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Die Gartenkunst — 5.1903

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Peicker, C. R.: Betrachtungen über den Wert einiger der bekannteren ausländischen Kulturgehölze
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0237

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216

DIE GARTENKUNST

V, 12

andere, zwar anspruchslose, aber im Wert geringere Baum-
arten. Sie gibt aber auch in allen ähnlichen Fällen gute Ge-
legenheit, z. B. mit Spitzahorn, Silberahorn etc. strecken-
weise abwechselnd, den landschaftlich verschönernden Reiz
einer Gegend ungemein zu erhöhen und doch in letzter
Linie einen guten Nutzen abwerfen zu helfen.
Ich hatte in Räuden im Dienste Seiner Durchlaucht
des Herzogs von Ratibor bereits über vierzig Jahre Gelegen-
heit, diese Eiche auf ihre erwähnten Vorzüge an ganz alten
wie an Nachzuchtspflanzungen eingehend zu beobachten,
und auch Gelegenheit, schon vor zwei Jahrzehnten unter
ausschlaggebendem und materiell begünstigendem Einflufs
meines hohen Herrn eine längere neue Kreis-Chausseestrecke
auf reinem Sandboden mit Roteichen zu beflanzen, und so-
wohl diese Anpflanzung als auch die im Verlaufe der Jahre
noch ausgeführten späteren Pflanzungen an Chausseen
mit gleichen Bodenverhältnissen zeigen ein so gutes Ge-
deihen und einen so aparten Reiz, dafs auch ganz ober-
flächliche Beobachter ihre Freude daran haben!
Dafs nebendem die verschönernden und waidmännischen
Vorzüge dieses ausländischen Baumes auch in den hiesigen
herzoglichen Waldungen und darüber hinaus durch An-
pflanzungen bereits nutzbar gemacht wurden, darf ich als
selbstverständlich hinstellen.
Leider steht einer gröfseren Verbreitung dieser schönen
Eiche für vorerwähnte Zwecke neben vielfach noch man-
gelnder Bekanntschaft mit ihren Vorzügen auch ein noch
etwas hoher Angebotspreis gegenüber. Der bereits ge-
schilderte Wert dieses Baumes läfst es aber doch auch ge-
rechtfertigt erscheinen, eine etwas gröfsere Ausgabe nicht
zu scheuen. Gesteigerter Bedarf dürfte dem Baumschulen-
besitzer die Anzucht dieser Eiche auch bei geringerem An-
gebotspreis lohnend machen.
Was ihren Wert für städtische Anlagen betrifft, so
fehlen mir hierüber zwar eigene Erfahrungen: meines Er-
achtens aber verdient sie sicher auch für solche viele Be-
achtung und dürfte nur der Übelstand, den die herabgefallenen
harten Früchte an verkehrsreichen, festen Strafsen verur-
sachen, die Verwendung dieser Eiche verbieten.
In freien, rein landschaftlichen Anlagen ist die reiche
Lichtbedürftigkeit dieser Eiche besonders zu berücksichtigen.
Sie eignet sich daher mehr für lockere, gemischte Einzel-
gruppierung als für geschlossene Massenpflanzungen. Gleich-
wohl kann sie, auch solchen beigemischt, gut zur Geltung
gebracht werden.
Hiernach glaube ich das Bemerkenswerteste über diese
Eiche in kurzer Fassung gesagt zu haben und wende mich
nun einer Heimatsgenossin derselben zu und zwar
der Sumpfeiche (Querens palustris Wild.).
Diese Eichenart steht in Bezug auf ihren Stamm- und
Ästeaufbau unter allen uns interessierenden bekannten
Laubholzbäumen insofern einzig da, als dieser Aufbau auf-
fallend an den eines Nadelholzes, namentlich einer Hemlocks-
tanne (Tsuga canadensis) erinnert: die zahlreichen, ungemein
schlanken, flach, fast flederartig verzweigten Äste erscheinen
bei der sehr geringen Zunahme an Stärke von ihrer Basis
aus in den spindelförmigen Stamm wie hineingesteckt, sie

