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Die Gartenkunst — 5.1903

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Hermes, E. H.: Das perspektivische Zeichnen ohne Quadratnetz und die perspektivische Darstellung von Gartenplänen in coupiertem Terrain
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0181

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v, 9

DIE GARTENKUNST

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der Grundlinie haben, so haben wir auch seine Lage auf
oder über oder unter dem Horizont.
Aus den vorstehenden Erläuterungen fanden wir die
perspektivische Lage eines Punktes in Fig. IV auf dem
Schnittpunkte Gv und vA; wenn wir nun G auf die Grund-
ebene durch ein Lot projizieren, so wird der Sehstrahl G'v
die Grundlinie senkrecht unter dem Schnittpunkt v schneiden
müssen, weil G'v die Projektion des Sehstrahls Gv auf
die Grundebene ist. Um die perspektivische Lage des
Punktes nun zu finden, müssen wir die Höhe des Auges
über der Grundebene perspektivisch darstellen, indem wir in
v die Länge G'G mittelst Lot antragen und die perspek-
tivische Höhe G'G in v" finden durch den senkrechten
Abstand der beiden Sehstrahlen über der Grundlinie.
Für unsere Gartenpläne, bei denen ja eigentlich nie
alle Punkte auf einer Ebene liegen, ist dieser Gedanke
von gröfster Wichtigkeit. Wir finden durch den Sehstrahl
von G' die Lage eines Punktes senkrecht über der Grund-
linie und infolge dessen auch senkrecht über oder unter
dem Horizont unserer Zeichnung; wir brauchen nun nur
noch die perspektivische Höhe des Punktes festzustellen
und diese am Horizonte mittelst Lot anzutragen, so ist der
Punkt ganz genau bestimmt.
Wenn wir somit an das perspektivische Zeichnen eines
Planes herantreten, so ist es zuerst notwendig, den Punkt
G' zu bestimmen und die Höhe desselben über der Grund-
ebene in Zahlen festzulegen.
Es leuchtet von vornherein ein, dafs der Standpunkt
des Beschauers für den künstlerischen Ausfall des Bildes
von allergröfster Wichtigkeit ist.
Ich rate stets die Höhe des Augenpunktes so anzu-
nehmen, dafs er höher als der höchste Punkt der Wege
liegt, damit alle Wege als Flächen auf dem Bilde er-
scheinen können.
Ist ein Gebäude als point de vue vorhanden, so lege
man den Augenpunkt in gleicher Höhe mit einer wichtigen
wagerechten Linie des Gebäudes.
Zur praktischen Ausführung der Zeichnung bediene ich
mich zweier Reifsbretter. Auf einem das leere Zeichen-
blatt, auf dem anderen den Grundplan, auf welchem ich
nun den Schnitt von Bildfläche und Grundebene in der
Linie BC einzeichne.
Nun ist es von Wichtigkeit den günstigen Augenpunkt
zu finden, derselbe liegt in einer bestimmten Entfernung
vom point de vue. Perspektivische Praktiker konstruieren
denselben folgendermafsen:
Man zieht durch die Längsausdehnung des zu zeich-
nenden Bildes, sobald ein Gebäude als point de vue vor-
handen, durch dessen Diagonale eine Linie xy (siehe den
Plan S. 156/57), die so lang wird, dafs alle Punkte der
Ansicht darauf Platz finden. Im Halbierungspunkte z er-
richte man ein Lot gleich 2/3 xy und nun liegt der günstigste
Augenpunkt auf dem mit zz' um z' geschlagenen Kreise.
Ist G nun festgestellt, so fällen wir von hier aus ein
Lot auf BC und erhalten so den Punkt A.
In unserm Beispiele nehmen wir die Höhe des Punktes
G über der Grundebene so hoch an, wie die Gebäudekante
über den Säulen am Gartenhause liegt (13,5 m) und ziehen

mit der Reifsschiene auf dem Zeichenblatte eine Linie HH
den Horizont unserer Bilder, der nun 13,5 m hoch liegt
über der Grundlinie, und ferner das Lot GG, von dem aus
wir nun die Punkte abtragen, rechts oder links, je nachdem
sie rechts oder links von A auf der Grundlinie fallen. Um
nun die Verschwindungspunkte für die sichtbaren Gebäude-
kanten ab und ad zu finden, legen wir uns durch den
Augenpunkt G eine Parallele zu ab, die BC in v trifft,
v ist somit der Verschwindungspunkt aller zu ab parallelen
Linien. Wir übertragen v in unser Bild, indem wir vA
links von GG eintragen und setzen eine Nadel in v ein.
Die Parallele zu ad durch G trifft nun nicht mehr
auf unserm Blatte die Grundlinie BC. Wir müssen deshalb
BC soweit verlängern, bis wir den Schnittpunkt v' erhalten
und diesen auf unserer Zeichnung rechts von GG abtragen.
Auch in v' setzen wir eine Nadel ein.
Unsere Vorbereitungen sind beendet und die eigent-
liche perspektivische Zeichnung beginnt.
Der Sehstrahl Ga trifft BC in «; die Entfernung A«
wird links von GG mit Zirkel übertragen, so dafs man den
Stichpunkt auf dem Horizonte sieht. Dies ist die Ecke des
Gebäudes in der Linie über den Säulen. Um die untere
Gebäudeecke zu finden, müssen wir die Höhe der Säulen
3,30 m aus dem Mafsstabe als Lot auf den Sehstrahl G«
in a antragen. Der Sehstrahl Ga' trifft BC in «' und a'a
ist die perspektivische Höhe von 3,30 m, die wir mit einem
Lot in unserer Zeichnung eintragen.
Der Sehstrahl Gb trifft BC in wir übertragen kß
in unsere Zeichnung, errichten ein Lot und ziehen die
untere Gebäudekante, indem wir von dem erst gefundenen
Punkte nach dem linken Verschwindungspunkte eine Linie
ziehen.
Der Sehstrahl Gd trifft BC in J; wir übertragen Aj in
die Zeichnung, fällen das Lot und ziehen nach dem rechten
Verschwindungspunkte die vordere Gebäudekante. Die
Lage der einzelnen Säulen und ihre Stärke geben uns die
betreffenden Sehstrahlen und wir zeichnen sie sogleich
mit senkrechten Linien in die Zeichnung ein.
Zur Giebelkonstruktion gebrauchen wir die Feststellung
der Lage der Scheitelpunkte über der vorderen und
hinteren Gebäudekante und übertragen ihre Lage in die
Zeichnung und errichten Lote über den Horizont unseres
Bildes, da der Horizont 13,5 m, also unter dem Giebel
angenommen wurde. Jetzt konstruieren wir uns in dem
vorderen Mittelpunkte m der Grundlinie ein Lot 1,75 m
lang, ziehen den Sehstrahl und können die perspektivische
Länge 1,75 m (>(?' in die Zeichnung eintragen. Die Ver-
bindungslinie dieses neuen Punktes mit dem Verschwin-
dungspunkt v links gibt die Firstkante und trifft das Lot
in dem hinteren Giebelscheitelpunkt.
Die Eckpunkte werden verbunden und unser Gebäude
steht richtig perspektivisch gezeichnet auf dem Papier.
Ich gestatte mir die Frage, ob ich in meinen Aus-
lassungen verständlich gewesen bin. Und wenn Sie mir
haben alle folgen können, so bitte ich um eine kurze
Prüfung, ob wir auf diese Weise in einfacherer Weise
eine richtigere Zeichnung bekommen haben, als es mit
jedem anderen Zeichenmodus möglich gewesen wäre.
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