelmäfsigkeit vermieden, wie die
punktierten Linien zeigen. Bodenmeliorationen waren früher
jedenfalls nicht vorgenommen worden. Dies zeigten bei
Beginn der Neuanlage 1893 die vorhandenen Bodenverhält-
nisse, welche die denkbar schlechtesten waren. Für die
Umgestaltung des Schlofshofes seitens des Verfassers
wurden demselben besondere Bedingungen nicht gestellt,

mit Ausnahme, die sich längs der ganzen Schlofsfront
in 30 m Breite hinziehende Sandfläche einzuschränken.
Selbstverständlich mufste die Anlage dem ganzen Schlofs-
bau entsprechend einen imposanten Charakter erhalten,
wozu die vorgedachte Einziehung der Wegeflächen nur
günstig beitrug.
Der Schlofshof hat eine Gröfse von ca. 1,65 ha, wo-
von der mittlere Teil ca. 3800 qm mifst.
Um die Vornehmheit und Ruhe der Anlage zu be-
wahren, ist der Blumenschmuck in Linien- oder Bandform
entworfen und ausgeführt und auf die äufseren Ränder be-
schränkt. Das Fontänenbassin von ca. 15 m Durchmesser
wurde verhältnismäfsig tief eingelegt; der Rand tritt in Form
eines einfachen Wulstes wenig auffällig über die Rasen-
fläche hinaus, um die mittlere Rasenfläche in ihrer Wirkung
nicht zu stören. Das fast ebene Terrain liefs den mächtigen
Schlofsbau etwas gedrückt und eingesunken erscheinen,
namentlich vom Eingang dieses Parkteiles aus, trotzdem ein
Terrainunterschied vom Eingang A bis zur Unterkante der
damals untersten Treppenstufe + 1,0 m betrug. Um nun
das Schlofs mehr aus dem Terrain herausgehoben er-
scheinen zu lassen, hat man folgende Mittel gebraucht:
Zunächst wurde der Erdboden am Mittelbau des Schlosses
um 2 Stufen der Freitreppe B, welche eingeschüttet wurden,
erhöht und aufserdem die für die Auffahrt der Wagen
überhaupt zu steile Rampe am Anfang um 34 cm erhöht,
welche somit entsprechend flacher wurde. Schliefslich
erhielt die grofse Rasenfläche hinter den Blumenbändern
eine Böschung von 60 cm Höhe, um welche Höhe die
ganze Rasenfläche in der Richtung von A nach B gesenkt
wurde. Auf diese Weise wurde der ganze Fufs des Schlosses
augenscheinlich künstlich gehoben.
Zu derartigen Mitteln mufs der Gartenkünstler recht
oft greifen und soll dann davon so ausgiebig wie möglich
Gebrauch machen. Man kann selbst in bergigem Terrain
und unter viel ungünstigeren Umständen aufserordentliche
Erfolge mit solchen Täuschungen erzielen. Eine besondere
Erläuterung der Anlage dürfte die beigegebene Zeichnung
erübrigen. Bemerkt sei, dafs hierbei sämtliche Wege für
schweres Fuhrwerk mit einer Makadamschüttung von
30 cm gebaut sind, und war dies freilich das Teuerste der
ganzen Arbeit. Über die Ausschmückung des Platzes mit
Ziergehölzen, Blumen etc. ist zu erwähnen, dafs alles auf
den Frühjahrsflor eingerichtet wurde, zu welcher Zeit die
Allerhöchsten Herrschaften den längeren Aufenthalt 6 -8
Wochen (1. Mai bis Ende Juni) in Sibyllenort nahmen. Dem-
entsprechend war dieBepflanzung derSchmuckplätze folgende:
Das vordere Band vor dem Schlosse erhielt eine Ein-
fassung des äufseren Streifens beiderseits von kleinblätte-
rigem Efeu. Zwischen dieser Einfassung wurden Silenen
verwendet. Die kleinen Dreiecke der inneren Spiegel bei b
erhielten Myosotis. Der Spiegel selbst war mit Buxus
eingefafst und mit Vinca minor ausgefüllt. Der Mittel-
rhombus c besteht aus 5 starken Rhododendron Cunning-
hamii, umgeben von Andromeda und Azalea mollis, der
Grund ist von Vinca major hergestellt. Bei den Beeten
rechts und links wurde der äufsere Rand mit Viola tricolor
maxima besetzt, ebenso die beiden Endquadrate des ganzen
 
Annotationen