verlängern sich bei einem von Jugend auf freien Standorte
von unten auf bedeutend und neigen sich, namentlich an
Exemplaren, die am Wasser stehen, sehr elegant nach
unten, während sie sich nach oben hin in ihrer Länge
schön pyramidal abstufen. Zwar verliert sich dieser Habitus
nach erreichter Höhengrenze (ca. 20 m) im Alter mehr und
mehr, weil sich dann nur noch die oberen Äste strecken,
überdies verstärken und etwas aufrichten, aber auch dann
behält der Baum mit seiner ungemein zierlich, spitzlappig
tiefausgebuchteten, spiegelnd glänzenden, freudig grünen
Belaubung einen ungemein prächtigen und auffallenden
Reiz, einen Reiz, der durch eine prächtig rote oder leuchtend
hellorangenrote Färbung der Belaubung im Herbst je nach
Witterung, Standort und Individualität verstärkt wird.
Rechnen wir hierzu die vollkommene Winterhärte, dieUn-
emptänglichkeit gegen Pilzkrankheiten und — nach hiesigen
Erfahrungen — auch Ungeziefer gegenüber, ferner ein
üppiges Gedeihen auf sandig lockerem, nicht zu trockenem
Boden, so haben wir in Quercus palustris zwar nicht einen
Strafsenbaum, wohl aber einen Zierbaum erster Güte zu
schätzen. Da die Sumpfeiche die lichtbedürftigste zu sein
scheint, so ergeben sich für ihre Anwendung von selbst
die bereits bei Quercus rubra angedeuteten Konsequenzen.
Nun möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf ein nord-
amerikanisches Ziergehölz hinlenken, das in seiner Einzel-
erscheinung zwar nicht in dem Mafse ornamental wirkt als
die vorher genannten Eichen, wohl aber wegen seiner
konsistenten, glänzend dunkelgrünen, lorbeerblattartigen
Belaubung, seiner zierlichen Blütentrauben, seiner Wüchsig-
keit, Gesundheit und Winterhärte beliebt ist. Es ist dies
die spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina
Ehrh.).
Neben den angedeuteten Eigenschaften ist mir dieses
Gehölz noch besonders deshalb interessant geworden, weil
sein Holz sich prächtig zu Möbelfurnieren eignet. In den
hiesigen Anlagen mufste vor Jahren von zwei nebeneinander-
stehenden alten Bäumen der in Rede stehenden Gattung
der eine wegen Chausseeanlage gefällt werden. Ein zu-
fällig hinzukommender Tischler erkannte den Wert des
Holzes, erwarb es und seine Verwendung zu Möbelfurnieren
ergab das Resultat, dafs solche Fourniere denen des be-
liebten Vogelkirschbaums an Schönheit mindestens gleich-
kommen. Der noch stehengebliebene Baum hat gegen-
wärtig einen Stammumfang von 2,40 m und eine Höhe von
18 m.
Nicht minder beachtenswert hat sich
Prunus serotina pendula (die Spielart mit hängenden
Zweigen vorerwähnter Spezies)
ausschliefslich als Ziergehölz hier erwiesen. Ein vor zwanzig
oder mehr Jahren hier angepflanztes Exemplar von 1,60 m
Veredelungshöhe hat sich bis jetzt nur noch uml,25 m spring-
strahlartig erhoben und um ungefähr ebensoviel vom Stamm
aus verbreitert und stellt so mit seinen z. T. bis zum Boden
reichenden dünnen Zweigen und einer dichten, glänzend
dunkelgrünen, lorbeerblattähnlichen, aber angenehm elasti-
schen Laubbekleidung eine ungemein ansprechende lebende
Pflanzenkaskade dar — ein Bild, das zugleich den Ge-
 
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